Chronik/Österreich

Paukenschlag: Peschorn stoppt Kickls Berittene Polizei

2,5 Millionen Startkosten, dazu eine Million Euro pro Jahr für den Betrieb (inklusive Personal). So teuer war das Steckenpferd des Ex-Innenministers Herbert Kickl (FPÖ), wie der KURIER im vergangenen Juli aufdeckte. Spätestens nach diesem Bericht war klar, dass die angekündigten 600.000 Euro für zwei Jahre Betrieb nicht halten werden.

Auch der oberste Polizeigewerkschafter Reinhard Zimmermann wetterte danach: „Für 2,5 Millionen Euro hätte man für die Bediensteten 14.500 feuerfeste Overalls oder 60.000 der benötigten neuen Poloshirts kaufen können.“

Nun zieht Innenminister Wolfgang Peschorn endgültig die Notbremse - und stellt das umstrittene Projekt Reiterstaffel mit sofortiger Wirkung ein. Zuvor wurde dem Ressortchef das Ergebnis einer internen Arbeitsgruppe mitgeteilt.

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Tatsächlich stellte sich dabei heraus, dass eine Berittene Polizei in Österreich wenig Sinn hat. Es gibt zu wenige echte Einsatzgebiete (Großdemos, Massenevents, brisante Fußballmatches), um ein derartig teures Projekt zu rechtfertigen.

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Zu teuer, wenig effizient

Für eine berittenen Polizeieinheit in Wien "wären erhebliche Investitionen zu tätigen gewesen", heißt es aus dem Innenressort. "Der Betrieb einer berittenen Polizei wäre zudem mit hohen laufenden Kosten verbunden und würde zusätzliche Polizeikräfte binden. Zudem liegen derzeit weder die rechtlichen noch die tatsächlichen Voraussetzungen für einen Einsatz einer berittenen Polizei in Wien vor".

Die der Berrittenen Polizei "zugedachten Aufgaben können von den bestehenden Polizeikräften effizienter erfüllt werden."

Das Projekt um die Berittene Polizei stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Die ursprüngliche Idee stammte von einem Heeres-Kraftfahroffizier und einem FPÖ-Pressesprecher, die das Projekt anfänglich mit Kosten von 45.000 Euro pro Jahr berechnet hatten.

Wiener Konzept

Die Wiener Polizei erstellte ein stichhaltiges Konzept dazu, das allerdings weit teurer war. Oder realistischer, wie man mittlerweile weiß. Allein der endgültige Standort in Wien hätte demnach weitere sechs bis sieben Millionen Euro gekostet, hieß es in dem Papier.

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Das alles war Kickls Kabinett offenbar zu viel. Der Heeresoffizier wurde zum Ausbildungsleiter bestimmt, womit das ganze Projekt noch umstrittener wurde. Denn der Soldat hatte ein etwas eigenwilliges Geschäft mit der Reithalle in der Theresianischen Akademie hochgezogen. Diese wurde um teures Geld modernisiert.

Cobra, übernehmen Sie

Der Offizier wurde später gefeuert, der FPÖ-Pressesprecher widmete sich anderen Dinge und "Cobra"-Chef Bernhard Treibenreif übernahm daraufhin die Reiterstaffel - alles geriet in ruhigere Gewässer. Erstmals durften auch Medien die Berittene Polizei besuchen, die zuvor laute Kritik wurde durch die Transparenz in der Folge leiser.

Der einstige Heeres-Ausbildner wurde später nach einem Unfall - als ein Pferd in ein Loch trat und sich die Reiterin das Schlüsselbein brach - wegen fahrlässiger Körperverletzung (nicht rechtskräftig) verurteilt.

Gleichzeitig war es nicht so einfach, ausreichend gute Pferde zu finden. Die Projektverantwortlichen hatten dabei ursprünglich auf Hilfe aus München gesetzt, nachdem dort die Reiterstaffel vergrößert wurde, waren gute Tiere Mangelware. Sogar die berühmte Polizeikatze ergriff die Flucht.

Als das Projekt langsam in Schwung kam schied Kickl schließlich wegen der Ibiza-Affäre aus dem Amt, für die Pferde wurde daraufhin ein "Ausgangsverbot" verhängt. Weiter als in den Park vor dem Stall durften sie nicht mehr ausreiten. Monatelang wurde keine Entscheidung getroffen.

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In der Folge wurde die Reiterstaffel bereits auf elf Personen verkleinert und die Zahl der Reiter gekürzt. Die Empfehlung der vierköpfigen Expertengruppe war nun ein Ende des teueren, aber wenig nutzbringenden Projekts. Peschorn unterschrieb das entsprechende Papier, die Berittene Polizei wird aufgelöst.

Zukunft ist noch offen

Wie es mit dem Stall und den 12 Pferden nun weitergeht, das ist vorerst offen. Freuen dürfte sich dem Vernehmen nach das Heer. Die Halle wurde für zwei Jahre vermietet und dabei aufwendig restauriert. Aus einem etwas heruntergekommenen Stall wurde in dieser Zeit einer mit modernen und artgerechten Pferdeboxen.

Wird die Pacht nun nicht verlängert, fällt der Stall voraussichtlich wieder direkt an die Theresianische Militärakademie. Ob auch die (mittlerweile ausgebildeten und einsatzbereiten) Tiere übernommen werden, ist unklar.

Innenminister Peschorn meint abschließend: „Die Entscheidung bringt für die Polizei Klarheit und stellt den sorgsamen Umgang mit Steuermitteln im Bereich des Innenministeriums sicher. Ich bin mir mit Bürgermeister Michael Ludwig einig, dass für die Sicherheit von Wien moderne Strukturen großer Polizeiinspektionen mit einem umfassenden Serviceangebot erforderlich sind.“

„Es ist extrem viel Herzblut und auch privates Engagement aller Mitarbeiter hinein geflossen", kommentiert Projektleiter Bernhard Treibenreif das Ende der Berittenen. "Weil es anfangs keine adäquate Ausrüstung gab, wurden private Pferdeanhänger und Sättel herbei geschafft. Die Mannschaft hat wirklich aus dem nichts ein herzeigbares Projekt auf die Beine gestellt und dafür gilt es jeden einzelnen Beamten Danke zu sagen.“

Die Entscheidung des Innenministeriums will der Direktor der Spezialeinheiten nicht kommentieren. Seit Juli ist man nach Abschluss aller erforderlichen Dienstprüfungen in Wiener Neustadt Gewehr bei Fuß gestanden, um mit dem Dienstbetrieb der Berittenen Polizei zu beginnen. Wiener Neustadt war die erste Stadt die ihr Okay für den Einsatz der Pferde auf der Straße gab. Laut Informationen des KURIER soll auch die Untersuchungskommission des Ministeriums einer Weiterführung des Projekts prinzipiell positiv gegenüber gestanden sein. Entschieden wurde letztlich jedoch anders.

Derzeit besteht die Reiterstaffel noch aus elf Reitern und zwölf Pferden. Die Rückabwicklung mit dem Verkauf der Tiere könnte Monate in Anspruch nehmen. Die Beamten werden an ihre ursprünglichen Dienststellen zurückkehren.