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Kapitale Frage bei Raiffeisen: Kapital

Unser Thema Nummer 1 lautet Eigenkapital: RZB-Boss Walter Rothensteiner
Generaldirektor Walter Rothensteiner erklärt, wie und warum die Bank ihr Eigenkapital verbessert.

Im Raiffeisen-Bankensektor wird derzeit kräftig umstrukturiert. Das Spitzeninstitut Raiffeisen Zentralbank AG (RZB) verkauft Beteiligungen, reduziert Holdinggesellschaften und plant die Fusion mit der Raiffeisen Bank International (RBI), an der sie derzeit rund 60 Prozent hält. RZB-Generaldirektor Walter Rothensteiner erklärt im KURIER-Gespräch, warum das alles notwendig ist und wie sich Raiffeisen künftig aufstellt.

KURIER: Die Raiffeisen Zentralbank verkauft einen wesentlich Teil ihres Aktienpakets an der UNIQA Versicherung. Warum?

Walter Rothensteiner: Unser Thema Nummer eins lautet: Eigenkapital. Wir haben das Eigenkapital in den vergangenen fünf Jahren zwar mehr als verdoppelt, aber die Vorschriften der Aufsicht werden immer strenger. Der Teilverkauf der UNIQA erhöht unser Eigenkapital um 0,6 Prozentpunkte. Für die UNIQA verändert sich dadurch nichts.

Der UNIQA-Verkauf drückt aber das Konzernergebnis um 130 Millionen Euro. Hätte die RZB das Kapital nicht auf andere Weise stärken können?

Der Verkauf des UNIQA-Anteil bringt einmalig einen Verlust. Aber das ist immer noch günstiger als Kapital am Markt aufzunehmen. Unter zehn Prozent Rendite bekommen Banken derzeit kein Geld. Und an der Börse ist der Aktienkurs der RBI so tief, dass eine Kapitalerhöhung einem Verschenken von Geld gleichkäme. Denn das Kapital im Verhältnis zu den Aktien ergibt einen deutlich höheren Wert als der jetzige Börsekurs von rund zwölf Euro.

Was hat die RZB noch vor, um ihr Eigenkapital zu stärken?

Wir werden die Holdings über uns auflösen. Das betrifft die Raiffeisen-Landesbanken-Holding und die R-Landesbanken-Beteiligungs GmbH. Damit erhöhen wir die Eigenkapitalquote der RZB ebenfalls leicht.

Und das Projekt "R2", also die Fusion von RZB und RBI ...

Auch dieser mögliche Zusammenschluss steht unter dem Blickwinkel Eigenkapital. Genauso wie der kürzlich erfolgte Verkauf des Hilton Hotels. Alle Aktionen zusammen werden jedenfalls die Kapitalquote deutlich erhöhen. Einen möglichen Zeitplan für die Fusion werden wir am 26. August mit den Halbjahreszahlen der RZB veröffentlichen. Wenn alles klappt, könnte der Zusammenschluss bis Ende März 2017 über die Bühne sein.

Ist damit die Umstrukturierung abgeschlossen oder denkt Raiffeisen auch über Fusionen auf Ebene der Landesbanken nach?

Wir evaluieren jetzt "R2". Das heißt aber nicht, dass weitere Fusionen kein Thema sind. Aber wir können nicht gleichzeitig auf drei Ebenen arbeiten. Es könnte sich später schon die Frage stellen: Gibt es Landesbanken, die sich anschließen wollen?

In Summe wird aber auch das Geschäft der Bank reduziert. Was hat der RBI-Aktionär davon?

In der RBI haben wir innerhalb eines Jahres rund zehn Milliarden Euro an so genannten risikogewichteten Aktiva abgebaut: Das betraf unter anderem Asien, Russland, Slowenien und die Ukraine. Der Abbau in Polen ist wegen der dortigen Politik etwas verzögert. Mit der UNIQA macht Raiffeisen unverändert weiter Geschäft. Das sichert auch der Kooperationsvertrag ab. Die Zusammenarbeit mit der Raiffeisen Versicherung wurde bis zum Jahr 2022 verlängert. Die Aktionäre der RBI müssen kurzfristig auf Dividende verzichten. Dafür sind sie an einer kapitalstärkeren Bank beteiligt.

Kommenden Freitag veröffentlicht die Europäische Bankenaufsicht die Ergebnisse des Banken-Stresstests. Wie wird die RZB dabei abschneiden?

Die Ergebnisse können nicht sonderlich gut ausfallen. Aber die Botschaft kennen wir. Darum arbeiten wir an der Verbesserung der Kapitalquote. Die Aufsicht hat allerdings für den Stresstest die Daten von Ende 2015 verwendet. Das heißt: Alle Maßnahmen, die wir heuer gemacht haben, sind nicht inkludiert. Und: Gestresst wurde die Landesbanken-Holding und die gibt es bald nicht mehr.

Die Aufsicht arbeitet schon an der nächsten Verschärfung der Eigenkapitalregeln "Basel IV", die 2018 kommen sollen. Schafft eine dann fusionierte RZB/RBI diese Vorgaben?

Unsere Umstrukturierung ist abgeschlossen. Die Verkäufe, auch von Immobilien, sind erledigt. Das Problem mit Basel IV sind die Industriebeteiligungen der Banken, die wir als RZB/RBI allerdings nicht haben. Für diese Beteiligungen lautet der Vorschlag der Aufsicht, dass sie mit 250 Prozent Eigenkapital zu unterlegen sind. Wenn die Banken deswegen alle Industriebeteiligungen verkaufen, wird es problematisch. Denn der Großindustrie droht dann ein Ausverkauf ins Ausland. Das ist volkswirtschaftlich nicht sinnvoll.

Nach der Kapital-Frage stellt sich die Frage nach dem Geschäft. Können die Raiffeisenbanken mit der Mini-Zinsspanne auf Dauer leben?

Die Zinsen sind schon lange tief und es gibt uns noch immer. Und in Osteuropa ist die Zinsspanne höher als in Österreich. Der Vorteil der Raiffeisenbanken ist, dass sie regional stark verankert sind. Sie haben das Ohr beim Kunden. Da sind sie unschlagbar.

Nach Entspannung schaut dieser Freitagabend für viele Bankmanager ganz und gar nicht aus. Um 22 Uhr werden die europäischen Bankenaufseher unter ihrer Chefin Daniele Nouy die Ergebnisse des jüngsten Stresstest veröffentlichen. Antworten auf die wichtigsten Fragen dazu:

Was ist ein Stresstest?

Das ist quasi ein Check, wie fit die europäischen Banken bei hoher Belastung sind. Was war Gegenstand dieses Tests? Es wurde geprüft, wie sich die Banken in simulierten Krisen bewähren würden. Dazu zählt etwa eine schwere Rezession, die drei Jahre anhält. Dazu wird angenommen, dass die Börsenkurse und der Euro abstürzen und die Immobilienpreise einbrechen.

Welche Banken wurden getestet?

51 Banken aus 14 EU-Ländern sowie aus Norwegen wurden diesmal dem Check unterzogen. Sie stehen für rund 70 Prozent der Bilanzsumme aller Geldinstitute in der EU. Aus Österreich nahmen diesmal die Erste Group und die Raiffeisen Zentralbank am Test teil.

Werden Institute beim Test durchfallen?

Das ist diesmal gar nicht möglich. Anders als beim Test vor zwei Jahren mussten die Banken diesmal keine besondere Latte überspringen – also in der simulierten Krise einen bestimmten Eigenkapitalpolster erreichen.

Wozu ist das Testergebnis gut?

Durch den Check soll es den Aufsehern möglich sein, künftig individuelle Kapitalquoten von den Banken zu fordern. Diese Mindestquoten werden am Jahresende festgelegt, der jetzige Test ist quasi ein Zwischenzeugnis.

Warum kommen die Ergebnisse so spät am Freitagabend?

Weil dann die großen Aktienbörsen schon geschlossen sind und die Anleger ein ganzes Wochenende Zeit haben, die Testergebnisse in Ruhe zu überdenken. So sollen allzu große Kursschwankungen vermieden werden.

Welche Zahlen flossen in den Test ein?

Die Krise simuliert wurde mit den Bankdaten vom Jahreswechsel. Institute, die seit Silvester Kapital aufgebaut haben, können also durchaus besser dastehen, als es das Testergebnis zeigt. Welche Institute werden schlecht abschneiden? Experten nehmen an, dass vor allem die italienischen Institute, allen voran die Monte Paschi di Siena, zusätzliches Kapital brauchen. Grund dafür ist, dass die Banken nach Jahren schlechter Wirtschaftsentwicklung in Italien auf einem Berg an faulen Krediten sitzen. Offen ist, ob der Test eine Rechtfertigung dafür gibt, dieses Problem mit staatlichem Eingriff zu lösen.

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