Chronik/Wien

U2-Bau: Grüne wollen "Jahrhundertchance“ für Zweierlinie nutzen

41 Meter. Exakt so breit ist die Landesgerichtsstraße auf Höhe des namensgebenden Gebäudes. Genug Platz für alle, möchte man meinen – doch weit gefehlt. Vor dem Beginn des U-Bahn-Baus standen knapp 18 Meter davon nur dem Autoverkehr zur Verfügung, während sich Grünflächen, Rad- und Gehwege den verbleibenden Platz teilen mussten.

Aktuell stehen dem Kfz-Verkehr aufgrund der Baustelle nur zwei Spuren zur Verfügung. Das befürchtete Verkehrschaos ist jedoch ausgeblieben, der Verkehr um 50 Prozent zurückgegangen. Für die Grünen Grund genug, die Zweierlinie radikal neu zu denken.

"Historische Chance"

„Wir sehen hier keine Baustelle, sondern eine historische Chance“, leitete Parteichef Peter Kraus am Dienstag die Präsentation der grünen Vision an Ort und Stelle ein: „Bauen wir einen grünen Ring um den Ring.“

Gemeinsam mit Co-Parteichefin Judith Pühringer, Mobilitätssprecher Kilian Stark und dem Josefstädter Bezirksvorsteher Martin Fabisch stellte er eine umfassende Studie vor, die vom Stadtplanungsbüro Bauchplan erstellt wurde.

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Grundlage für alle Maßnahmen wäre es, auch weiterhin nur eine Kfz-Fahrspur pro Richtung zu erhalten. Standen dem Autoverkehr vor dem U-Bahn-Bau 54 Prozent der Gesamtfläche zwischen Alser und Lerchenfelder Straße zur Verfügung, sollen es nach der Neugestaltung nur mehr 19 Prozent sein.

Viel mehr Grün

Der gewonnene Platz soll für eine verbesserte Radinfrastruktur und mehr Platz für Fußgänger, vor allem aber für intensive Begrünung genutzt werden. 8.000 m2 neue Grünfläche sollen den Grünanteil von 16 auf 27 Prozent erhöhen, sowohl die Zweierlinie selbst als auch angrenzende Gassen zu Alleen werden.

Alleine auf der Zweierlinie sollen 358 großkronige Bäume mit einer Höhe von bis zu 15 Metern neu gepflanzt werden. Technisch wäre das auch über der künftigen U-Bahn kein Problem.

Insgesamt stünden dann entlang der einen Straße mehr Bäume als heute in allen Straßen des 8. Bezirks zusammen. Man habe hier die Möglichkeit, eine „Verkehrspolitik, die vor 50 Jahren opportun war, hinter sich zu lassen“, so Fabisch. Auch der Bevölkerung sei es ein großes Anliegen, „hier ein spürbares Mehr zu erreichen“.

Stadt für die Menschen

Auf dieses spürbare Mehr sollen auch großzügige Aufenthaltsflächen und Räume für Sport und Spiel einzahlen. So wie die neue Gestaltung auf die Erfordernisse einer sich ständig weiter erhitzenden Stadt einzahlen würde.

Insgesamt würde der Versiegelungsgrad im Projektbereich durch die Maßnahmen von 84 auf 72 Prozent sinken. Die Kosten von geschätzt 25 bis 30 Millionen Euro wären hingegen im Vergleich zum milliardenteuren U-Bahn-Bau vernachlässigbar.

Die SPÖ steigt in einer ersten Reaktion auf die Bremse: Es sei klar, dass man nach Bauende neu gestalten werde, für konkrete Planungen sei es jedoch viel zu früh. Ein Argument, das Studienautor Rupert Halbartschneider nicht gelten lässt: Wien denke und plane viel zu oft nur „klein-klein“, kritisiert er.

Für ein Projekt aus einem Guss müsse man jetzt schon alle Beteiligten an einen Tisch bringen. Das sehe man auch daran, dass Ende Dezember die Gestaltung der Umgebung der künftigen U2-Station  Rathaus ausgeschrieben wurde.