Chronik/Österreich

Corona-Demos: Rechte Heimatseligkeit, Festnahmen von Linken, zahlreiche Anzeigen

Von der Bühne schallte „Schifoan“, die Corona-Demonstranten wedelten im Takt mit ihren zahlreichen Österreich-Fahnen. Der ehemalige FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache mischte sich in die Menge, ebenso FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz, der Identitäre Martin Sellner oder der mehrfach verurteilte Neonazi Gottfried Küssel.

Letzterer reiste laut KURIER-Informationen mit dem Bus und zahlreichen Unterstützern aus Oberwart an. Strache durfte übrigens nicht als Redner auftreten. „Wir wissen, was die Medien daraus machen würden“, lautete die Erklärung.

Dubiose Atteste

Die Polizei war mit allem auf der Straße, was greifbar war. Sämtliche Einheiten standen parat, Kollegen aus den Bundesländern reisten zur Verstärkung an. Schon bei der Anreise der Demonstranten wurden zahlreiche Busse gestoppt und kontrolliert.

Nur 156 Anzeigen

Bei der Hauptdemo verhielt sich die Exekutive dennoch zurückhaltend. Nur am Rande wurden Teilnehmer auf fehlende Masken und Abstände hingewiesen. Am Sonntag stand die Bilanz fest: Es gab laut Polizei 242 Identitätsfeststellungen und  156 Anzeigen nach der Covid-Maßnahmenverordnung, also fehlender Masken. Außerdem wurden sieben Organmandate eingehoben. "Aus Gründen des Verhältnismäßigkeitsprinzips und polizeitaktischer Notwendigkeiten wurde die Großdemonstration nicht aufgelöst, sondern mit Anzeigen vorgegangen", begründete die Landespolizeidirektion.

Auch im Bereich der Gegendemonstration kam es zu Einsätzen: Insgesamt kam es am Samstag bei beiden Kundgebungen somit zu  20 Festnahmen (17 davon wegen verwaltungsrechtlicher Vergehen, drei wegen versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt) sowie 310 Anzeigen.

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Mobilisierung hat funktioniert

Bei der Großdemo gab es zuvor deftige Reden: „Werft’s den dreckigen Fetzen (gemeint Mundschutz) endlich weg“, forderte eine Rednerin die Zuhörer auf.

Die Organisatoren der Corona-Demo waren hin- und hergerissen. Die ankommenden Busanreisenden (allesamt mit Masken) mussten begrüßt werden. Die Menge (fast ausnahmslos ohne Maske), die schon zwischen den Museen auf dem Maria-Theresien-Platz in Wien stand, bei Laune gehalten werden.

Die Mobilisierung hatte funktioniert. Mehr als 10.000 Menschen folgten dem Aufruf. Dass die Kundgebung eigentlich polizeilich untersagt worden war, kümmerte sie nicht.

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Krampus-Verschwörung

Zu den bekannten Rechten mischten sich Verschwörungstheoretiker der QAnon-Bewegung, besorgte Bürger, Impfgegner und -skeptiker, Esoteriker („es geht um die Liebe“), Aluhut-Träger (wörtlich zu verstehen) sowie ein Krampus. Was sie einte: Die Unzufriedenheit mit der Regierung und den Corona-Maßnahmen. Entsprechend laut skandierten sie: „Kurz muss weg! Wir sind das Volk!“ Dazu schallten Trillerpfeifen und Kuhglocken. Ein Sponsor hatte Tausende Fahnen organisiert. Öl auf die Mühlen von Organisator Martin Rutter: „Wenn die Bundesregierung nicht aufhört, stehen 100.000 auf der Straße.“

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Gegendemonstration

Zeitgleich zur Corona-Demo sammelten sich rund 500 Linke auf dem Stephansplatz zur Gegendemo „Gegen Verschwörungstheoretiker“. Als sie vor dem Bundeskanzleramt hielten und die Corona-Demonstranten in Blickweite waren, riefen die Linken: „Wir impfen euch alle!“

So weit, so friedlich. Arbeit für die Polizei gab es erst, als sich die Corona-Demonstranten in Bewegung setzten. Sie marschierten über den Ring. Linksextreme versuchten den Zug zu stoppen und blockierten die Straße. Rechte Hooligans, die den Demozug begleiteten, wollten das „Problem“ selbst in die Hand nehmen – sie konnten von der Polizei allerdings gestoppt werden. Gleichzeitig wurden die Blockierer von der Polizei eingekesselt und weggetragen. Identitätsfeststellungen folgten.

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Schon im Vorfeld hatte die Polizei Sicherheitsvorkehrungen getroffen – auch für die Journalisten, die zuletzt bei Corona-Demos beschimpft und attackiert worden waren. Zwei Beamte wurden abgestellt, um brenzlige Situationen zu entschärfen.

Ein derartiger Polizeischutz ist für die unabhängige Presse bisher noch nie notwendig gewesen. Dennoch: Fotografen wurden von Corona-Demonstranten abgeschirmt, beschimpft und mit Bier angeschüttet.

Die Demonstranten feierten jedenfalls am Ende noch mit lauter Party-Musik, dafür großteils ohne Masken und großen Abstand.

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