Habsburger Abdankung und Exil

Habsburger Abdankung und Exil
Rückblick: Otto Habsburg erlebte ebenso wie der Schriftsteller Stefan Zweig, wie der letzte Kaiser 1919 Österreich verlassen musste.

Mit dem Tod König Ottokars II. im Jahre 1278 begann formell die Herrschaft der Habsburger in Österreich, begründet durch Rudolf I. Mit der Ausrufung der Republik Österreich am 12. November 1918 endete sie.

Der letzte Habsburger-Kaiser Karl I., der im Jahr davor abgedankt hatte, nahm am 24. März 1919 Abschied von Österreich: "Vor 700 Jahren sind meine Vorfahren von der Schweiz nach Österreich gekommen. Nun nach 700 Jahren nehme ich den gleichen Weg zurück." So verabschiedete sich Karl, als er und seine Familie am 24. März 1919 mit dem Zug Österreich verließen und ins Schweizer Exil fuhren.

Mit dabei sein erstgeborener Sohn Otto, seit dem Tod Kaiser Franz Josephs I. 1916 auch Thronfolger unter seinem kaiserlichen Vater Karl. Am Tag davor, dem 23. März 1919, war der sechsjährige Knabe Otto Habsburg noch Ministrant bei einer Messe in der Kapelle des Schlosses Eckartsau. Anschließend brach die Familie Habsburg mit engstem Gefolge zum Bahnhof Kopfstetten auf. Dort wartete bereits ein Sonderzug, um die Habsburger nach heftigem Drängen der Staatsregierung Renner ins Exil in die Schweiz zu bringen.

Tatsächlich war dies das definitive Ende der Habsburger-Herrschaft in Österreich. Schon am 11. November 1918 hatten Karl und seine Familie im Schutz der Dunkelheit das Schloss Schönbrunn durch einen Seiteneingang verlassen und waren nach Eckartsau gefahren . Im Gegensatz zum offiziellen Herrschersitz Schönbrunn erachteten die Habsburger das Marchfelder Schloss Eckartsau als ureigensten Familienbesitz.

Briten-Schutz

Habsburger Abdankung und Exil

Bewacht wurde der Zug in Kopfstetten von britischen Soldaten. Das britische Königshaus wollte den Habsburgern ein Schicksal wie der Zarenfamilie in Russland ersparen: Zar Nikolaus II. musste 1917 abdanken und wurde samt Familie im Sommer 1918 von den Bolschewiki ermordet.

Ebenso wie das Begräbnis für Kaiser Franz Joseph 1916 grub sich dem nun sechsjährigen Knaben Otto Habsburg auch die Reise ins Schweizer Exil tief ins Gedächtnis ein. Otto Habsburg im Rückblick: "Wir sind am Abend von der Station Kopfstetten gefahren, da waren sehr viele Leute, es war sehr rührend...

Ich erinnere mich sehr genau an die Abfahrt. In der Früh waren wir in Tirol, in der Gegend von Kufstein, und dann sind wir am Nachmittag in der Schweiz angekommen. Für mich als Kind war das schon sehr traurig. Ich habe verstanden, dass wir nun die Heimat verlassen mussten. Aber wir haben natürlich immer gedacht, dass das nicht lange dauern würde."

Gegenrichtung

Zufall der Geschichte: Just in dem Moment, als der Zug mit den Habsburgern die Grenze Vorarlbergs zur Schweiz passierte, reiste der Schriftsteller Stefan Zweig von der Schweiz nach Österreich zurück. Er stand am 24. März 1919 am Bahnhof der Grenzstation Buchs, als der Habsburger-Zug Österreich verließ.

Stefan Zweig schilderte die Szene im Werk "Die Welt von Gestern": "Langsam, ich möchte fast sagen majestätisch, rollte der Zug heran, ein Zug besonderer Art, nicht die abgenutzten, vom Regen verwaschenen gewöhnlichen Passagierwaggons, sondern schwarze, breite Wagen, ein Salonzug. Die Lokomotive hielt an. Eine fühlbare Bewegung ging durch die Reihen der Wartenden, ich wusste noch immer nicht, warum.

Da erkannte ich hinter der Spiegelscheibe des Waggons hoch aufgerichtet Kaiser Karl, den letzten Kaiser von Österreich, und seine schwarzgekleidete Gemahlin Zita. Ich schrak zusammen: Der letzte Kaiser von Österreich, der Erbe der habsburgischen Dynastie, die siebenhundert Jahre das Land regiert, verließ sein Reich!"

Stefan Zweig weiter: "Es war ein historischer Augenblick, den ich erlebte - und doppelt erschütternd für einen, der in der Tradition des Kaiserreichs aufgewachsen war."
Tatsächlich wurde noch in diesem historischen Moment des 24. März 1919 der Grundstein für ein jahrzehntelanges Zerwürfnis zwischen der Republik Österreich und der Familie Habsburg gelegt.

Das kam so: Karl I. hatte zwar am 11. November 1918 die Verzichtserklärung unterschrieben mit dem Kernsatz: "Im voraus erkenne ich die Entscheidung an, die Deutschösterreich über seine künftige Staatsform trifft ... Ich verzichte auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften." Der letzte Habsburger-Kaiser verzichtete also auf die Führung des neuen Staates - eine formelle Abdankung war das aber nicht. Seine Gattin Zita hatte Karl massiv unter Druck gesetzt: "Niemals! Ein Herrscher kann seine Herrscherrechte nicht verlieren."

Beim Verlassen Österreichs widerrief Karl seine Verzichtserklärung im "Feldkircher Manifest". Dies teilte er aber nicht der österreichischen Öffentlichkeit mit, sondern nur dem Papst und ein paar ausgewählten Staatsoberhäuptern in Europa. Wenigstens in Österreich versuchte Karl nicht, die Herrschaft noch einmal wiederzuerobern. In Ungarn unternahm er jedoch 1921 zwei Restaurationsversuche als König Karl IV. von Ungarn, scheiterte aber völlig.

Grund genug für die Alliierten, Habsburg und seine Familie auf die Atlantik-Insel Madeira zu verbannen. Dort starb der letzte Habsburger-Kaiser am 1. April 1922 an den Folgen einer schweren Lungenentzündung.

Habsburg-Gesetz: Ende des Adels

Parlamentsbeschluss Am 3. April 1919 wurde von der Provisorischen Nationalversammlung in Wien das Habsburger-Gesetz erlassen, es wurde 1955 im Staatsvertrag nochmals verankert.

Landesverweis Die Familie Habsburg wurde des Landes verwiesen. Alle ihre Herrscherrechte wurden abgeschafft, ebenso alle Adelstitel in
Österreich. 1938 verfügten die Nazis erneut den Landesverweis sowie die Enteignung der Habsburger.

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