Anschober: "Haben eine historische Marke überschritten"
Von Kevin Kada
Wie der Gesundheitsminister erklärt, hat Österreich heute die Marke von einer Million Testungen übersprungen. "Wir haben eine historische Marke überschritten", meint Anschober.
"Wir haben derzeit mehr Tests als jemals zuvor. Zu Beginn musste man noch Symptome haben oder in einem Risikogebiet gewesen sein. Jetzt haben wir eine zweite Schiene. Die Screening-Testungen haben den Vorteil, dass man auch Menschen erreicht, die keine Symptome haben."
Grund für steigende Zahlen
Vor allem ist der Gesundheitsminister froh, dass man durch diese Screenings Menschen erreicht, die man vorher nicht erreichen konnte. Die vielen Testungen sind auch ein Mitgrund für die steigenden Corona-Zahlen. "Wir haben noch nie so viel gestestet wie jetzt." Bis zu 12.000 Tests in den letzten 24 Stunden gab es, erklärt Anschober. Derzeit hat man im Schnitt rund 3.000 Tests mehr als noch im April.
Auch die Ergebnisse bei den positiven Tests geben Aufschluss über die Pandemie in Österreich, sagt Anschober: "Wir hatten im April einen positiven Anteil von 5,5 Prozent und jetzt haben wir 1,5 Prozent." - Die Pandemie sieht Anschober dadurch besser unter Kontrolle als noch im Frühjahr.
"Sind innerhalb der Prognosen"
Wie Anschober sagt, befindet man sich derzeit innerhalb der Prognosen. "Wir sind davon ausgegangen, dass wir hohe zweistellige oder niedrige dreistellige Neuinfektionen haben." Die Zahlen werden weiterhin klar analysiert, um zu wissen, woher die Infektionen kommen.
In Österreich gibt es viele kleine Cluster-Bildungen und nicht den einen großen Cluster. Das liegt vor allem an kleinen Familien-Clustern und Feiern wie Taufen, Hochzeiten oder Geburtstagen. Anschober erklärt auch, dass die Kontaktpersonen immer besser ausgeforscht werden können. Auch die asymptomatischen Fälle, also Personen ohne Symtome, können öfter gefunden werden.
Reisefälle-Cluster
Immer öfter werden auch Cluster im Zusammenhang mit Reisenden entdeckt. Wie Anschober sagt, gibt es in Österreich aktuell eine konstante Größe in den letzten acht Wochen. "Dazu zählt natürlich alles. Ein Mensch der irgendwo auf Städteurlaub in Amsterdam gewesen ist und mit einer Infektion zurück kommt genauso wie jemand, der seine Großeltern im West-Balkan besucht hat."
Aber das gilt auch für Österreich, auch hier stecken sich Reisende an. "Nach dem Comeback des Tourismus sitzen wir in Europa in einem Boot. Darum ist es wichtig, dass wir eng zusammenarbeiten."
Infizierte werden jünger
Auch die Altersstruktur der Infektionen hat sich in den letzten Wochen verändert. Während in der Anfangsphase der Pandemie die meisten Infektionen vor allem bei alten Menschen aufgetreten sind, hat sich das Bild gedreht. In den letzten sieben Tagen gab es pro 100.000 Einwohner in der Gruppe der 15- bis 24-Jährigen starke Anstiege bei den Infektionen.
Und wie Anschober erklärt, sehen auch die Kollegen in Deutschland die gleiche Entwicklung. In Deutschland liegt der Altersdurchschnitt bei Infizierten bei 34 Jahren, Österreich liegt bei 33,7 Jahren. "Und ich kenne Kollegen aus anderen Ländern die mir das gleiche berichten."
Positiv sieht der Gesundheitsminister, dass die Fälle der Infizierten in Krankenhäusern und vor allem auf Intensivstationen sinken.
Bei der 7-Tage-Insidenz pro 100.000 Einwohner in den unterschiedlichen europäischen Staaten zeigt sich, dass Spanien wieder sehr stark betroffen ist. Italien hingegen ist bei weitem weniger stark betroffen. Als Grundtrend in Europa ist ein Wachstum da. "Hier müssen wir ganz genau darauf achten, damit wir nicht die Kontrolle verlieren."
Mögliche Nachschärfung bei Reisebestimmungen
Allerdings, so Anschober, gibt es heute in Österreich einen schlechten Tag in Sachen Infektionen. Denn erstmals seit Monaten ist man wieder bei über 200 Infizierten pro Tag. "Aber bei den Hospitalisierungen sinken wir. Der Grundtrend setzt sich also fort."
Die Zahlen liegen seit heute Morgen auf dem Tisch, jetzt gehen diese Zahlen in die Cluster-Analyse der AGES. "Wir werden heute Abend erste Ergebnisse am Tisch liegen haben. Da muss man sich ansehen, ob wir einen Ausrutscher haben oder ob das Zahlen sind, die sich auf diese Höhen stabilisieren."
Falls der zweite Fall eintritt, so Anschober, dann wird man wohl vor allem bei den Infektionen nachschärfen, die mit Reisenden zu tun haben. Zuletzt waren ja vor allem Reisende aus Kroatien stark von Infektionen betroffen. Es werden bereits die ersten Stimmen laut, dass man über eine Reisebeschränkung nach Kroatien nachdenken sollte.
Neue Erkenntnisse rund um Corona
Der Ärztlicher Leiter der Ambulanten Pneumologischen Rehabilitation der Therme Wien Med, Ralf Harun Zwick, erklärt, welche neuen Erkenntnisse es mittlerweile zu Corona gibt. Vor allem ging es im Zuge der Krise darum, Menschen mit Vorerkrankungen in Sicherheit zu bringen. "Wie geht man mit Menschen um, die Lunkenkrebs oder COPD haben. Diese Fragen mussten wir beantworten."
Bei den neuen Erkenntnissen gibt es erste Berichte, was mit Erkrankten nach einem oder zwei Monaten passiert. "75 Prozent der Infizierten hatten Lungenfunktionsveränderungen. 50 Prozent der Personen hatten eine schwächere Atemfunktion." Das war nicht nur bei Personen der Fall, die mittlere oder schwere Fälle hatten, sondern auch bei leichten Krankheitsverläufen. "Und das ist etwas, was wir so nicht kannten", sagt Zwick.
Zudem kommen auch Herzbeschwerden, Schlafstörungen oder auch psychologische Folgen hinzu. "Wir schauen uns auch das Herz noch genauer an, als wir das früher schon gemacht haben." Die Frage die sich stellt, so Zwick, ist, wer eine Rehabilitation nach der Infektion braucht. "Dafür gibt es vier Kategorien von 0, jemand der gar nichts braucht, bis hin zu 4, ein Mensch der gar nicht mehr alleine selbstständig leben kann."
Studie zu Lungenfunktionen
Wie Zwick erklärt, gibt es eine neue Studie aus China die zeigt, wie sich die Lungenfunktion von Infizierten verändert, wenn sie eine Rehabilitation bekommen haben. "Hier sieht man, dass sich die Funktion in der Gruppe der Rehabilitation in den sechs Wochen deutlich verbessert hat."
Zwick hat selbst Beispiele mitgebracht. Wie Herr Professor, 80 Jahre alt, der im April aus dem Spital gekommen ist. "Hier sieht man in den Tests, dass klare Besserungen zu sehen sind. Auch der Patient selbst hat gesagt, dass es ihm besser geht als vor der Rehabilitation." Auch das Wohlbefinden des Patienten habe sich um 25 Prozent gesteigert, wie er selbst erklärt.
Zwick empfiehlt Personen, die bereits eine Vorerkrankung hatten aber auch jenen, die vorher gesund waren, einen Arzt für eine Rehabilitation aufzusuchen.