Chronik/Österreich

Kein Amtmissbrauch: Vier Freisprüche im BVT-Prozess "White Milk"

Der Amtsmissbrauch-Prozess gegen drei (ehemalige) Spitzenbeamte des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) und einen Mitarbeiter des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) endete am Montag am Wiener Landesgericht mit einer Klatsche für die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Die vier Angeklagten wurden vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs freigesprochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die WKStA gab keine Erklärung ab.

Wie berichtet, wurde den Beschuldigten vorgeworfen, sie hätten 2015 auf Ersuchen des israelischen Auslandsnachrichtendienstes Mossad den mutmaßlichen syrischen Folter-General Khaled H. in Österreich versteckt und ihm wegen Fehlens einer Aufenthaltsberechtigung im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen Asyl verschafft. Laut Staatsanwaltschaft soll es sich bei der geheimdienstlichen Operation unter befreundeten Diensten, die von Experten als durchaus üblich eingestuft wird, aber um Amtsmissbrauch gehandelt haben.

Keine Schädigung

Das Gericht folgte der Anklagebehörde nicht. „Einige Sachverhalte“ seien „anders“ als von der WKStA angenommen „zu bewerten“, stellte die vorsitzende Richterin in der Urteilsbegründung klar.

Es gebe keinen Beweis für einen Tatplan, keinen Schädigungsvorsatz und auch kein erkennbares Motiv. Das Einzige, was die Angeklagten von der Kooperation mit dem Mossad hatten, hatten, war viel Arbeit, meinte die Richterin. Die Freisprüche für den Ex-BVT-Spionagechef Bernhard P. und zwei Chefinspektoren von sämtlichen Anklagepunkten erfolgten im Zweifel. Das Trio wurde von den Verteidigern Otto Dietrich, Martin Riedl und Klaus Ainedter vertreten.

Die Kooperation mit dem Mossad lief unter dem Decknamen „White Milk“. Der Erstangeklagte Martin W., der dem Verfahren wegen einer angeblichen Erkrankung fernblieb, soll sie im Mai 2015 „zwecks Informationsgewinnung“ eingefädelt haben. Khaled H. war Geheimdienst-General in der syrischen Stadt Rakka. Ihm wird vorgeworfen, für Folterungen in einem Gefängnis verantwortlich gewesen zu sein bzw. Folterungen nicht verhindert zu haben. Der Aufenthalt von Khaled H. in Österreich wurde von der Nichtregierungsorganisation (NGO) CIJA, die sich mit Kriegsverbrechen in Syrien beschäftigt, aufgedeckt.

Keine Glaubwürdigkeit

Tatsächlich ermittelt die Staatsanwaltschaft Wien gegen den syrischen General wegen Körperverletzung bzw. Folter. Am letzten Prozesstag hat die Richterin noch ein Einvernahmeprotokoll des Erstangeklagten, des Ex-BVT-Abteilungsleiters Martin W., vorgelesen. Er soll sich in Dubai aufhalten. Martin Ws Aussagen stehen im Widerspruch zu jenen von Zeugen und früheren Mitangeklagten. Der Zweitangeklagte Bernhard P. sagte vor Gericht über W.: „Alle seine Behauptungen waren falsch.“