Kombinierer Gruber holt historisches Gold

Jubelschrei: Gruber eroberte historisches Kombi-WM-Gold.
Der Salzburger krönt sich als erster österreichischer Kombinierer zum Weltmeister.

Bernhard Gruber wusste auf einmal nicht mehr, wie ihm geschieht. So verrückt hatte seine Gefühlswelt zuvor noch nie gespielt. Nicht einmal in den Momenten seiner größten Erfolge. "Ich habe Gänsehaut, und heiß ist mir auch", gestand der Nordische Kombinierer und aus seinen Augen sprach das Erstaunen.

Gänsehaut und Hitzewallungen zugleich – das ist die emotionale Erfolgskombination. "Für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen", sagte Gruber, nachdem ihm im Bewerb auf der Großschanze die große, goldene Stunde geschlagen hatte und der Salzburger sich als erster österreichischer Kombinierer überhaupt zum Weltmeister krönen konnte. "Wahnsinn, ich kann das nicht glauben."

Bernhard Gruber gewann diesen WM-Titel im Stile eines Großen und in der Manier eines echten Champion: einem perfekten Sprung auf der Großschanze ("das war eine echte Bernie-Bombe"), die ihm die Halbzeitführung eingebracht hatte, ließ der 32-Jährige im Langlaufrennen über zehn Kilometer dann eine taktische Meisterleistung folgen – spektakulärer Schlussangriff inklusive.

Unaufhaltsam

"Mir ist diesmal alles aufgegangen", wusste auch der Routinier. Vor allem der disziplinierte Auftritt in der Loipe war beeindruckend. Gruber ließ da seinen beiden französischen Rivalen neun Kilometer lang höflich den Vortritt, ehe er dann auf dem letzten Anstieg mit einem unwiderstehlichen und unaufhaltsamen Zwischenspurt auch noch den letzten Verfolger (Braud) abschüttelte. Den Zieleinlauf konnte der Mann aus dem Gasteinertal dann sogar genießen. "Ich hatte schon den ganzen Tag über ein lässiges Gefühl."

Dass Österreichs Kombinierer nach den eher verpatzten ersten beiden WM-Bewerben – kein Top-Ten-Platz auf der Normalschanze, nur Rang fünf im Teambewerb – auf der Großschanze den Weltmeister stellen würden, damit war nicht unbedingt zu rechnen. Dass es nun aber Bernhard Gruber ist, der sich zum ersten rot-weiß-roten Kombinierer-Weltmeister gekürt hat, ist keineswegs ein Zufall.

Lange Zeit war dieser Bernhard Gruber von der Öffentlichkeit und der Konkurrenz ein wenig unterschätzt und belächelt worden. Dabei ist er längst einer der erfolgreichsten Kombinierer überhaupt: der 32-jährige Salzburger hat schon bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften Einzelmedaillen gewonnen, er ist Teamweltmeister und Mannschafts-Olympiasieger und liegt nicht von ungefähr im Gesamtweltcup an zweiter Stelle. "Ich habe immer gewusst, dass ich es drauf habe", sagte Gruber. "Es ist einfach nur schön, wenn du das ganze Jahr auf den Tag x hintrainierst und dann machst du dort den perfekten Wettkampf."

Bernhard Gruber: Ein Vollblut-Athlet

Ein Sprung und 10 km Langlauf:
1. Bernhard Gruber AUT 22:45,8 1/15*
2. Francois Braud FRA + 11,9 3/16
3. Johannes Rydzek GER 14,9 17/3
4. Magnus Moan NOR 15,1 14/4
5. Bryan Fletcher USA 23,4 13/8
6. Jason Lamy Chappuis FRA 27,0 2/23
7. Akito Watabe JPN 30,3 9/14
8. Sebastien Lacroix FRA 30,9 19/7
9. Tino Edelmann GER 31,5 10/12
10. Eric Frenzel GER 31,5 6/17
11. Haavard Klemetsen NOR 35,8 7/18
12. Fabian Rießle GER 36,3 25/2
13. Sepp Schneider AUT 36,9 23/5
14. Maxime Laheurte FRA 44,1 5/22
15. Tim Hug SUI 44,6 14/13
19. Christoph Bieler AUT 59,3 8/27
21. Lukas Klapfer AUT 1:25,3 24/21
* = Platzierung im Springen/Langlauf

Bernhard Gruber: "Ich kann es noch gar nicht glauben, es ist so schön. Da kommen Emotionen hoch, ich habe Ganslhaut und mir ist heiß. Bei der Siegerehrung sind definitiv Tränen geflossen. Das ist schon eine besondere Ehre (als erster Österreicher Einzel-Gold zu holen, Anm.). Ich habe mir das vorher gar nicht in den Mund zu nehmen getraut. Ich hatte heute ein lässiges Gefühl. Mir ist es körperlich sehr gut gegangen. Beim Start habe ich gemerkt, dass ich ein Eisen unter den Füßen habe, dachte 'nur nicht zu schnell angehen und mit den Franzosen zusammenarbeiten'. Ich habe gewusst, dass ich am letzten Hügel schnell bin. Das ist mir heute wieder voll aufgegangen. Ich habe alles herausgelassen, was ich das ganze Jahr über erarbeitet habe. Ich habe hart darauf hingearbeitet. Es war brutal schwierig."

Christoph Eugen (ÖSV-Cheftrainer): "Das war heute ein super Tag. Ich habe es in der dritten Runde erahnt, als ich gemerkt habe, dass die Gruppe hinten taktiert. Bernie ist heute super gelaufen, ist diszipliniert hinten geblieben. Er hat gewusst, er hat Reserven. Wie er das Stück (am Schluss) rauf ist, das war schon einzigartig. Heute hat er die Bernie-Bombe gezündet. Natürlich ist er oft Genie und Wahnsinn, heute war er Genie."

Christoph Bieler (19.): "Das Anfangstempo mit den guten Läufern war sehr hoch, nach dem Sprungergebnis habe ich gewusst, dass es schwer wird. Mit der Laufleistung war ich aber zufrieden."

Lukas Klapfer (21.): "Ich glaube, von der Position (24. nach dem Sprung, Anm.) kann man nur alles oder nichts laufen. Nach zwei Runden habe ich gesehen, dass es nicht geht, dann war das Rennen gelaufen. Das ist ein Wahnsinn, dass Österreich zum ersten Mal Weltmeister ist. Bernie hat sich das absolut verdient, er ist auf der Normalschanze so unter seinem Wert geschlagen worden."

Peter Schröcksnadel (ÖSV-Präsident): "Das ist historisch, wir hatten noch nie einen Weltmeister. Das freut uns im Hinblick auf Seefeld sehr, weil der ganze Sport einen zusätzlichen Aufwärtstrend bekommen kann. Gut waren wir in der Kombination immer, wir waren ja nie schlecht, aber es gibt Verhältnisse, wo wir schnelle Ski haben und alles passt - es hat heute gepasst. Ich bin sicher, dass auch die Skispringer heute noch was gewinnen. Wir hatten von Sulzenbacher angefangen über Gottwald immer schon gute Athleten, der Grubi war vielleicht nicht immer so im Vordergrund. Dass er das zusammenbringt, das freut uns."

Ernst Vettori (Sportlicher Leiter ÖSV): "Es gibt den Wunsch, Medaillen zu gewinnen, aber Gold zu gewinnen, steht über allem. Das ist historisch. Er hat das so souverän und clever gemacht, fantastisch. Das kann man nur den Hut ziehen. Irrsinnig stark war der Schlussanstieg, da ist er dem Braud davon, da ist es mir nur noch kalt über den Rücken gelaufen. Er hat es sich über die ganzen Jahre hart erarbeitet, er ist unser stärkster Mann und hat es sich absolut verdient. Das ist natürlich für die Jungen ein Mordsansporn. Wir haben jetzt das Ziel erreicht, dass jeder Sparte eine Medaille macht, das war mein großer Wunsch. Dass wir sogar die Goldmedaille haben, ist natürlich für die ganze Mannschaft toll. Wir haben jetzt noch ein paar schöne Aufgaben und können locker drauflossporteln."

Geboren: 12. August 1982 in Schwarzach/Salzburg
Wohnort: Bad Hofgastein/Salzburg
Größe/Gewicht: 1,85 m/71 kg
Familienstand: ledig, 1 Sohn
Verein: SC Bischofshofen
Hobbys: Mountainbiken, E-Gitarre, Schlagzeug, Tennis, Surfen
Homepage: www.berni-gruber.at

Größte Erfolge:
Olympia (1-0-2): Gold Team und Bronze Großschanze Vancouver 2010,
Bronze Team Sotschi 2014
WM (3-2-0): Gold Einzel 2015 Falun Großschanze, Gold Team Oslo 2011
Normalschanze und Großschanze, Silber Einzel und Team-Sprint (mit
Wilhelm Denifl) Val di Fiemme 2013 Großschanze
Weltcup: 5 Siege
Universiade: Zweimal Gold 2005
Junioren-WM: Bronze 2000
Beste Saisonplatzierungen: 1. Val di Fiemme, 2. Kuusamo, Seefeld II,
Val di Fiemme, 3. Chaux-Neuve

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