Heumarkt: Wohnturm ist komplett abgesagt, Hotel wird höher
Das umstrittene Hotel-Projekt am Wiener Heumarkt wird erneut umgeplant: "Nach zahlreichen Gesprächen wurde vom Projektentwickler nun die Bereitschaft für einen alternativen Lösungsansatz signalisiert", teilte die Stadt Wien am Freitag mit. Die wesentliche Änderung dabei sei, dass der "Hochhausturm von 66,3 Metern" nicht umgesetzt werden soll.
Der geplante Turm war bekanntlich der Grund, warum die UNESCO das historische Zentrum Wiens auf die Rote Liste der bedrohten Welterbestätten gesetzt hatte. Die Lösung sei das Ergebnis von "intensiven Verhandlungen" sowohl mit Vertretern von UNESCO und ICOMOS in Paris, als auch mit dem Immobillienentwickler Michael Tojner, heißt es in einer Aussendung.
Konkret bedeutet das: Der Turm ist komplett abgesagt, wie Landtagspräsident Ernst Woller (SPÖ) zu Mittag vor Journalisten erklärte. Das Hochhaus hätte Luxuswohnungen (und Hotelräumlichkeiten) beherbergen sollen.
Hotelkomplex wird höher
Die Hotelbereiche aus dem Turm sollen nun auf dem Hotel- und Kongressgebäude, dass das bestehende, mit technischen Aufbauten 48 Meter hohe Hotel Intercontinental ersetzen soll, angesiedelt werden. Der Komplex wird dadurch höher - eine genaue Angabe wurde allerdings nicht gemacht.
Die Wohnungen fallen weg. Und das heißt, dass möglicherweise der städtebauliche Vertrag zwischen der Stadt und Tojner aufgeschnürt wird. In dem Papier verpflichet sich Tojner - quasi als Gegenleistung für den Hochhausbau - zu bestimmten Leistungen. Darunter: der Erhalt des Eislaufvereins und der Bau einer Eishockeyhalle sowie eines Turnsaals.
Der Platz des Wiener Eislaufvereins soll in dem Alternativprojekt jedenfalls "in vollem Umfang" erhalten bleiben, wurde am Freitag betont.
Das neue Projekt wird nun an die UNESCO weitergeleitet. Zuständig dafür ist das Bundeskanzleramt. Laut Stadt haben die UNESCO und der Denkmalrat ICOMOS bereits positiv reagiert: In Gesprächen mit dem Landtagspräsidenten Woller und der grünen Vizebürgermeisterin Birgit Hebein sei vor allem der Verzicht auf den 66,3 Meter hohen Turm als "postitive Entwicklung" gesehen worden.
Ultimatum von Tojner
Dementsprechend zufrieden zeigten sich Vertreter der Stadtpolitik am Freitag: “Der Erhalt des Welterbestatus für das historische Zentrum Wiens hat oberste Priorität für die Stadt", sagte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ).
"Mit dem Verzicht auf die Realisierung des Turmes ist uns ein wichtiger Schritt gelungen. Jetzt ist die UNESCO am Zug", teilte seine Vize Hebein mit.
„Ich betone, dass der Projektentwickler uns sehr entgegengekommen ist", versicherte Landtagspräsident Woller im Gemeinderat.
Tojners Entgegenkommen ist allerdings zeitlich begrenzt: „Sollte sich bis Herbst 2020 keine Lösung konkret abzeichnen, müssen wir auch im Interesse des Wiener Eislaufvereins, des Hotels Intercontinental und des Konzerthauses dringend die bestehende Planung weiterverfolgen", sagt Daniela Enzi, Geschäftsführerin seines Unternehmens Wertinvest.
Konfliktreiche Historie
Der geplante Turm hat ein turbulente Vorgeschichte: 2017 widmete der Wiener Gemeinderat den Heumarkt als Hochhaus-Standort - was der damaligen grünen Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou massive Probleme mit der Parteibasis einbrachte.
Die UNESCO setzte das Zentrum Wiens nach dem Beschluss auf die Rote Liste der gefährdeten Weltkulturerbestätten. Der Grund: Der bisher mit einer Höhe von 66 Metern geplante Turm ist höher und massiver, als die UNESCO erlaubt. (In einer ersten Version der Pläne war sogar ein 73 Meter hohes Gebäude vorgesehen).
Auf Anraten von ICOMOS forderte die UNESCO wiederholt eine Redimensionierung des Projekts. Als Obergrenze wurde in der Vergangenheit die akutelle Hotelhöhe von 43 Metern genannt.
Im März dieses Jahres kam der Einschnitt: Die SPÖ verordnete sich eine zweijährige „Nachdenkpause“ für das Heumarkt-Projekt. Ohne Erfolg: Wien blieb auf der Roten Liste.
Zuletzt war es ruhig um das Vorhaben geworden.
Vorarbeiten angelaufen
Wie der KURIER berichtete, schritt im Rathaus die Baureifgestaltung des Projekts voran - trotz Nachdenkpause.
Die Hochhaus-Widmung hätte es Tojner jedenfalls erlaubt, den 66-Meter-Turm umzusetzen. "Der Bauwerber hat einen Rechtsanspruch“, sagte Bürgermeister Ludwig etwa erst gestern in der Fragestunde des Gemeinderats.
Ende 2018 hat Tojner eine Baubewilligung für das Projekt beantragt. Weil der Verwaltungsgerichtshof aber noch dabei ist, zu klären, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchgeführt werden muss, ruht das Verfahren derzeit.
Heute, Freitag, findet auf Initiative der ÖVP übrigens ein Sondergemeinderat zur Causa statt.