"Gewagt": Hacker will Zutritt zu Nachtklubs nur für Geimpfte
Wenig begeistert reagiert Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) auf die von der Bundesregierung am Donnerstag verlautbarten Pandemie-Lockerungsschritte: „Ich habe die Ankündigungen mit Erstaunen wahrgenommen, weil es keine Vorbesprechung mit den Ländern gab. Erleichterungen bei der FFP2-Maskenpflicht sind schon in Ordnung und nachvollziehbar angesichts der derzeitigen Infektionszahlen und des Umstands, dass die Menschen sich im Sommer vor allem im Freien aufhalten. Aber die Gesamt-Euphorie, die heute vermittelt wurde, verwundert schon“, sagt der Stadtrat.
Man müsse nur nach England blicken, wo die Lockerungen wegen der Ausbreitung der Delta-Virusvariante verschoben werden musste. Trotz hoher Durchimpfung habe man dort sehr stark steigende Infektionszahlen. „Es gibt überhaupt keinen Grund zu Annahme, dass das bei uns anders sein wird. Auch wir werden steigende Zahlen sehen“, warnt Hacker.
Hacker widerspricht Köstinger
Verwundert habe ihn vor diesem Hintergrund die Aussage von Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), dass dem Land ein "Sommer der Lebensfreude" bevorstehe. „Den kann ich nicht erkennen: Wir werden hoch konzentriert bleiben müssen, das Impfen vorantreiben und die Menschen zum Testen bringen müssen.“
Hacker will nicht ausschließen, dass Wien von sich aus wieder strengere Maßnahmen ergreift als der Bund. „Sicher werden wir aber die bestehende Gastro-Verordnung bis über den Sommer verlängern.“
"Gewagte Ankündigung"
Als „gewagt“ und zu früh bezeichnet Hacker die von der Bundesregierung angekündigte Öffnung der Nachtgastronomie. Er verweist auf die noch sehr geringe Durchimpfungsrate der Unter-30-Jährigen, die ja den Hauptanteil der Besucher dieser Lokale ausmacht. Deswegen werde die Stadt Wien ab Anfang Juli einen Impfschwerpunkt für diese Altersgruppe sowie für Studenten starten. Gleichzeitig plädiert Hacker dafür, dass nur Geimpfte Zutritt zur Nachtgastronomie bekommen.
Ob Wien im Alleingang diesen Schritt setzt, und statt der 3G- in den Nachtlokalen eine solche 1G-Regelung umsetzt, lässt der Stadtrat aber noch offen.
Kritik an Länder-Teststrategie
Geht es nach Hacker, müssten die anderen Bundesländer verstärkt den PCR-Test anstelle der Schnelltests zum Einsatz bringen, um der Ausbreitung der Delta-Virusvariante Herr zu werden: „Wir sind selbst erstaunt darüber, dass mittlerweile fast 90 Prozent der PCR-Tests Österreichs in Wien gemacht werden. Wir haben drei große Wellen und ewige Lockdowns hinter uns. Wir können aber nicht aufhören, uns mit der Pandemie zu beschäftigen, nur weil sie uns schon auf die Nerven geht.“ Entscheidend sei es, die Infizierten nicht erst zu entdecken, wenn sie Symptome haben, wie das beim Antigentest der Fall ist, sondern die entscheidenden Tage schneller zu sein. Dies sei nur mit dem PCR-Test möglich. „Mit Schnelltests können wir kein Monitoring der Virus-Varianten machen“, sagt Hacker.
Ihm gehe es um Bewusstseinsbildung, schließlich sei Wien ja keine isolierte Insel, vielmehr würden sich die Entwicklungen in den anderen Bundesländern gerade in der Urlaubszeit auch auf die Stadt auswirken.