Rapid: Sechs Gründe für sechs Tiefschläge in Valencia

Für Matej Jelic ist das Kapitel Rapid (vorerst) beendet.
Rapid wurde in der Europa League von Valencia blamiert. Wie konnte das historische Debakel passieren?

0:6! In Valencia ging mehr als nur ein Satz verloren. Rapid hat sich im Mestalla nicht nur die höchste Niederlage der grün-weißen Europacup-Geschichte abgeholt, sondern auch für die Rekord-Pleite der 2009 gegründeten Europa League gesorgt.

Damit ist die, wie es Trainer Zoran Barisic formulierte, "bis zu diesem Tag schöne Reise durch Europa" brutal zu Ende gegangen. Zu den 35.000 verkauften Tickets für das Rückspiel werden nicht mehr viele dazukommen. Es geht noch um die Ehre, die UEFA-Prämie und den fünften Europacup-Startplatz für Österreich in der Saison 2017/’18 – ein Sieg fehlt.

Sportdirektor Andreas Müller ist sauer wie noch nie: "Unser Auftritt war so hoffnungslos naiv, dass es fahrlässig war." Der Deutsche rechnet mit richtungsweisenden Wochen: "So, wie wir jetzt reagieren, kann das die Meisterschaft entscheiden." Schon morgen wartet Sturm. In Graz werden Kainz und Hofmann fehlen. Die Verletzung des Kapitäns, die zur Auswechslung vor dem Pausenpfiff führte, stellte sich als Wadenprellung heraus. Kainz erlitt ebenfalls in der ersten Hälfte bei einem Zusammenstoß eine Gehirnerschütterung und hat Erinnerungslücken. Das Debakel war für den Teamspieler also wortwörtlich ein Spiel zum Vergessen.

Rapid: Sechs Gründe für sechs Tiefschläge in Valencia
ABD0157_20160218 - VALENCIA - SPANIEN: Zoran Barisic (Trainer SK Rapid Wien) am Donnerstag, 18. Februar 2016, während eines Europa-League-Spieles zwischen Valencia und SK Rapid Wien in Valencia. - FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH

Auch wenn die Zeit zur Aufarbeitung kurz ist, müssen sich die Rapidler nach dieser historischen Abfuhr kritische Fragen stellen. Wie konnte das nur passieren? Sechs Gründe für das 0:6:

Zweikampfschwäche

Die Rapidler wollten die Aufgabe spielerisch lösen und gingen zu spät oder nicht mit 100 Prozent in die Zweikämpfe. Barisic: "So, wie wir verteidigt haben, geht’s nicht. Und schon gar nicht gegen Valencia."

Formschwäche

Die im Herbst überragende linke Seite hat an Form verloren, und auch das Zentrum mit Petsos und Schwab agiert im Frühjahr wesentlich schwächer. Ein Grund ist sicherlich die Ablenkung durch die Zukunftsplanung (bei anderen Vereinen), so hat es Stangl auf die Wunschliste des Premier-League-Klubs Watford geschafft. Ein anderer ist der wegen der vielen Verletzten lange fehlende Konkurrenzkampf. Erst in den kommenden Wochen werden die Rekonvaleszenten im Training wieder für Match-Bedingungen sorgen.

Taktik

In der Gruppenphase hatten die Trainer den Spielern stets die passende Taktik mitgegeben, um auch nominell stärkere Teams in Schach zu halten. Gegen Valencia gab es bei den sich gleichenden Spielzügen Überforderung. Müller: "Man kann darüber diskutieren, ob eine rasche Umstellung noch etwas hätte retten können."

Übermut

Rapid ließ sich vom 3:0 im Derby und den mauen Vorstellungen Valencias täuschen. "Nach dem schnellen 0:1 muss man sich stabilisieren. Und nicht wie wir sofort auf das 1:1 drängen", schimpft Müller. "Die Spieler haben die Gefahr nicht gerochen und wollten weiter mitspielen. Da fehlt uns die Cleverness."

Valencias Renaissance

Valencia-Trainer Gary Neville betonte, wie viel sein erster Ligasieg (2:1 gegen Espanyol) just vor dem Rapid-Spiel verändert habe: "Plötzlich war das Selbstvertrauen wieder da. Und mit den beiden schnellen Toren kam auch die Fantasie zurück, die so ein Ergebnis ermöglicht. Unsere erste Hälfte war wirklich fantastisch."

Chancenverwertung

Rapid spielte diese Saison bereits eine so schlechte erste Hälfte – zu Hause gegen Ajax. Die Niederländer führten aber "nur" 2:0, weil viele Chancen vergeben wurden und ließen so die Wiener leben. Valencia hat hingegen, anders als in der Liga, bis auf einen Negredo-Kopfball vor der Pause alle guten Chancen genutzt. Müller: "Da sieht man dann die Qualität, für die über 100 Millionen ausgegeben wurden."

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