Ex-Libro-Vorstand will OGH-Urteil vor EU-Gericht kippen

Der Gerichtssaal im Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg
Johann Knöbl sieht sein Recht auf ein faires Verfahren verletzt.

Eigentlich hat der Oberste Gerichtshof im Urteil zur Causa Libro die lange Verfahrensdauer von zwölf Jahren schon eingepreist. So wurde im Jänner 2014 nicht nur die Strafe von Ex-Libro-Boss André Rettberg wegen Untreue von 3,5 Jahren Haft auf ein Jahr mit Bewährung reduziert, sondern auch der frühere Finanzvorstand Johann Knöbl fasste weniger aus: Seine Strafe (vier Jahre Haft) wurde auf 18 Monate bedingt verringert. Der OGH begründete den "Rabatt" mit dem "unangemessen langen" Verfahren.

Ziel ist Wiederaufnahme

Doch: Ex-Libro-Manager Knöbl nimmt auch das "günstigere" Urteil nicht hin. Er hat beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg eine Beschwerde gegen das OGH-Urteil eingebracht. Sein Recht auf ein faires Verfahren sei verletzt worden. Das EU-Gericht hat das Verfahren bereits eröffnet.

"In anderen Ländern hätte die lange Verfahrensdauer zu einer noch deutlicheren Strafreduzierung geführt, oder es wäre gar nicht angeklagt worden", sagt Knöbls Verteidiger Mathias Preuschl zum KURIER. "Unser Ziel ist die Verurteilung der Republik Österreich durch das Gericht in Straßburg, folglich die Aufhebung des OGH-Urteils und die Wiederaufnahme des Strafverfahrens."

Preuschl beanstandet in Straßburg auch, dass Knöbl wegen einer Dividendenausschüttung (10 Mio. Euro) an die Libro-Mutter verurteilt wurde. Er bringt dazu vor, dass selbst die Generalprokuratur, die höchste Anklagebehörde Österreichs, in der Ausschüttung keine Untreue feststellte – im Gegensatz zum OGH. "Knöbl hielt die Ausschüttung für ordnungsgemäß, er war in einem Rechtsirrtum", sagt Preuschl. Wenn sich schon die Crème de la Crème des heimischen Strafrechts nicht einig sei, warum hätte das sein Mandant besser wissen sollen.

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