Wiener Koalition: Letzter Feinschliff für Rot-Pink
Allein der Umstand, dass diesmal Fotografen ins Wiener Rathaus eingeladen wurden, zeigt, dass schon bald alles unter Dach und Fach ist: Am Donnerstagnachmittag trafen sich die Chefverhandler von SPÖ und Neos zum Finale der Koalitionsver-handlungen im Stadtsenatssitzungssaal.
Die beiden Teams saßen einander – coronabedingt – mit gehörigem Sicherheitsabstand gegenüber. SPÖ-Chef und Bürgermeister Michael Ludwig hatte diesmal neben Klubchef Josef Taucher und der roten Parteimanagerin Barbara Novak auch Christian Meidlinger – Gemeinderat und (vor allem) Chef der mächtigen Gewerkschaft younion – mitgebracht.
Die Neos kamen mit ihrem gewohnten Kernteam rund um Christoph Wiederkehr und der stellvertretenden Klubchefin Bettina Emmerling.
Abermals wurde im Umfeld des Treffens das gute Gesprächsklima betont, abermals drang über die Inhalte so gut wie nichts nach außen. „Ludwig hält hier wirklich den Deckel drauf“, sagt ein Genosse. „Wir haben einen Maulkorb bekommen“, erzählt man auch andernorts im Rathaus. Dass es diesmal auf beiden Seiten nur wenige Verhandler gibt, macht die Gefahr, dass sich Inhalte der Gespräche öffentlich verbreiten, zusätzlich geringer.
Drei Schwerpunkte
Dem Vernehmen nach zeichnen sich grob drei Schwerpunkte des Pakts ab.
Erstens: die wirtschaftliche Bewältigung der Corona-Krise. „Einen Sparkurs wird es die kommenden Jahre sicher nicht geben“, sagt ein Genosse.
Der Klimaschutz wird – zweitens – ein weiterer wichtiger Eckpfeiler des rot-pinken Bündnisses sein. Ganz so, als wolle man den Grünen signalisieren, dass man auch ohne sie in diesem Bereich Akzente setzen könne.
Wenig Differenzen gibt es auch im dritten Bereich: der Bildung. Sie ist das Lieblingsthema der Neos, die viel mehr Geld als bisher in Schulen und Kindergärten investieren möchten.
Transparenz
Heikler ist da schon das Thema Transparenz, ebenfalls ein zentrales pinkes Anliegen. Glaubt man roten Funktionären, könnte der
Öffentlichkeit der Zugang zu Informationen aus der Verwaltung erleichtert werden. „Aber Dinge wie eine Reduktion der Parteienförderung wird es mit uns nicht geben“, heißt es aus SPÖ-Kreisen. Denkbar sei, dass diese heiklen Bereiche – wie auch die Förderung parteinaher Vereine – im Koalitionspakt ausgeklammert bleiben.
Bei den finalen Gesprächen der Chefverhandler soll es noch um einige Punkte gegangen sein, die in den acht Untergruppen nicht finalisiert werden konnten. „Es dürfte aber nichts Gravierendes dabei sein“, sagt ein Genosse.
Damit geht es in den Tagen bis zum kommenden Dienstag, an dem SPÖ und Neos den Pakt in ihren jeweiligen Gremien beschließen, nur noch um den Feinschliff sowie um die Finanzierung der Vorhaben.
Vertraute wird Vize
Und natürlich geht es auch um die inhaltliche Zusammensetzung der einzelnen Ressorts und um die Vergabe der Posten. Nach wie vor ist es sehr wahrscheinlich, dass Neos-Chef Christoph Wiederkehr die Bildungsagenden bekommt. Der jetzige Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky könnte sich weiter um das Thema Integration kümmern, kombiniert mit anderen Themen, die sich aus der Umschichtung der Ressorts ergeben.
So könnten etwa Verkehr (der bisher zusammen mit den Themen Stadtentwicklung, Klimaschutz, Energieplanung und Bürgerbeteiligung im Groß-Ressort der scheidenden grünen Vizebürgermeisterin Birgit Hebein verortet war) und Umwelt zusammengefasst werden, aber auch Wohnbau und Planung. Wobei es hier auch Stimmen gibt, die in der Zusammenführung dieser Bereiche Unvereinbarkeiten befürchten.
Wie Ludwig betont hat, soll das rote Regierungsteam unverändert bleiben. Neu ist aber: Nach der Wahl stehen der SPÖ zwei statt bisher ein Vizebürgermeister-Posten zu. Einer geht traditionell an den Koalitionspartner, also an Wiederkehr, den anderen wird laut KURIER-Informationen Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal bekleiden.
Sie gilt seit Langem als enge Vertraute von Ludwig und steht in Favoriten einer der mächtigsten SPÖ-Bezirksorganisationen vor. Weiters war es der SPÖ wichtig, diese Position mit einer Frau zu besetzen.
Infrage käme sonst nur noch Langzeit-Stadträtin Ulli Sima. Sie stammt allerdings aus Ottakring – und das ist karrieretechnisch jetzt ein Problem für sie. Denn: Der Bezirk war mit Alt-Bürgermeister Michael Häupl und Ex-Bildungsstadtrat und Ex-Klubchef Christian Oxonitsch in den vergangenen Jahren in der Stadtregierung überrepräsentiert – zum Groll anderer roter Bezirksorganisationen, die auch endlich zum Zug kommen wollen.
Bewährtes Team
Ansonsten gibt es wenige Personalrochaden: Josef Taucher (er wäre an sich gerne Umweltstadtrat geworden) bleibt SPÖ-Klubchef, Ernst Woller wohl Landtagspräsident. Die rote Gemeinderätin Martina Ludwig-Faymann könnte zweite Landtagspräsidentin werden.
Barbara Novak bleibt vorerst SPÖ-Landesparteisekretärin. Neos-Klubchefin könnte wiederum Bettina Emmerling werden.