Polizei durchsuchte die Zentrale der UEFA

Harte Zeiten: Kaum FIFA-Boss muss sich Infantino rechtfertigen.
Verträge über Fernsehrechte bringen FIFA-Boss Infantino in Bedrängnis.

Der neue FIFA-Präsident Gianni Infantino ist nur sechs Wochen nach seiner Wahl massiv in Erklärungsnot geraten. Nach Enthüllungen in den "Panama Papers" über zweifelhafte Geschäfte des Ex-UEFA-Generalsekretärs durchsuchte die Schweizer Bundespolizei am Mittwoch die Zentrale der Europäischen Fußball-Union in Nyon. Im Fadenkreuz der Justiz sind Verträge mit der Briefkastenfirma Cross Trading.

Wie die Schweizer Bundesanwaltschaft wenig später mitteilte, ermittelt die Behörde wegen des "Verdachts der ungetreuen Geschäftsbesorgung und eventuell der Veruntreuung" in einem Strafverfahren. Es stehe "in Zusammenhang mit dem Erwerb von TV-Übertragungsrechten und richtet sich gegen unbekannte Täterschaft". Bei der Razzia in der noblen Verbandszentrale am Genfer See und an einem weiteren unbekannten Ort sollten "Beweise sichergestellt" werden.

Die UEFA, die tags zuvor noch ebenso wie Infantino in teils drastischer Wortwahl die Vorwürfe zurückgewiesen hatte, sicherte den Behörden ihre Zusammenarbeit zu. "Natürlich stellt die UEFA der Bundespolizei alle relevanten Dokumente in ihrem Besitz zur Verfügung und wird vollumfänglich kooperieren", hieß es in einer Mitteilung.

"Fairer und transparenter Prozess"

Stein des Anstoßes waren Berichte der Süddeutschen Zeitung, wonach Infantino 2006 in seiner Funktion als Direktor der UEFA-Rechtsabteilung Verträge über Fernsehrechte mit dem Unternehmen Cross Trading unterzeichnet haben soll, deren Eigentümer zwei der heutigen Angeklagten im FIFA-Skandal sind. Konkret geht es um die Argentinier Hugo und Mariano Jinkis, die mit den Verträgen TV-Rechte für die Champions League für den Zeitraum von 2006 bis 2009 erworben und mit hohem Gewinn nach Südamerika weiterverkauft haben sollen. Der offizielle Sitz der Firma befindet sich auf der Insel Niue im Südpazifik.

Laut den in den "Panama Papers" enthaltenden Informationen hat Cross Trading die besagten Rechte damals für 110.000 US-Dollar erworben und für 311.000 Dollar an die ekuadorianische Firma Teleamazonas veräußert. Die UEFA wickelte das Geschäft über die Agentur TEAM Marketing mit Sitz in Luzern ab, Infantino sitzt dort seit 2014 im Aufsichtsrat. Laut einer Mitteilung des Unternehmens erfolgte die Vergabe nach einem "fairen und transparenten Prozess". Mit Cross Trading/Teleamazonas habe der Höchstbieter den Zuschlag erhalten, wobei Cross Trading im Auftrag von Teleamazonas gehandelt habe.

Scharfe Worte

Infantinos vollmundiges Versprechen könnte keine zwei Monate nach seiner Wahl zum Nachfolger des gesperrten früheren FIFA-Chefs Joseph Blatter ad absurdum geführt werden. "Ich will eine neue Ära bei der FIFA einläuten, bei der der Fußball wieder ins Zentrum rückt", hatte der Schweizer Ende Februar gesagt. Doch nun dominiert schon wieder das Geschehen abseits des Platzes die Schlagzeilen.

Sowohl Infantino als auch die UEFA reagierten mit ungewohnt ausführlichen Stellungnahmen und teils scharfen Worten. "Es gibt keinerlei Anzeichen für irgendein Fehlverhalten der UEFA oder mir in dieser Angelegenheit", wurde Infantino in einer Pressemitteilung der FIFA zitiert. Die UEFA reagierte "bestürzt" auf die Medienberichte und suggerierte "nicht nur einen traurigen Tag für den Fußball, sondern auch einen traurigen Tag für den Journalismus". Infantino gab an, niemals persönlich mit Cross Trading oder deren Eigentürmern verhandelt zu haben.

Falsche Auskünfte

Vorwerfen lassen müssen sich UEFA und Infantino jedoch, dass sie zunächst falsche Auskünfte gegeben haben. Zunächst hatte die Konföderation im September 2015 der SZ verneint, dass es "geschäftliche Beziehungen" mit Angeklagten im FIFA-Skandal gegeben hätte. Erst vor gut einer Woche habe die UEFA eingeräumt, dass es einen Vertrag mit der Firma von Jinkis gab. Zur Zeit der ersten Antwort habe man noch nicht "jeden unserer Tausenden von Werbeverträgen" überprüft, teilte die UEFA mit.

Der ebenfalls durch die "Panama Papers" in Bedrängnis gebrachte Anwalt Juan Pedro Damiani aus Uruguay trat am Mittwoch aus der FIFA-Ethikkommission zurück. Er soll drei Angeklagten im FIFA-Skandal zu Offshore-Firmen verholfen haben, über die möglicherweise Fußball-Funktionäre bestochen worden sein sollen.

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