Austria gleicht einer Großbaustelle

Abgegraben: Die Austria hat nach dem Meistertitel und dem Einzug in die Champions League vieles aus eigenem Verschulden kaputtgemacht.
Der Meister verlernte das Siegen und will drei Spieler holen. Coach Bjelica wurde bestätigt.

Man glaubt es kaum, aber die Austria hat doch noch Grund zum Feiern. Denn am Montag hatten Präsident Wolfgang Katzian und Alexander Gorgon Geburtstag. Das war es aber auch schon mit der Hochstimmung in Violett. Derzeit gleicht der Meister einer Großbaustelle. Denn nach dem 0:1 im Derby gegen Rapid sind die Probleme des Herbstes, die im Frühjahr und Sommer schon im Untergrund schlummerten, so richtig aufgebrochen.

Nur ein Sieg in den letzten zwölf Pflichtspielen, Platz fünf in der Liga mit fünf Zählern Rückstand auf den angestrebten zweiten Rang. Die Champions League hat die wahren Probleme lange Zeit überstrahlt. Einen Hauptschuldigen sehen viele in Trainer Nenad Bjelica, doch auch die Spieler und die sportliche Führung haben ihren Anteil an der aktuellen Misere. Bekannt ist, wo ein Fisch zu stinken beginnt.

Die sportliche Führung Mit dem Blick auf die Gruppenphase der Champions League hat man Suttner und Hosiner nicht nach Deutschland gehen lassen. Im Nachhinein war es ein Fehler, die Millionen nicht zu nehmen und eventuell neue Spieler dafür zu kaufen. Der Austria ist es nicht gelungen, Spieler am Höhepunkt ihres Schaffens in bare Münze zu verwandeln.

Sportvorstand Thomas Parits hatte in der Krisenzeit unter Trainer Vastic im Frühjahr 2012 Dare Vrsic als neuen Spielmacher verpflichtet, um die aufgebrachten Fans zu beruhigen. Vrsic wurde zum ultimativen Flop und auch diesen Sommer nicht an den Verein gebracht. Er spielt absolut keine Rolle. Man wollte im Sommer an der Meistermannschaft, die in der vergangenen Saison ihren Zenit erreicht hatte, festhalten und scheute Veränderungen. Nenad Bjelica wies immer wieder darauf hin, dass das Team frisches Blut brauchen würde. Nach den Pleiten gegen Kalsdorf und die Admira hat man den Zeitpunkt verpasst, gehörig auf den Tisch zu hauen. Erst jetzt werden jene Konsequenzen gezogen, die schon Meistermacher Peter Stöger im Frühjahr angedacht hatte. Nach einer Unterredung der sportlichen Leitung mit dem Trainer wurde bekanntgegeben: Im Winter kommen drei Neue.

Der Trainer Nenad Bjelica hatte keinen leichten Start und viel zu verlieren nach dem Gewinn der Meisterschaft. Selbst Meistertrainer Peter Stöger hatte die Folgen erahnt und daher umso entschlossener das Kölner Angebot angenommen.

Bjelica hat einen anderen Führungsstil als Stöger, an den sich die erfolgsverwöhnten Spieler erst gewöhnen mussten. „Ich bin ihnen entgegengekommen, wollte nicht viel verändern. Damit ist jetzt Schluss.“ Mit emotionalen Aussagen wie jenen bei der Pressekonferenz nach der Derby-Pleite schießt sich der Trainer nur selbst ins Knie, auch wenn er seine Worte nicht bereut. Zieht er sein Vorhaben durch, droht vielleicht innerhalb der Mannschaft eine Spaltung. Gegen den Trainer spricht, dass auffallend viele Stammkräfte weit unter ihren Möglichkeiten agieren, die Austria im Spiel wirkt, als fehle ihr ein Plan und eine Idee. Scheinbar benötigt dieses Team klare Vorgaben.

Gegen den Trainer spricht auch die Statistik der letzten zwölf Spiele: Das heroische 0:0 in St. Petersburg hat viele glauben lassen, dass die Baustelle in Violett doch nicht so groß und tief ist.

Die Spieler Sie stehen ebenfalls in der Pflicht. Einige jammern, raunzen und äußern zwischen den Zeilen ihren Unmut. Für Abspielfehler über wenige Meter können sie aber nicht den Trainer verantwortlich machen. Aufgrund der Verletztenliste wissen zudem einige Spieler, dass es zu ihnen derzeit keine Alternativen gibt.

Vielleicht hat man sich auch vom Glanz der Champions League blenden lassen und dadurch das täglich Brot der Meisterschaft nicht mehr so genau gesehen.

Mangelnden Willen darf man den Austrianern a priori nicht unterstellen, bei vielen ist jedoch das Leistungslimit erreicht.

Bjelica hat vor dem Spiel am Samstag in Wiener Neustadt personelle Konsequenzen angekündigt. Am Montag besprachen am Vormittag Manager Kraetschmer und Parits die Lage, am Nachmittag folgte eine Unterredung der zwei Vorstände mit dem Trainer. Kraetschmer: „Wir halten an Bjelica fest. Er hat die Freiheiten, durchzugreifen.“ Im Dezember 2011 hat man auch an Karl Daxbacher festgehalten. Tags darauf war er Ex-Austria-Trainer ...

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