31 Stunden für Heimreise: Odysseus flog mit Alitalia

Kreisverkehr in der Luft: Alitalia
Ein Wiener Ehepaar brauchte im Gegensatz zum griechischen Sagenhelden zwar nicht 20 Jahre, aber immerhin 31 Stunden für die Heimreise.

A wie Albtraum. Oder wie Alitalia: Die italienische Fluglinie bescherte einem Wiener Ehepaar und einer Handvoll weiterer Leidensgenossen auf der Heimreise von Sizilien eine Odyssee quer durch halb Europa. Vom Abflug in Palermo bis zur Landung in Wien – die ursprünglich für den späten Nachmittag am Freitag vor einer Woche geplant war – vergingen nicht rund sieben, sondern ganze 31 Stunden. Nach einer nicht eingeplanten Übernachtung in Mailand kamen Christine und Franz J. unausgeschlafen und entsprechend gelaunt erst am späten Samstagnachmittag in Wien-Schwechat an. Und mussten sich postwendend beim "Lost & Found"-Schalter anstellen: Die Koffer hatten die Irrfahrt nicht mitgemacht und waren auch auf direktem Weg nicht in Wien gelandet.

Frühstart

Dabei hatte die Rückreise früher begonnen als geplant. Beim Einchecken in Palermo bot Alitalia den beiden Wienern einen früheren Flug an. Statt um 12 Uhr könnten sie bereits um 10.20 Uhr nach Rom abheben. Bald wurde auch der Grund für das eher ungewöhnliche Angebot sichtbar. Nach einigen Diskussionen gab die Alitalia-Bodencrew zu, dass der 12-Uhr-Flug heillos überbucht worden war. Das heißt, dass man als "Stand-by"-Passagier nur dann mitkommt, wenn ein anderer Passagier auf den Flug verzichtet. Warum man auf dieser Warteliste gelandet war, obwohl man den Flug bereits im Jänner (!) gebucht – und bezahlt – hatte, konnten oder wollten die Alitalia-Mitarbeiter nicht erklären.

Um nicht in Palermo zu stranden, nahmen die beiden Wiener ebenso wie eine Handvoll weiterer Passagiere den früheren Flug. Denn inzwischen war klar geworden, dass hinter der Verschiebung mehr steckte als ein überbuchter Flug. Ein Fluglotsenstreik in Rom drohte für ein veritables Chaos im italienischen Luftraum zu sorgen.

Das mit dem Chaos am Boden begann: Gleich nach der Ankunft am römischen Airport Fiumicino erfuhren die Wien-Reisenden, dass der 14:35 Uhr-Flug RomWien gestrichen worden war. Sie müssten sich beim Alitalia-Ticketschalter ein neues Ticket besorgen.

Leichter gesagt als getan: Mittlerweile standen bereits Hunderte Reisende ohne Flug da und belagerten die Ticket-Schalter. Und Alitalia versuchte ungeniert, das Problem auf die Kunden zu überwälzen. Der gecancelte Flug sei, argumentierte etwa eine Mitarbeiterin unwirsch, ein sogenannter "Code-shared Flight", für den Alitalia nur Tickets verkaufe. Durchgeführt werde er von Air Berlin bzw. Fly Niki. Die Passagiere mögen sich daher gefälligst bei Air Berlin um ein neues Ticket anstellen. Erst der vehement und lautstark vorgebrachte Protest, man habe bei Alitalia gebucht und bezahlt, daher sei diese auch für den Weitertransport verantwortlich, war erfolgreich.

Nach eineinhalb Stunden stand endlich ein neuer Flugplan fest: RomMailand um 19 Uhr, um 21:20 Uhr weiter nach Wien. Bis zum Abflug überließ Alitalia ihre sitzen gebliebenen Kunden sich selbst. Sie bot weder Erfrischungen noch eine Mahlzeit an, wie bei Flugausfällen eigentlich üblich. Nicht einmal zu einer Einladung in ihre Businessclass-Lounge konnte sich die Airline aufraffen.

Irrflüge

B wie Berlin. Dort wollten Franz und Christine sowie die anderen Gestrandeten eigentlich nicht hin. Schon gar nicht am frühen Samstagmorgen. Aber nach einem enorm verspäteten Abflug in Rom versäumte das Häuflein der Gestrandeten den Anschlussflug in Mailand.

Und stritt mit der einzigen auf dem ausgestorbenen Flughafen Linate verbliebenen Alitalia-Mitarbeiterin über die Weiterreise. Einen Flug mit einer Fremd-Airline vom zweiten Mailänder Airport Malpensa lehnten sowohl die "Betreuerin" als auch der dann doch nach einiger Zeit aufgetauchte Standort-Manager ab. Das könnten sie nicht entscheiden. Als einzige Alternative – es war mittlerweile bereits weit nach 23 Uhr – blieben eine Übernachtung in Mailand und ein Weiterflug um 6:30 Uhr am Samstag nach Berlin. Das "Abendessen" im Hotel – ein paar Blätter Rohschinken, eine Scheibe Melone, ein altbackenes Weckerl, ein Apfel und eine Flasche Wasser – stiftete Alitalia.

Die Übernachtung fiel ebenso karg aus wie das Essen: Wegen des frühen Abflugs wurden die mittlerweile zu Vielfliegern mutierten Heimreisenden bereits um 4:45 Uhr wieder vom Hotel abgeholt. Frühstück gab es weder im Hotel noch am Flughafen und erst recht nicht im nächsten Flugzeug.

Betriebsunfall

Der Abstecher nach München war dann ein echter Betriebsunfall: AUA. Die rot-weiß-rote Lufthansa-Tochter – die an diesem Wochenende wegen Pilotenmangels mehrere Flüge absagen musste – war mit einem kaputten Jet in der iranischen Stadt Isfahan liegen geblieben und musste den Flug BerlinWien streichen. Das Pech für die Wien-Reisenden: Sie erfuhren das erst auf dem Flughafen in Berlin und konnten sich erst von dort aus um ihre Weiterreise kümmern.

Zweites Pech: Am Samstag gibt es nur drei AUA-Flüge BerlinWien, davon einen am frühen Morgen und einen am späten Abend. Air Berlin fliegt am Samstag nur zwei Mal direkt nach Wien und war ausgebucht. Einzige Alternative: Zwei weitere Flüge zu je einer guten Stunde plus zwei Stunden Wartezeit am Boden.

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