Starke Arme: So können Sie jetzt in Schönbrunn Giraffen füttern
Fühlen sich Giraffen bei Temperaturen weit über 30 Grad wohl? Und haben sie dann überhaupt Hunger? Das sind die Fragen, die einem durch den Kopf schießen, wenn man am bisher heißesten Tag des Jahres die majestätischen Tiere füttern darf.
Die Antworten in Kürze: Nein, bei der Hitze suchen auch die Giraffen lieber ein Schattenplätzchen auf. Und ja, denn die Tiere fressen gut 20 Stunden pro Tag. Ein Glück also, dass ihr Futterplatz im Schatten liegt.
Neuerdings bietet der Tiergarten Schönbrunn bei der sogenannten „Giraffen-VerFührung“ Kleingruppen von maximal sechs Personen jeden Mittwoch bei einer Sonderführung einen Einblick in das Leben der Netzgiraffen.
Das Highlight: Die Fütterung der Tiere vom Hochstand aus. Man kann also Obi, Fleur und Sofie direkt in die Augen sehen. Der KURIER testete das Angebot, das bis in den Herbst gut gebucht ist.
Eines gleich vorweg: Man braucht einen starken Arm. „Die Giraffen sind schon recht gierig“, erzählt Zoopädagogin Carmen Westenberg gleich zu Beginn der Tour.
Vergangenen Mittwoch hatte sie erstmals Interessierte mit zu den Tieren genommen. Ein Pärchen und ein 12-Jähriger mit seiner Mama. „Die Giraffe hat so fest an den Zweigen angerissen, dass es ihn nach vorne gezogen hat.“ Dennoch lief alles gut. „Die Tiere haben super mitgemacht.“ Kein Wunder, sie wurden dafür im Vorfeld trainiert.
Doch bevor es zum Füttern geht, beginnt die Tour im Giraffenhaus, wo man allerhand über das Gebäude und die Tiere erfährt. Schließlich darf man mit Maske und desinfizierten Händen in den Backstage-Bereich, sprich zu den Ställen.
Und dort ist man den Tieren plötzlich ganz nah, erkennt die unterschiedlichen Musterungen und Charaktere. Denn während Bulle Obi und Sofie die Besucher mit gesenktem Kopf ebenso neugierig beäugen wie umgekehrt, hält sich Fleur im Hintergrund.
Sie sei die Schüchterne, erklärt Westenberg. Dafür ist Sofie umso neugieriger. „Wenn es etwas Neues gibt, kommt sie her“, erklärt Tierpflegerin Irene Greter.
Sie kümmert sich um die Tiere, seit sie 2017 und 2019 nach Schönbrunn gezogen sind. Derzeit würde man mit den drei (Obi) und fünf Jahre alten Jungtieren die Zahnpflege trainieren, erzählt sie.
Die Blutabnahme funktioniere gut. Dafür würden sterile Wanzen an Fäden gebunden und den Tieren über den Hals gelegt. Sind die Wanzen voll, wird das Blut mit einer Spritze aufgezogen. Das sei schonender, als unter der dicken Haut eine Vene zu suchen, sagt Greter.
Nach einem Exkurs über die Ernährung und Versorgung der Tiere ( (sie bekommen Gemüse, Leinsamenschrot, Luzerneheu, natürlich Äste und getrocknetes Himbeerlaub als Leckerli) ist es endlich soweit. Man steht Auge in Auge mit den Giraffen.
Akrobatische Zunge
Naja, zumindest mit Obi und Sofie. Fleur ist noch zu schüchtern. Tatsächlich ziehen die Tiere ruckartig mit Zunge und Zähnen die Blätter von den Ästen, die man ihnen hinhalten darf. Faszinierend zu beobachten ist ihre bis zu 50 Zentimeter lange blaugraue Zunge, mit der sie die Äste umschlingt und auch ihre Leckerlis aus den im Gehege aufgestellten Futterboxen kitzelt.
Auch Lieblingsspeisen haben sie - nämlich Weide, Robinie und Esche. Den Ahorn hingegen verschmähen sie fast.
Das bleibt auch den Passanten nicht verborgen, die sich prompt nach der Führung erkundigen. Dass diese mit 150 Euro pro Person zu Buche schlägt, sorgt aber für Kopfschütteln. Im Tiergarten findet man den Preis gerechtfertigt. „Ein Tag im Zoo kostet 56.000 Euro an Betriebskosten“, rechnet Zoopädagogin Westenberg vor. Zudem solle es keine Massenabfertigung, sondern etwas Besonderes sein.
Das ist es tatsächlich. Und wer weiß, vielleicht sind bald vier Mäuler zu stopfen. Bulle Obi ist an Nachwuchs interessiert.
Info: jeden Mittwoch ab 13 Uhr. Dauer: 90 Minuten; max. 6 Personen, Preis: 150 Euro/Person. Alle IDetails hier.