Was wir in Zukunft essen werden

Der Burger aus den Stammzellen eines Rindes hat 300.000 Euro gekostet.
Insekten statt Rind, und wenn schon Burger, dann mit Kunstfleisch aus Stammzellen: Fleischliebhaber müssen sich auf einiges gefasst machen.

Hochleistungsställe und Güllegürtel gegen Grundwasserverunreinigung zeigen aus Sicht der Tier- und Umweltschützer vor allem eines: Wir müssen künftig weniger Fleisch essen. Oder Fleisch zumindest anders produzieren. Schon allein, weil 2050 neun Milliarden Menschen die Welt bevölkern werden, die wiederum gemeinsam einen Fleischberg von 460 Millionen Tonnen im Jahr vertilgen wollen. Der globale Konsum von Fleisch wird sich von 2000 bis 2050 verdoppeln, so Hochrechnungen.

"Wir sollten aufhören, ein ganzes Huhn zu züchten, um nur Teile zu essen, sondern Brust oder Flügel separat heranwachsen zu lassen." Gedanken wie diese klingen futuristisch, sind aber nicht neu. Schon der britische Staatsmann Winston Churchill ging damit hausieren. Das war im Jahr 1931.

Tatsächlich wurde im Sommer 2013 eine neue Burger-Art präsentiert. Genau genommen ein faschiertes Laberl aus der Petrischale, herangezüchtet aus den Stammzellen eines Rindes. Dafür wurden niederländische Wissenschaftler von Tierschützern und Wissenschaftlern beklatscht, der Burger hatte nur einen Haken: Er kostete 300.000 Euro.

Fleisch ohne Fleisch

Was wir in Zukunft essen werden
Insekten
Das fleischlose Fleisch ist längst auch Thema im Silicon Valley. Der Biochemiker Patrick O’Brown will mit seinem Start-up "Impossible Food" noch dieses Jahr ein Fleischlaberl ohne Fleisch und einen Käse ohne Käse auf den Markt bringen. Unterstützt mit Geld von Microsoft-Gründer Bill Gates und anderen honorigen Geldgebern, die zuletzt 108 Millionen Euro für das Unternehmen lockergemacht haben. Venture-Capital-Firmen finden Geschmack am Lebensmittelgeschäft, schreibt selbst der Economist.

Vegane Lebensmittel sind zu einem ernst zu nehmenden Wirtschaftszweig geworden – von Extrawurst ohne Wurst bis zur Entenbrust ohne Ente. Essen wird zu einer Frage der Weltanschauung und des Sozialprestiges, attestiert auch die "Wie is(s)t Deutschland 2030"-Studie von Nestlé. Der größte Nahrungsmittelproduzent der Welt kommt zu dem Schluss, dass die Kunden 2030 mehr auf die Herstellung ihres Essens und den Ressourceneinsatz achten werden. "Auch ressourcenschonende Nahrungsmittel werden akzeptiert, etwa In-vitro-Fleisch, Algen oder Insekten – diese müssen aber in bekannten Formen sein, etwa als Burger", schreiben die Studienautoren.

Der Einheitsbrei hat ihrer Meinung nach ausgedient: "Es wird ein großes Angebot an Ernährungsprodukten geben, die individuell auf das eigene persönliche Gesundheitsprofil zugeschnitten sind." Möglich sollen das Apps machen, die das passende Essen zum Gesundheitszustand suchen. Auch im Restaurant. Nestlé sieht spätestens in 15 Jahren Lokale im Trend, die im Vorfeld das Gesundheitsprofil des Gastes abrufen und ihm ein auf seine Person zugeschnittenes Menü servieren.

Was wir in Zukunft essen werden
Fotos: Teller, Schale: Cultured Beef/Screenshot Fleisch: EPA/David Perry 05.08.2013

Onlinekauf

Dass der Anteil der Online-Käufe auch im Lebensmittelhandel steigen wird, gilt als sicher. Derzeit kaufen die Österreicher nicht einmal ein Prozent des Wocheneinkaufs im Web-Shop, das könnte sich aber bei besseren Zustelldiensten rasch ändern. Handelsketten wie Billa und Merkur rüsten ihre Web-Shops gerade auf. Gleichzeitig will die Industrie Hightech-Kühlschränke in den Markt pressen, die automatisch Milch und Butter online nachbestellen. Als Gegenpol zum anonymen Onlinekauf könnten auch kleine Greißler mit guter Beratung und regionaler Auswahl wieder an Bedeutung gewinnen, orakeln Trendforscher.

Glaubt man einer Studie vom Rostocker Zentrum zur Erforschung des Demografischen Wandels, werden all die neuen Ernährungstrends aber nicht unbedingt zu gesünderen Menschen führen. Das Institut hat errechnet, dass schon 2009 knapp 20 Prozent der Deutschen zu dick waren – eine Quote vergleichbar mit Österreich. Geht die Entwicklung so weiter wie 1999 bis 2009, könnte die Zahl der Fettleibigen bis 2030 um 30 bis 80 Prozent steigen.

Die KURIER-Serie "Österreich 2030" finden Sie auf kurier.at/2030

Kommentare