Fotos zeigen die Hintergründe für die Gudenus-„Ohrfeige“
Zunächst ging Ex-FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus in die Offensive. Ein ihm unbekannter Mann namens „Herbert“ habe ihm Korruption vorgeworfen und ihn im Hotel Marriott geohrfeigt, vertraute er Boulevardmedien an.
Doch das ist nur ein kleiner Teil der Geschichte.
Mitursache der Auseinandersetzung war offenbar, dass Gudenus nach Ibiza erneut in eine Foto- und Videofalle getappt sein könnte. Zumindest existieren geheim angefertigte (und dem KURIER vorliegende) Fotos von einem Treffen von ihm und Andrej K., der erst Anfang Juli aus der U-Haft entlassen wurde. Gegen K. wird wegen eines mutmaßlichen Mordauftrags in der Causa Güssinger ermittelt, den er aber bestreitet.
Hintergrund dürfte auch der Streit um die burgenländische Mineralwasser-Firma Güssinger sein. Der offenbar russischstämmige Güssinger-Eigentümer K. kämpft derzeit mit einer bulgarischen Investoren-Gruppe um die Vorherrschaft im Mineralwasser-Konzern (siehe Zusatzbericht ganz unten).
Ein Zufallstreffen?
Am Mittwoch sah Herbert A. – er ist ein Vertreter der bulgarischen Investorengruppe – eine Chance, mit Andrej K. im Palais Coburg in Kontakt zu treten. „Ich bin von einem Bekannten angerufen worden, dass es eine Gelegenheit gibt, mit der versammelten Runde des Russen zu sprechen und die Probleme eventuell zu lösen“, sagt Herbert A. zum KURIER. „Das Zusammentreffen mit Gudenus war von mir nicht beabsichtigt.“
Im Coburg soll Gudenus zu Herbert A. gesagt haben, „setz Dich her“. Der Bulgaren-Vertreter will Gudenus erklärt haben, dass er eigentlich den russischen Geschäftsmann Andrej K. treffen wolle. „Gudenus telefonierte und sagte, K. ist in 20 Minuten da“, behauptet der Vertreter der Bulgaren und angebliche spätere Watschenmann. „Ich sagte, ich möchte nicht stören, trinke ein Glas Wein und bin dann wieder weg.“ A. wechselte daraufhin ins Marriott, berichtet er.
„Dort ging ich an die Bar“, behauptet A. „Gudenus ist aggressiv hereingekommen und hat mich und die Russisch-Dolmetscherin fotografiert.“ Er sei anschließend zurück zum Gartencafé und hinter einer Wand soll Gudenus mit seinem Bruder gestanden sein.
„Johann Gudenus hat sich vor mir aufgebaut“, meint Herbert A. Er habe dann Gudenus mit angeblichen Korruptionsvorwürfen in Sachen Russen-Gelder und FPÖ konfrontiert.
„Und wie er mir zu nahegekommen ist, hatte ich in meiner linken Hand den Laptop und bin ich mit meiner rechten Hand nach oben gefahren. Ich sagte, was soll das“, behauptet A. Er habe ihn „maximal gestreichelt“.
Polizei und Promille
Über die „Rauferei“ gehen die Darstellungen auseinander. „Ich ging auf die Toilette, die beiden Gudenus’ haben in der Zwischenzeit aber die Polizei gerufen“, sagt Herbert A. „Ich bin gebeten worden mitzukommen, Gudenus auch. Andrej K. ist mir noch im Marriott entgegengekommen. Mir wurde von der Polizei verweigert, jemanden anzurufen und Anrufe entgegenzunehmen.“ Die Polizei wartete auf die Amtsärztin.
„Es wurde festgestellt, dass ich 1,24 Promille habe“, erzählt A. Er wurde deshalb auf Anweisung der Amtsärztin ins Otto-Wagner-Spital gebracht.
Alexander Stimmler, Anwalt des Güssinger-Eigentümers Andrej K., sagt zu dem Vorfall: „Mein Mandant ist regelmäßig im Coburg, er ist mit dem Geschäftsführer befreundet. Und auch Herr Gudenus soll oft dort sein. Die beiden kennen einander vom Sehen. Das war kein geschäftlicher Termin, kein willentliches Treffen. Herr K. war schon dort, als Herr Gudenus hingekommen ist. Es war nur eine kurze Begrüßung.“ Gudenus war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
SOKO Ibiza
Mehrere Medien wunderten sich jedenfalls darüber, warum Herbert A. in der Auseinandersetzung ausgerechnet jenen Beamten nannte, der bei der Razzia bei Gudenus dabei war. Dieser Kriminalist hat zugleich in der Causa Güssinger die Anzeige der bulgarischen Investorengruppe aufgenommen, für die A. tätig ist.
Gudenus war zunächst für keine Stellungnahme erreichbar und antwortete weder auf Anfragen per Mail noch per Telefon. Später postete er aber auf Facebook zu dem Bericht, dass er offenbar den Herrn "Herbert" zumindest jetzt kennt:
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Hintergrund: Der Kampf um Güssinger
Wem gehört die Mineralwasser-Firma Güssinger? Das ist derzeit etwas unklar – auf der einen Seite ist jene russisch-österreichische Gruppe, die offiziell eingetragen ist. Doch auch eine bulgarisch-österreichische Gruppe erhebt Ansprüche. Diese hat vor längerer Zeit einen Bankkredit (10,6 Millionen Euro) der Güssinger-Mutterfirma bei einer russischen Bank abgelöst und sich dafür alle Vermögenswerte (Gesellschaftsanteile, Liegenschaften, Maschinen) übertragen lassen.
Bisher ist aber eine Übernahme Güssingers durch die bulgarischen Investoren ebenso gescheitert wie der Verkauf der Vermögenswerte. Zwischen den beiden Gruppen herrscht Krieg, sie deckten einander mit Anzeigen ein.
Zunächst wurde der Seite von Andrej K. vorgeworfen, die Ermordung des bulgarischen Chefs der Gegenseite in Auftrag gegeben zu haben. K. saß deshalb einen Monat in U-Haft, wurde im Juli aber vorerst wieder auf freien Fuß gesetzt.
Weitere Vorwürfe führten dazu, dass die Supermarktkette Hofer (zugleich Hauptabnehmer) das Mineralwasser „Vitaquelle“ (Güssinger) auslistete. Am Dienstag berichtete der KURIER über eine Anzeige der Gegenseite – die Gruppe um K. wirft den Bulgaren Betrug vor. Alle bestreiten die jeweiligen Vorwürfe vehement.