Das Gipfeltreffen der Landsleute

Fokussiert: Tommy Samuelsson verstärkte den Vizemeister und will mehr.
Schwedischer Coach gegen schwedischen Coach – oder Capitals gegen den KAC.

Es ist schon Tradition, dass der Meister (KAC) und sein Vize (Vienna Capitals) die neue Saison eröffnen.

In der Schultz-Halle treffen am Sonntag die Vienna Capitals auf den KAC (17.45 Uhr/ServusTV) und wollen dabei die 0:4-Schmach aus dem Finale ein wenig vergessen lassen. Bei den Caps fehlen Fletscher und Matheson, beim KAC sind Koch, Lundmark, Siklenka nicht dabei.

Wie im Finale stehen zwei schwedische Cheftrainer hinter den beiden Teams: In Klagenfurt Christer Olsson(43), in Wien Tommy Samuelsson (53). Die beiden haben nie zusammen gespielt. Aber sie haben dieselbe Philosophie im Eishockey, eben den schwedischen Weg. „Wir spielen nicht so aggressiv wie in der NHL“, skizziert Olsson.„Wir forcieren die individuelle Technik.“ Samuelssons Philosophie: „Wir wollen das Spiel kontrollieren. Und wenn der Gegner Energie bekommt, müssen wir diese Phase clever überstehen.“

KURIER: Wie lange hat Sie die Finalniederlage noch beschäftigt?
Tommy Samuelsson: Ein paar Wochen. Ich weiß, wie schwer es ist, ein Finale zu erreichen. Und wenn du beim letzten Pfiff auf der falschen Seite stehst, bist du so leer im Kopf und im Körper. Man stellt sich die Frage, ob man alles richtig gemacht hat. Aber das bringt nichts. Man kann die Vergangenheit nicht mehr ändern.

Im Nachhinein betrachtet: Was war der Grund für das 0:4?
Aus meiner Sicht war es das erste Spiel in Wien, das wir unglücklich 0:1 verloren haben. Dann folgte das zweite Spiel, das du in der Verlängerung verlierst. Aber es gibt keine Ausreden, wenn du 0:4 verlierst. Man hat schnell gesehen, wie fokussiert die KAC-Spieler waren, nachdem sie davor das Finale verloren hatten. Uns hat die Semifinalserie gegen Salzburg sehr viel Kraft gekostet.

Hatte die Finalniederlage Auswirkungen bei der Kaderplanung?
Nein. Nach dem 0:4 hätten wir die ganze Mannschaft tauschen müssen (Anm. lacht). Wir machen ein Resümee über die ganze Saison.

Was soll die Capitals in dieser Saison auszeichnen?
Wir wollen ein Team sein, das das Spiel kontrollieren kann. Es gibt Phasen, in denen der Gegner viel Energie hat, dann muss man diese clever überstehen und danach das Spiel wieder unter Kontrolle nehmen. In dieser Hinsicht haben wir letzte Saison einen großen Schritt nach vorne gemacht.

Auffallend ist, dass die Capitals in der Defensive tiefer besetzt sind.
Auch deshalb, weil die Jungen seit vergangenem Dezember viel zum Einsatz gekommen sind. Patrick Peter zum Beispiel hat immer gespielt, auch in wichtigen Phasen der Spiele.

Aber Peter war im Finale sechster Verteidiger. Jetzt sind zwei Legionäre mehr da und er ist siebenter oder achter Verteidiger.
Sagen Sie. Nein, wir werden möglichst viel mit sieben Verteidigern spielen. Der Spielplan ist so dicht, dass wir die große Tiefe in der Mannschaft brauchen werden.

Können Sie die neuen Spieler ein wenig beschreiben.
Matheson hat viel Erfahrung, er war in einer der besten AHL-Mannschaften. Er ist sehr ruhig in seinem Spiel und soll ein Vorbild für die Jungen sein – auf und abseits des Eises. Fletcher ist mehr ein Charakter-Spieler, wenn es um die Defensive geht und Schüsse geblockt werden müssen. Er ist ein sehr guter Eisläufer, was uns in der Offensive auch helfen wird. Für beide gilt, dass sie sehr gute Charaktere sind und dass sie sehr talentiert sind. In der Offensive haben wir Sylvester, den wir schon zwei Jahre lang beobachtet haben. Er ist ein Spielmacher und kann alles spielen. Ich hoffe, er bringt uns in der Offensive weiter. Er ist sicher einer, der für die Fans sehr spektakulär sein wird. Und hoffentlich gefährlich für die Gegner.

Ouellette war einer der begehrtesten Spieler in der Liga.
Er bringt seit Jahren sehr gute Leistungen in der Liga, auch mit verschiedenen Teams. Er steht für Qualität. Er kann in jeder Phase spielen, ist gut am Bully und macht auch seine Punkte. Dazu haben wir Hartl von Villach und Puschnik aus Salzburg verpflichtet. Beide sind noch in der Entwicklung, sie brauchen noch viel Arbeit im Training und Eiszeit. Der Beweis, wie wichtig regelmäßige Eiszeit für junge Spieler ist, haben Peter und Schweda in der vergangenen Saison gezeigt.

Und mit David Kickert habt ihr neuen Ersatzmann für Tormann Matt Zaba aus dem eigenen Nachwuchs geholt.
Er hat ein unglaubliches Potenzial. Ich glaube, ich habe noch nie so ein Torhütertalent gesehen. Und dazu kommt, dass er mental sehr stark ist, obwohl er erst 19 Jahre alt ist.

Fans, Journalisten oder auch Sportler selbst erwarten nach einer Saison immer eine Steigerung. Das wäre heuer der Titel. Wie gehen Sie damit um?
Klar redet man vor der Saison über Ziele und Erwartungen. Der Traum oder die Vision ist es auch, in acht, neun Monaten dort zu sein. Aber man kann sich nicht über einen so langen Zeitraum darauf fokussieren. Du musst kurzfristige Ziele haben. Also für das erste Spiel oder die nächsten fünf. Wenn wir jeden Tag unser bestes geben und wir ohne Verletzungen bleiben, dann kann alles passieren. Wir reden, dass wir letzte Saison so gut waren. Aber wir haben als Erster 28 Siege gehabt. Der Sechste hat 26 Siege gehabt. So knapp war die Liga. Und heuer wird es noch ausgeglichener. Das Niveau hat sich sehr gesteigert in den letzten Jahren.

Die Capitals haben im Vergleich zu anderen Teams die Philosophie immer vorne mitzuspielen und nicht erst im Play-off stark zu sein.
Wenn wir im Grunddurchgang gut sind, ist unsere Ausgangslage für das Play-off besser. Es geht dabei vor allem darum, Schlüsselspiele zu gewinnen, oder schwierige Partien zu drehen, wenn man hinten ist. Das ist für die mentale Stärke im Play-off sehr wichtig. Du musst vor dem Play-off dieses Selbstvertrauen aufbauen.

Können Sie die Gegner schon ein wenig einschätzen?
Wenn wir über die Namen reden, dann hat sich Graz gut verstärkt. Sie werden sicher ganz oben mitspielen. Dann natürlich Salzburg mit neuer Energie durch den neuen Coach. Aus Linz hört man keine großen Töne, sie sind aber auch gefährlich. Das ist die kompakteste Mannschaft der Liga. Villach ist immer gefährlich. Und mit dem KAC muss man auch immer rechnen. Das ist eine solide Mannschaft, mit viel Play-off-Erfahrung in den letzten Jahren.

Ihr habt bei fast 40 Grad mit dem Training begonnen. Wie froh sind Sie, dass die Rekordhitze in Wien zu Ende ist?
Die ersten zwei Wochen waren hart. Wir Schweden sind das nicht gewöhnt. Schon gar nicht, wenn man auf das Eis gehen muss. Jetzt gefällt es mir mehr, 23 Grad, knallblauer Himmel. Es freut mich, dass der Herbst in Wien so schön ist.

Wo sieht man Sie privat in Wien?
Jede freie Minute verbringe ich mit meiner Frau und meinen Hunden. Meine Frau liebt das Belvedere. Manchmal hat sie Glück, dass ich mit gehe. Ich bin mehr auf der Donauinsel oder im Prater mit den Hunden unterwegs. Die Zeit abseits der Eishalle ist so wichtig, dass ich da keinen Zeitplan brauche. Da muss ich abschalten.

Was gefällt Ihnen nach mehr als zwei Jahren als Capitals-Trainer an Wien?
Ich finde das Wetter sehr gut. Obwohl alle nur über den Nebel in Wien reden. Die Menschen sind sehr gemütlich und höflich. Die gesamte Stadt gefällt mir. Ich bin neun Monate hier, Wien ist dann meine Heimat. Es gibt wirklich nichts Negatives. Als ich 1995 als Spieler aus einer 50.000er-Stadt gekommen bin, habe ich nicht erwartet, dass Wien so groß ist. Ich habe damals zu meiner Frau gesagt, dass ich es maximal ein Monat lang aushalte. Jetzt gehe ich insgesamt in meine fünfte Saison in Wien.

KURIER: Vizemeister gegen Meister gleich zum Auftakt der neuen Saison – ist das bereits eine Standortbestimmung?
Keineswegs. Es ist das Erste von mehreren Spielen gegen die Vienna Capitals. Aber natürlich wollen wir es gewinnen. Wir müssen nur bereit sein dafür.

Wie schätzen Sie den KAC in der heurigen Saison ein?
Auf dem Papier sind wir wahrscheinlich schwächer geworden. Wir haben mit Raphael Herburger, Thomas Hundertpfund und Martin Schumnig drei Topspieler verloren. Der KAC hat ihnen die Chance gegeben, sich im Ausland zu verbessern. Dazu kommt, dass Johannes Kirisits erneut an Krebs erkrankt ist. Mit ihm fällt ein Mann aus, der für seine Verlässlichkeit bekannt ist. Und schließlich hat Gregor Hager die Schlittschuhe an den Nagel gehängt.

Dafür ist Thomas Pöck nach 13 Jahren zum KAC zurückgekehrt. Was erwarten Sie sich von ihm?
Er hat NHL-Erfahrung und zählt zu den besten Verteidigern in Österreich. Ich glaube, dass wir mit ihm in der Defensive sicher stärker sind als wir es in der vergangenen Saison waren.

Und in der Offensive? Da ist ja der Aderlass besonders groß.
Das stimmt. Deshalb wurde auch der Kanadier Colton Fretter anstelle des verletzten Jamie Lundmark für zwei Monate geholt. Er fehlt allerdings noch in Wien.

Aber ein Fretter macht noch lange nicht die gewohnte Stärke aus?
Wir bauen auf die Jungen. Sieben sind zum ersten Mal dabei. Drei, vier werden zum Einsatz kommen. Denn es bleibt dabei: Auch in der neuen Saison werden wir mit sieben Verteidigern und 13 Stürmer antreten. Wir wollen auf demselben Level wie im Meisterjahr spielen. Als KAC hast du keine andere Wahl.

Das bedeutet aber hohen Druck auf Spielern und Trainer?
Ich will versuchen, den Druck von der Mannschaft zu nehmen. Auch wenn sich das leicht sagt.

Was sagen Sie zu den Gegnern?
Es kann wirklich jeder jeden schlagen. Die Meisterschaft wird noch ausgeglichener sein.

Und das Niveau in Österreich?
Das österreichische Eishockey entwickelt sich ständig weiter. Das zeigt die Olympia-Teilnahme in Sotschi. Vom Niveau her ist die EBEL nur minimal hinter der deutschen Liga zurück. Das haben auch diverse Ergebnisse in der Vorbereitung gezeigt. Wir brauchen uns nicht mehr zu verstecken.

Und Tommy Samuelsson?
Ein sehr erfahrener Coach mit guter Reputation. Nicht umsonst war er 2009 in Schweden Trainer des Jahres.

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