Chronik/Wien

Koalitionskrach in Wien: Ludwig stoppt Straßensperren - Grüne sind "verärgert"

Birgit Hebeins Idee hat die Wiener SPÖ von Anfang an nicht begeistert. Nun hat Bürgermeister Michael Ludwig dem Vorstoß der grünen Vizebürgermeisterin, Straßen zu sperren und für Fußgänger freizugeben, abgelehnt - zumindest vorerst. "Die SPÖ war für keine Vereinbarung zu haben", sagt der grüne Klubchef David Ellensohn im Gespräch mit dem KURIER. Nun liegt das Projekt auf Eis. 

Die Vorbereitungen waren im grünen Verkehrsressort bereits voll angelaufen. Am Mittwoch fühlte Hebein bei Bezirken vor. In der Josefstadt stieß sie auf Unterstützung: Für einen Teil der Florianigasse war - wie der KURIER berichtete - eine temporäre Begegnungszone im Gespräch.

Deratige zeitlich begrenzte Begegnungszonen wären auch der Vorschlag für andere Straßen gewesen, sagt Klubchef Ellensohn. "Es sind jetzt viel weniger Leute unterwegs, das wäre leicht zu machen gewesen". Der Vorteil: Autos hätten die betroffenen Bereiche nach wie vor passieren können. "Wir hätten das noch diese Woche geschafft."

"Ludwig will lieber Kampagne machen"

Dass sich der Bürgermeisters quer lege "ärgert mich sehr", sagt Ellensohn. "Ich habe das Gefühl, er will lieber seine Kampagne für die Bundesgärten machen, als selbst aktiv werden." Offenbar stehe die SPÖ auf den Standpunkt: Wenn der Bund die Bundesgärten nicht öffnen wolle, „dann machen wir das mit den Straßen in Wien auch nicht“.

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Zur Erinnerung: Die Roten wollen seit Tagen das Aufsperren dieser Areale erwirken mit dem Hinweis, dass dadurch dann 230 Hektar an zusätzlicher Grünfläche für die Wiener Bevölkerung zum Luftschnappen verfügbar wäre. Hebein wurde in diesem Zusammenhang schon aufgefordert, doch ihren guten Draht in den Bund, wo die Grünen ja mitregieren, zu nutzen.

Zwar seien die Grünen auch für die Öffnung der Bundesgärten, aber das sei nicht die einzige Lösung: "Nicht jeder wohnt beim Augarten um's Eck." Auch in dicht verbauten Gebieten braucht es laut Ellensohn Platz, um sich die Füße zu vertreten.

Positiver Nebeneffekt: "Dann rennt man auch nach dem Einkaufen am Gehsteig nicht in drei andere Leute rein." In einer Begegnunsgzone sei es eben leichter, den corona-bedingten Mindestabstand einzuhalten.

Beschluss gegen SPÖ "nicht lustig"

Wie die temporären Begegnunsgzonen rechtlich umgesetzt werden könnten, hat das Verkehrsressort zuletzt noch geprüft. Die wahrscheinliche Variante: eine Verordnung. Eine solche hätte Hebein zwar vermutlich auch im Alleingang erlassen können. Aber: "In Wien etwas gegen die SPÖ zu beschließen, das ist nicht lustig", sagt Ellensohn.

Seine Hoffnung ist, dass das schöne Wetter am Wochenende Bürgermeister Ludwig doch noch seine Meinung ändern lässt. "Da gehen sicher wieder alle raus - das könnte der Herr Bürgermeister als Begründung für ein Umdenken nehmen."

Am Dienstag hat sich Hebein auch mit einem Facebook-Video an die Öffentlichkeit gewandt. Darin fordert sie: "Alle sollen die Möglichkeit haben, einmal zumindest zwischendurch Luft schnappen zu können." Doch, so sagt sie: "Leider sind noch nicht alle von diesen Lösungen überzeugt." Aber sie bleibe dran.

SPÖ spielt auf Zeit

Im Büro des Bürgermeisters sieht man die Sache völlig anders. Hebein habe Ludwig die Idee am Dienstag schriftlich  „grob skizziert“  und am Mittwoch ein Gespräch mit ihm darüber geführt, ab Freitag fünf temporäre Begegnungszonen einzuführen, so ein Sprecher.

Von einem "Machtwort" könne keine Rede sein. Ludwig nehme die Idee ernst, er sei nicht dezidiert dagegen: „Man muss sich das aber ganz genau anschauen und darf nichts übers Knie brechen.“

Es sei in dem Gespräch nicht gesagt worden, „dass es das nicht geben soll“. Eine Entscheidung könne es in der Sache durchaus rasch geben.