Demos in Wien: 2.000 linke Aktivisten gegen 300 Identitäre
Rund 300 Identitäre vor dem Justizminsterium, 2.000 Gegendemonstranten und 800 Polizisten: Das ist die vorläufige Demo-Bilanz des heutigen Nachmittags.
Die rechtsextreme Identitäre Bewegung (IB) hatte um 16 Uhr zu einer Kundgebung beim Weghuberpark aufgerufen. Grund dafür war die von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erzwungene deutliche Abgrenzung der FPÖ von der als rechtsextrem eingestuften Gruppierung.
Sprecher Martin Sellner lobte die trotz der „Diffamierungskampagne“ gekommenen Sympathisanten gleich eingangs als „Helden“ und pries die Identitären als „Avantgarde der Meinungsfreiheit“, die vom „tiefen linken Staat“, der „Politjustiz“ und der „Medienmafia“, bedroht sei.
Eier und Bier auf Polizisten
Gegen die Kundgebung der IB hatten die „Plattform für eine menschliche Asylpolitik“ und die „Offensive gegen Rechts“ mobilisiert. Die Gegendemonstranten hatten sich ab ca. 14.30 Uhr bei der Hauptuniversität und beim Republiks-Denkmal vor dem Parlament versammelt.
Ihr Protest richtete sich nicht nur gegen die Identitären und deren Verbindungen zur FPÖ, sondern auch gegen die „Hasspolitik“ der Regierung und die Kürzung der Mindestsicherung.
Die Demos verliefen anfangs ruhig. Gegen Ende bewarfen linke Demonstranten Polizisten allerdings mit Eiern und Bierdosen. Außerdem wurde eine Rauchbombe gezündet und es kam zu Rangeleien.
Schreiduelle und "Lulu-Schild"
Wie berichtet, hat die Polizei rund um die Kundgebung der IB eine Sperrzone ausgerufen, um eine Eskalation zwischen den beiden Lagern zu verhindern. Zu einer solchen war es bei einer Demonstration der IB im Sommer 2016 gekommen. Damals musste die Polizei Pfefferspray einsetzen.
Von den Rändern der 120 Meter breiten Sperrzone konnten sich die Aktivsten allerdings ein verbales Duell liefern. Während die Gegendemonstranten - nach eigener Einschätzung rund 2.000 - sich über das „traurige kleine Häuflein“ auf der anderen Seite lustig machten und „Alerta, Alerta, Antifaschista!“ skandierten, antworteten die Identitären mit „Heimatliebe - kein Verbrechen“. Nach eigener Einschätzung der Identitären waren 300 Sympathisanten gekommen.
Beobachtet von Polizeikameras bat Sellner seine Unterstützer, auf eigene Transparente zu verzichten. Ein Demo-Teilnehmer hatte seinem Frust über das Verhalten der FPÖ zuvor mit einem „Strache - du Lulu“-Schild Luft gemacht.
Selbst mitgebracht hatten die Identitären gelbe Schilder mit dem Slogan, „Für Meinungsfreiheit und gegen den großen Austausch“, womit sie neuerlich bei jenem Slogan anknüpften, in dessen Namen der Attentäter von Christchurch in Neuseeland im März zwei Moscheen attackiert und 50 Menschen erschossen hatte („The Great Replacement“).
Die Demos im Rückblick
13.00 Uhr: Die "Plattform für eine menschliche Asylpoltik", der Veranstalter der Demonstration von der Uni zum Justizpalast, hat sich in Stellung gebracht.
14.44 Uhr: Vor der Uni sammeln sich derzeit die Demonstranten. Momentan ist es dort ruhig, melden die Kollegen vor Ort.
14.55 Uhr: Die Demo hat offiziell begonnen, die Organisatoren schwören die Teilnehmer ein. Österreich sei das Zentrum des Rechtsextremismus, erklärt eine Frau am Bühnenwagen.
15.16 Uhr: Bis die Kundgebung der Identitären beim Justizministerium startet, dauert es zwar noch etwas - doch die Polizei hat den Bereich bereits abgeriegelt.
15:40 Uhr: Der Demozug hat sich Bewegung gesetzt.
16.10 Uhr: Die Identitären haben sich unterdessen beim Justizministerium versammelt. Ihr Chef Martin Sellner ist auch schon da und spricht zu den Teilnehmern der Kundgebung.
16:20 Uhr: Der Demo-Organisator "Plattform für eine menschliche Asylpolitk" spricht von 1.000 Teilnehmern. Von der Polizei gibt es noch keine Schätzung.
16:25 Uhr: "Macht die Grenzen dicht!", skandieren die Identitären.
16.45 Uhr: Der Demonstrationszug der linken Aktivisten ist inzwischen am Schmerlingplatz angekommen und begrüßt die Identitären mit einem Pfeifkonzert.
17.14 Uhr: Nach Einschätzung der Identitären sind 300 Sympathisanten zur Kundgebung gekommen, die Organisatoren der Gegendemo sprechen nun von 2.000 Teilnehmern an ihrem Marsch.
17.34 Uhr. Die Kundgebung der IB ist zu Ende.
17.42 Uhr: Einige Demonstraten werfen Eier und Bierdosen auf Polizisten. Außerdem wurde eine Rauchbombe gezündet, es kommt zu Rangeleien.
18.29 Uhr: Die Demos sind offiziell zu Ende. Die Straßen sind wieder frei.