Noni-Frucht: Wundermittel oder Geschäftemacherei?

Noni-Frucht: Wundermittel oder Geschäftemacherei?
Eine exotische Frucht soll wahre Wunder wirken. Was kann sie wirklich?

Ihr Saft soll bei Bluthochdruck, Depression, Herzkrankheiten, Entzündungen und Magengeschwüren helfen. Glaubt man den Herstellern, halten ihre Inhaltsstoffe außerdem jung, reduzieren Falten und heilen sogar Krebs. Gemeint ist die Noni, eine grüne Frucht in der Größe einer Kartoffel, mit ähnlicher Konsistenz wie eine Ananas (Saft etwa im Reformhaus erhältlich). Neben ihren angepriesenen gesundheitlichen Wirkungen wird die Noni in Kosmetika verwendet. Stars wie Miranda Kerr, Meg Ryan und Arnold Schwarzenegger sollen Fan der exotischen Frucht sein. Doch wie gesund ist sie wirklich?

Immer wieder werden Studien zu ihrer Wirkung veröffentlicht – erst kürzlich erhielt die KURIER-Redaktion eine Einladung zur Präsentation einer neuen Untersuchung, die zeigt, dass Nonisaft den HbA1c-Wert bei Patienten mit Typ-2-Diabetes signifikant senkt. Dieser Wert gibt an, ob über längere Zeit eine Erhöhung des Blutzuckers bei einer Person besteht. Untersucht wurden acht Patienten mit Typ-2-Diabetes über einen Zeitraum von acht Wochen. Von den Autoren betont wird eine „verbesserte Insulin-Aufnahme, die möglicherweise durch einen über Noni angeregten Stoffwechsel hervorgerufen wird“. Noni könne „möglicherweise“ Blutzucker senken.

„Möglicherweise“

Noni-Frucht: Wundermittel oder Geschäftemacherei?
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Das Wort „möglicherweise“ ist gut gewählt. Fundierte wissenschaftliche Belege der Wirkung gibt es kaum. „Die Sicherheitsbewertung durch den wissenschaftlichen Lebensmittelausschuss der EU ergab, dass bei Nonisaft keine gesundheitsfördernden Wirkungen zu erwarten sind, die über die von anderen Fruchtsäften hinausgehen. Auch diese enthalten Inhaltsstoffe wie Antioxidantien, von Wunderwirkungen kann man aber nicht sprechen“, sagt Klaus Riediger, Experte für Neuartige Lebensmittel der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES).

Seit 2003 ist Nonisaft in der EU als sogenanntes Novel Food zugelassen, seit 2008 darf auch Tee aus Noniblättern und seit 2010 Püree und Konzentrat verkauft werden. Damit ist es erlaubt, die tropische Frucht als Lebensmittelzutat zu verwenden, also z.B. Saft zu vertreiben, nicht aber, gesundheitliche Wirkungen zu bewerben. Riediger: „Die europäischen Behörden bewerteten bei Novel-Food-Anträgen die Sicherheit der Produkte, nicht aber ihre Wirksamkeit. Die US-Lebensmittelüberwachungs- und Arzneimittelzulassungsbehörde FDA warnte hingegen, dass Krankheiten durch Noni nicht geheilt werden können.“

40 Euro für einen Liter

Noni-Frucht: Wundermittel oder Geschäftemacherei?
John Wadsworth sieht das anders. Er gründete 1995 Tahitian Noni International (TNI), den größten Nonisafthersteller mit Hauptsitz in Utah, USA, und Niederlassungen in 30 Ländern, darunter eine in Wien. Auf der Website werden zwei Mal täglich 30 ml empfohlen – das entspricht etwa vier Esslöffeln pro Tag –, um „gesünder zu werden, mehr Energie zu haben und den Körper zu stärken“. Verantwortlich dafür seien sekundäre Pflanzenstoffe, wie laut TNI klinische Studien bestätigen. Geschäftemacherei, meint Klaus Riediger. Immerhin kostet ein Liter Saft je Hersteller zwischen 35 und 40 Euro.

Wadsworth entdeckte die Noni auf Tahiti, wo sie seit 2000 Jahren in der Volksmedizin eingesetzt wird. Über Seefahrer gelangte die Frucht des Indischen Maulbeerbaums von Australien bis zur polynesischen Inselwelt, vor allem nach Tahiti und Hawaii, wo sie als Naturarznei eingesetzt wird. Auf Hawaii wird die Frucht auch für Bodylotions, Shampoos, Seifen und andere Kosmetika verwendet. Wadsworth brachte die Noni 1996 nach Amerika und begann mit der Produktion des Saftes.

Käsefrucht

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Da die Frucht, die wegen ihres Geruchs nach ranzigem Käse auch als Käsefrucht bezeichnet wird, pur kaum genießbar ist, mischte er sie mit Heidelbeer- und Traubensaft. Andere Hersteller produzieren mittlerweile auch reinen Saft, Püree, Konzentrat, Pulver und Kapseln. In Österreich sorgte die Noni Ende der 1990er-Jahre für Aufsehen. Mit Hausbesuchen und Briefen wurden Krebspatienten auf das „Wunder aus der Südsee“ aufmerksam gemacht. Damals war der Verkauf des Saftes noch verboten. Die Bewerbung der Noni mit heilenden Wirkungen ist bis heute nicht erlaubt. Die Amerikanische Krebsgesellschaft geht in einer Stellungnahme zwar darauf ein, dass es Tierstudien zu Krebserkrankungen und der Frucht gibt, diese seien jedoch nicht eindeutig und nicht auf den Menschen übertragbar.

Leberschäden

2005 wurden von der AGES drei Fallberichte überprüft, bei denen ein Zusammenhang zwischen dem Konsum von Nonisaft und dem Auftreten einer akuten Leberentzündung vermutet wurde. Dieser Verdacht bestätigte sich allerdings nicht. Wer sein Geld gerne für Saft ausgibt, der nach ranzigem Käse riecht, könne dies laut aktuellem Wissensstand ohne Gesundheitsbedenken tun. Vor der Einnahme sollte man dennoch Rücksprache mit einem Arzt halten, insbesondere dann, wenn bereits Erkrankungen vorliegen.

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