"Rapid ist keine One-Man-Show"

"Rapid ist keine One-Man-Show"
Warum Sportdirektor Andreas Müller mehr mit Trainer Barisic als mit seiner Frau spricht.

Nach 100 Tagen im Amt ist Andreas Müller froh, das Angebot von Rapid und nicht eines als Nachwuchs-Chef in Deutschland angenommen zu haben. Der 51-jährige Sportdirektor ist glücklich in Wien. Vor dem Heimspiel gegen Admira erklärt Müller im KURIER-Interview seine Arbeit und die Pläne bei Rapid.

KURIER: Was hat Sie in Österreich bisher überrascht?

Andreas Müller: Bei Rapid bin ich angenehm überrascht von dieser hohen spielerischen Qualität, speziell bei den Jungen. Und zu Wien kann ich schon sagen: Das ist die schönste Stadt Europas.

In persönlichen Gesprächen sind Sie stets offen und freundlich. Warum wirken Sie bei TV-Aufnahmen zumeist grantig?

Meine Frau hat auch schon gesagt: Wenn ich dich im Fernsehen sehe, befürchte ich, dass ihr 0:3 hintenliegt. Ich würde nie wie manch andere grinsen, um sympathischer rüberzukommen. Ich glaube, dieser Grantlerausdruck kommt, wenn ich besonders konzentriert bin. Mir geht auch mal der Gaul durch. In Deutschland ist mir das öffentlich passiert. Aber die Leute bei Rapid können bestätigen, dass ich ein lustiger Mensch bin.

Wann waren Sie sicher, dass es mit Trainer Barisic funktioniert?

Ich hatte sofort ein sehr gutes Gefühl, weil dieser Weg mit den Jungen sein Weg ist und er bei der Ansprache ein echter Fußballer ist. Wichtig war mir auch, dass er als Teamplayer auftritt. Er weiß: Rapid ist keine One-Man-Show.

Alle loben Barisic. Sie, Ihr Vorgänger, Präsident Krammer, dessen Vorgänger – ist Barisic ein Menschenfänger?

Er ist einfach geradeherraus, absolut loyal, für jede Kritik offen und hat einen Top-Charakter. Wie er mit Menschen umgeht, findet man im Fußball nur noch selten. Ich finde es großartig, wie er das Team nach schlechten Ergebnissen schützt, während er in der Kabine die Fehler ganz klar anspricht.

So wie Sie über den Trainer sprechen, könnte noch Ihre Frau eifersüchtig werden.

Nein, nein. Ich spreche tatsächlich mehr mit ihm als mit meiner Frau. Aber die übersiedelt im Sommer nach Wien, dann wird es für mich leichter. Sie kennt das schon von Schalke: Da war ich auch mehr mit Rudi Assauer zusammen als mit ihr.

Wann macht der Fußball Pause?

Ich liebe mein Leben, und mein Leben ist Fußball. Es gibt für mich nichts Wichtigeres, als andauernd mit allen zu kommunizieren. Dadurch können wir auch mehr Transparenz für unsere Fans reinbekommen.

Barisic bevorzugt spielerische Typen wie Schaub, Wydra, Pavelic oder den Ex-Rapidler Gartler. Sie betonen stets, wie wichtig die "Malocher" sind. Kracht’s da bei der Kaderplanung?

Überhaupt nicht. Ich bin genauso überzeugt, dass wir richtig gute Kreativspieler brauchen. Aber Zoki weiß, dass Spieler wichtig sind, die auch für das Gröbere zuständig sind. Schauen Sie nach Barcelona: Selbst die hatten mit Puyol lange so einen.

Haben Sie beide die idente Fußball-Philosophie?

Wir denken einheitlich. Philosophie ist für mich im Fußball eher nur ein Wort, das sich gut anhört. Da gibt’s Sitzungen mit Powerpoint-Präsentationen, wo die Philosophie erklärt wird. Dann wird sie aber nicht gelebt. Mir geht’s darum: Wir haben einen Gedanken und den leben im Verein wirklich alle.

Wann werden Sie die geplante Vertragsverlängerung mit Barisic verkünden?

Man muss das so aufbereiten, dass es für alle Seiten passt und im Präsidium beschlossen werden kann. Ich bin absolut zuversichtlich, dass das sehr bald sein wird.

Rapid will das Finanzrisiko zu Saisonbeginn minimieren. Wie viel müssen Sie einsparen?

Eine sechsstellige Zahl. Wir haben da Ideen: Es ist angedacht, Erfolge wie die Qualifikation für die Gruppenphase der Europa League stärker zu belohnen und dafür bei den Fixkosten etwas zu bewegen. Das Risiko, viele Prämien zu bezahlen, ohne in den Europacup zu kommen, ist für den Verein nicht gut.

Angenommen, Sie können nur einen gestandenen Neuzugang finanzieren. Für welche Position wäre das?

Wir wissen noch nicht, ob Dibon und Behrendt auch in der kommenden Saison für Rapid spielen. Wenn nicht, muss der Neue ein Innenverteidiger sein. Sollten unsere Pläne aufgehen, ist ein Spieler mit Führungsqualitäten für das zentrale Mittelfeld das Ziel. Wir beobachten dabei die Liga und das angrenzende Ausland. Nach diesen Entscheidungen wird meine Arbeit auch für die Fans besser zu beurteilen sein.

Sie kennen die Zeit, als gute Spieler noch nicht wie Pop-Stars behandelt wurden. Sehnen Sie sich danach zurück?

An dieser Entwicklung sind auch die Vereine schuld. Wir bestimmen ja, wie viel Fußballer verdienen. Das wäre ohne Fans nicht möglich. Deshalb ist mir das Wichtigste, dass sie ihre Situation zu schätzen wissen, demütig auftreten und mit beiden Beinen auf dem Boden bleiben. Ich sehe aber auch eine andere Gefahr.

Und zwar?

In den Akademien werden oft alle Ecken und Kanten der Talente abgeschliffen, bis es keine Typen mehr gibt. Die sollen aber nicht alle gleich sein. Ein Junger darf auch einmal verrückt sein – sofern du einen Trainer hast, der die Persönlichkeit hat, damit umgehen zu können.

Porträt: Andreas Müller

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