Chronik/Österreich

Kärnten-Stichwahl: SPÖ verliert Landeshauptstadt Klagenfurt

Das Wort Wahlkrimi mag oft verwendet werden, aber am Sonntag war es bei den Bürgermeister-Stichwahlen in Kärnten mehr als gerechtfertigt. 
Die SPÖ verlor in allen drei bisher rot geführten Bezirksstädten Klagenfurt, Spittal an der Drau und Hermagor den Bürgermeister-Chefsessel. Das finale Ergebnis mit Wahlkarten ist noch ausstehend, aber dürfte nichts mehr ändern. Experten sprachen von einem kommunalpolitischen Erdbeben. Das Motto für den Sieg: Die Bürgernähe des Team Kärntens, das von vielen unterschätzt wurde.

Klagenfurt wird gelb 

Die erste Sensation zeichnete sich gegen 18 Uhr in Klagenfurt ab:  Maria-Luise Mathiaschitz (SPÖ) holte laut erstem Ergebnis 45,23 Prozent der Stimmen. Christian Scheider (Team Kärnten) 54,77 Prozent der Stimmen - da noch ohne Wahlkarten-Stimmen. Das Endergebnis inklusive Briefwahl fiel dann mit 53,5 zu 46,5 Prozent fast genauso deutlich aus. Mathiaschitz zeigte sich in einer ersten Stellungnahme zerknirscht, Scheider verkündete in sozialen Medien bereits seinen Sieg. 

Beide Kandidaten waren zum dritten Mal im Rennen um das Bürgermeisteramt in Klagenfurt aufeinander getroffen. Der 56-jährige Ex-Tennislehrer von Jörg Haider warf der 64-jährigen Medizinerin in den vergangenen 14 Tagen in Dauerschleife Abgehobenheit vor. Sie ihm fehlende Kompetenz.

Detail am Rande: Seit 1997 musste jeder Klagenfurter Bürgermeister in die Stichwahl. So auch dieses Mal. Vor sechs Jahren siegte Mathiaschitz dabei gegen Scheider mit 53,31 Prozent. 2009 unterlag sie ihm klar mit 36 Prozent. 

Mathiaschitz will nach der Niederlage ihre politische Karriere beenden.

Die große Frage, die sich nun in Klagenfurt stellt: Mit wem geht Christian Scheider nun in eine Koalition?

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Team Kärnten als großer Gewinner

Einen Sieg für das Team Kärnten gab es auch im 80 Kilometer entfernten Spittal an der Drau. Ins Rennen gingen die einstigen Fußball- und SPÖ-Parteifreunde Gerhard Pirih (immer noch SPÖ) und Gerhard Köfer (mittlerweile Team-Kärnten-Chef). Köfer holte sich mit 51,38 Prozent der Stimmen den Bürgermeistersessel zurück. Pirih kam auf 49,03 Prozent. "Das Team Kärnten ist gekommen, um zu bleiben", sagt Köfer in einer ersten Stellungnahme. Er will "die Türen des Rathauses nun für die Bürgerinnen und Bürger öffnen". 

Der 60-jährige Köfer lenkte vor einem frühzeitigen Abgang für 16 Jahre als Bürgermeister die Geschicke in Spittal. Im ersten Wahlgang lag Köfer 94 Stimmen vor Pirih, der seine absolute Mehrheit einbüßte.

Der Unterschied zu Klagenfurt: Pirih will das Amt des ersten Vizebürgermeisters auch nach der Niederlage annehmen. 

Doch auch abseits der Städte durfte das Team Kärnten jubeln: In Keutschach musste der amtierende Bürgermeister Karl Dovjak (SPÖ) seinem Vorgänger Gerhard Oleschko  (52,15 Prozent) vom Team Kärnten weichen. Die Wahlbeteiligung lag bei 81,2 Prozent. Für Oleschko ist es die vierte Amtszeit, er war bereits 18 Jahre Bürgermeister von Keutschach. Team-Kärnten-Chef Köfer: "Wenn man drei Rennpferde im Rennen hat und alle holen den Sieg in der Stichwahl, dann kann sich das sehen lassen."

Hermagor wird türkis

Dritte Bezirksstadt, in der die Sozialdemokraten ihren Chefsessel räumen müssen, ist Hermagor. Zum dritten Mal trafen Siegfried Ronacher (SPÖ) und Leopold Astner (ÖVP) aufeinander. Astner holte sich mit 51,19 Prozent den Bürgermeistersessel.Ronacher 48,62 Prozent. Dass es eine knappe Sachen werden könnte, hatte das Jahr 2015 gezeigt. Mit nur sieben Stimmen Vorsprung gewann der 55-jährige Ronacher damals gegen den 60-jährigen Astner. Dieses Mal lag der ÖVP-Mann mit knapp mehr als 100 Stimmen vorne. 

2021 kamen als besondere Herausforderung die Ausreisebestimmungen aus dem gleichnamigen Bezirk hinzu, die seit Dienstag vergangener Woche galten. 

Welche Konsequenzen zieht Landeshauptmann Kaiser?


Besonders für SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser, der seine Partei  immer als die Bürgermeisterpartei für Kärnten präsentierte, dürften sich nach dem Verlust von drei Bezirksstädten einige Fragen stellen. Auch hinsichtlich der Zusammenarbeit mit dem Team Kärnten in der Landeshauptstadt Klagenfurt.

Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle meinte in einer Vorab-Wahlanalyse für den KURIER, dass es bei dieser "Wahl nur einen Verlierer geben kann und das ist die SPÖ." Damit sollte die Politexpertin recht behalten. Wie der Landeshauptmann mit dem Team Kärnten als neuen Partner in der Landeshauptstadt umgeht? „Für die Symbolik ist dies natürlich ein Desaster", sagte Stainer-Hämmerle.

Ergebnisse aus Landgemeinden

Neben den Städten kam es in den folgenden 25 Gemeinden zur Bürgermeister-Stichwahl: Keutschach, Krumpendorf, Maria Saal, Gmünd, Irschen, Krems, Lurnfeld, Obervellach, Reißeck, Seeboden, Weißensee, Kirchbach, Brückl, Guttaring, Klein St. Paul, Metnitz, St. Georgen am Längsee, Steuerberg, Bleiburg, Eberndorf, Eisenkappel, Sittersdorf, Lavamünd, St. Andrä und St. Paul der Fall. 

Mit folgenden Ergebnissen:

In Weißensee sicherte sich Karoline Turnscheck (ÖVP) mit 58,5 Prozent den Bürgermeistersesel.  Paul Ertl von der Bürgerliste BLW erreichte 41,5 Prozent. 

Keinen Sieg für eine Frau gab es in Obervellach: Anita Gössnitzer (ÖVP) verlor gegen SPÖ-Mann Arnold Klammer. Er sicherte sich 56,86 Prozent der Stimmen.

In Irschen heißt der neue Bürgermeister Manfred Dullnig (ÖVP). Er erhielt 57,40 Prozent der Wählerstimmen. Der langjährige Bürgermeister Gottfried Mandler (SPÖ) ist mit 42,6 Prozent abgewählt.

In Metnitz ist mit Peter Grabner ebenfalls ein ÖVP-Mann neuer Ortschef. Er setzte sich gegen Herbert Gurmann (SPÖ) durch. Und auch Krems hat ein schwarzes Oberhaupt: Gottfried Kogler (ÖVP) gewann gegen Christian Penker (SPÖ). 

Die Amtsübergabe in türkis ist in Krumpendorf gelungen: Gernot Bürger (ÖVP) setzt sich mit 66,8 Prozent der Stimmen gegen Manfred Bacher (SPÖ) durch.

Gute Nachrichten gab es für die SPÖ hingegen aus Kirchbach. Markus Salcher (SPÖ) ist der neue Ortschef. Und auch in Lurnfeld durften die Sozialdemokraten jubeln: Gerald Preimel ist der neue, alte SPÖ-Bürgermeister. 

Auch in Bleiburg setzte sich die SPÖ mit Stefan Visotschnig (SPÖ) mit gut 51 Prozent durch.

In Seeboden heißt der Bürgermeister Thomas Schäfauer (SPÖ).

Ebenfalls an die SPÖ geht Eberndorf: Ortschef Wolfgang Stefitz (56,2 Prozent).

Roter Jubel auch in Maria Saal: Franz Pfaller holte mit 52,41 Prozent den Ortschefsessel. ÖVP-Gegenkandidat Klaus Poscharnig kam auf 47,59 Prozent.

Ebenfalls dominierend ist die SPÖ in Sittersdorf: Gerhard Koller heißt der Bürgermeister.

Auch in Reißeck heißt der neue, alte Bürgermeister Kurt Felicetti (SPÖ, mit 55,57 Prozent).

Alles beim alten bleibt in Gmünd: Zum vierten Mal holte sich Josef Jury (LJJ) den Bürgermeister-Sieg (54,4 Prozent).

Auch Guttaring darf sich über einen neuen Ortschef freuen: Dieser heißt Günter Kernle und folgt Langzeitbürgermeister Herbert Kuss nach. Damit verliert allerdings eine Frau, Gudrun Staubmann-Frizzi (SPÖ), die Stichwahl.

Eine andere Frau durfte dafür in Klein St. Paul jubeln: Gabriele Dörflinger (SPÖ) setzte sich gegen Siegfried Gaber (ÖVP).

In Lavamünd holte sich Polit-Quereinsteiger Wolfgang Gallant (LWG), der bisherige Sprecher der Bürgerliste, den Sieg. Ein deutliches Zeichen Richtung SPÖ und der nicht gelösten Problematik des Schwerverkehrs. Denn SPÖ-Kandidat Raphael Golez verlor mit 40,85 Prozent.

Zu einer großen Überraschung kam es hingegen in Brückl: Harald Tellian (Liste Wir für alle) löst SPÖ-Bürgermeister Burkhard Trummer ab. 

Auch in St. Georgen/Längsee waren viele vom Ausgang überrascht: Langzeitbürgermeister Konrad Seunig (SPÖ) muss Wolfgang Grilz (FPÖ, 58,06 Prozent der Stimmen) weichen.

Und auch in Steuerberg (Bezirk Feldkirchen) gelang die Sensation: Kärntens ältester und dienstältester Bürgermeister Karl Petritz (ÖVP) ist geschlagen. Sein Kontrahent Werner Egger (SPÖ), der seinen bisherigen Job für die neue Aufgabe zurückschraubt, ist der neue Bürgermeister. Petritz war 36 Jahre lang im Amt. 

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