Chronik/Österreich

Wirte zu Gastro-Öffnung in Vorarlberg: "Vom Regen in die Traufe"

Am kommenden Montag dürfen Vorarlbergs Wirte ihre Lokale wieder aufsperren. Doch der Unmut über die am Dienstagabend zwischen Land und Gesundheitsministerium vereinbarten Rahmenbedingungen ist groß. "Realitätsfremd" nennt sie Gabriel Venturiello, der ein italienisches Restaurant in Dornbirn betreibt.

Im vergangenen Herbst hat er mit Branchenkollegen aus Protest gegen die damaligen Covid-Auflagen einen Gastro-Trauermarsch in Bregenz veranstaltet. Zwischen damals und heute liegen über vier Monate Lockdown. Dass am Montag die große Auferstehung erfolgt, glaubt Venturiello nicht.

Frage der Wirtschaftlichkeit

"Die Politik macht Öffnungsschritte, die nicht machbar sind", sagt er. Der vorgeschriebene 2-Meter-Abstand heißt für 80 Prozent seiner Kollegen, "dass die Hälfte der Tische wegfallen". Für viele Betriebe sei das Aufsperren, mit dem auch die Kosten wieder steigen, "wirtschaftlich nicht machbar".

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Durch die abendliche Ausgangssperre ab 20 Uhr sind auch die Betriebszeiten entsprechend eingeschränkt. Das schränkt aus Sicht der Gastronomen nicht nur die Umsatzmöglichkeit ein.

Sie beschäftigt auch die Frage, was ihr Gäste danach machen. "Da werden viele nach dem Restaurantbesuch zusammen daheim weiterfeiern", befürchtet Mike Pansi, Fachgruppenobmann der Vorarlberger Gastronomie. In den Lokalen könnte man die Dinge besser steuern.

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Pansi ortet "derzeit Unmut" bei seinen Kollegen: "Dieses erste positive Signal der Öffnung wird von den den Rahmenbedingungen überschattet. Da stoßen viele kleine Betriebe räumlich wie wirtschaftlich an ihre Grenzen. Wir kommen vom Regen in die Traufe."

Weder Pansi noch Venturiello glauben, dass am Montag eine große Öffnungswelle in der Gastronomie anrollen wird. "Das Aufsperren wird bald teurer, als das Zulassen", sagt der Spartenobmann, der sein eigenes Fine-Dining-Lokal in Hohenems nicht öffnen wird. "Ich mache immer erst um 18.30 Uhr auf. Das macht keinen Sinn", sagt Pansi.

Venturiello hingegen sperrt ab Montag wieder auf: "Ich fahre aber dreigleisig, biete weiter auch Takeaway und Zustellung an." Diese Option hätten aber viele gar nicht. "Am Berg brauchst du kein Takeaway machen", sagt Venturiello.

Positiver Blick

Im Tourismusort Brand bei Bludenz sieht Martin Wieland die Entscheidung positiv. Er wird sein "Alpensteakhaus" (1 Gault&Millau-Haube) auf jeden Fall öffnen - auch wenn er als Restaurant vor allem aufs Abendgeschäft angewiesen ist. "Wir sind froh, dass wir jetzt wenigstens aufsperren können und eine Perspektive haben", sagt er.

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Nachsatz: "Wir hoffen, dass wir zumindest kostendeckend bilanzieren." Der Zeitrahmen sei allerdings sehr kurzfristig. Wieland öffnet daher erst am Donnerstag. "Vorher ist es organisatorisch nicht möglich."

Er hofft auch, dass keine "schwarzen Schafe" unter den Betrieben auftauchen. "Wir haben eine Vorbildfunktion für ganz Österreich. Da sind wir jetzt alle gefordert."

"Chance nutzen"

Florian Moosbrugger vom 5-Sterne-Hotel "Hotel Post" in Lech am Arlberg, wo auch die holländische Königsfamilie seit Jahrzehnten urlaubt, öffnet am Montag ebenfalls das Restaurant. "Wir wollen aufzeigen, dass verantwortungsvolles Handeln in unserer Branche möglich ist", sagt der Gastronom.  "Auch wenn keine internationalen Gäste nach Lech kommen, glauben wir, dass die Vorarlberger Bevölkerung das Angebot annehmen wird.“

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Moosbrugger gibt aber auch zu:  "Es stellt einen immensen Kraftakt dar, in so kurzer Zeit einen Betrieb hochzufahren." Man biete den Gästen das "volle Angebot" - das würden die Gäste auch erwarten. Man sehe die Wiederöffnung als Chance, die man nutzen wolle, obwohl: "Wir wissen nicht, ob eine Rentabilität unter diesen Umständen möglich ist."

Auch ÖGB übt Kritik

Kritisiert wurde die Bundesregierung für ihre "Gastronomieöffnung ohne Mut" vom ÖGB. Vorarlbergs Landesvorsitzender Reinhard Stemmer hätte sich Öffnungsschritte in der Gastronomie gewünscht, "die sowohl Personal und Gäste nicht gefährden, gleichzeitig aber Arbeitsplätze und das Überleben der Branche sichern". "Wenn sich die Betriebe überlegen, ob es Sinn macht, überhaupt zu öffnen, dann hat man etwas falsch gemacht", so Stemmer.