Herzog: "Arnautovic ist eigentlich ein guter Kerl"

Erstmals seit 64 Jahren, seit eine ÖFB-Auswahl in Helsinki mitkicken durfte, könnte ein Österreicher wieder bei Olympia am (Fuß-)Ball sein. Sofern sich Andreas Herzog zu Ostern als Headcoach mit dem US-Olympiateam in zwei Spielen gegen Kolumbien für Rio qualifiziert. Am Donnerstag bricht der ÖFB-Rekordinternationale, der inzwischen auch beim Sammeln von Flugmeilen auf Rekordkurs ist, wieder Richtung Amerika auf. New York, Chicago, Miami, Baranquilla (Kolumbien), Texas lauten allein in den nächsten zwei Wochen die Ziele des einst flugscheuen Wieners.

KURIER: Bedauern Sie, dass aus dem Teamchef-Job in Österreich für Sie nichts geworden ist? Schließlich sollen Sie zur Diskussion gestanden sein.

Andreas Herzog: Nach dem Abgang von Pepi Hickersberger, dann nach Karel Brückner und schließlich nach der Ära von Didi Constantini wurde mit mir verhandelt. Aber es stört mich nicht, dass daraus nichts geworden ist. Abgesehen davon, dass Marcel Koller einen Superjob macht. Als Jürgen Klinsmann bei mir anrief und fragte, ob ich sein Co beim US-Nationalteam werden wollte, habe ich keine fünf Sekunden gezögert. Der Job in den USA, wo mir inzwischen auch die Olympia-Auswahl als Chef übertragen wurde, bedeutet eine gewaltige Horizonterweiterung. Wo sonst käme man in vier Jahren vier Mal zu einem Großereignis?

Für Olympia sind Sie allerdings noch nicht qualifiziert.

Das wäre das fünfte Großereignis und das zweite in diesem Jahr. Davor findet noch im Juni der America-Cup fürs A-Team statt. America-Cup, Gold-Cup und 2014 die WM – mit dem US-Verband erlebe ich jedes Jahr ein Turnier, das für Amerikaner eine ähnlich hohe Bedeutung hat wie die EM für Europäer.

Morgen gibt Marcel Koller seinen ersten Teamkader im EM-Jahr bekannt. Beneiden Sie ihn?

Ja. Weil er die Spieler, die er einberuft, auch bekommt. Ich habe zwar auch meine Startformation im Kopf. Nur weiß ich nicht, wen ich kriege. In Europa ist Abstellpflicht, in Amerika ist das anders. Einmal hab ich 25 einberufen und 14 Absagen bekommen. Und als wir in Frankreich England geschlagen haben, waren’s nur noch 15 Spieler, darunter drei Torleute. Das ist eine Herausforderung, das macht die Aufgabe aber auch ungemein interessant.

Für US-Amerikaner hat Olympia einen hohen Stellenwert. Oder merken Sie das nicht?

Schon. Nachdem die USA das letzte Mal in London nicht dabei waren, heißt es: Ein zweites Mal dürfen wir uns das nicht erlauben. Trotzdem sind wir gegen Kolumbien nur Außenseiter. Am Karsamstag erwartet uns in Baranquilla die Hölle. 35 Grad. Hohe Luftfeuchtigkeit. Und das 50.000er-Stadion dort soll schon ausverkauft sein.

Wie alt dürfen die Spieler eines Olympiateams sein?

Erst in Rio sind drei Mann unabhängig von ihrem Alter einsatzberechtigt. In den Qualifikationsspielen davor wie jetzt gegen Kolumbien darf keiner älter als Jahrgang 1993 sein. Ich habe aber etliche 95er, 96er und sogar einen 97er dabei.

Ja, Polster von Chicago Fire. Ihn werde ich am Freitag besuchen. Ein für alle Defensivpositionen verwendbarer Modellathlet. Ich habe ihn gar nicht erst gefragt, ob er mit dem Toni verwandt ist. Das kann er net sein – Matt Polster rennt viel.

Auch einer mit österreichischen Wurzeln soll Ihr Hoffnungsträger sein.

Tormann Ethan Horvath. Der kann nicht nur wegen seiner 1,95 Meter ein ganz Großer werden. Er ist Legionär in Norwegen bei Molde. Ich hatte geglaubt, er sei ungarischer Abstammung. Er aber hat mir erzählt, dass seine Eltern Österreicher sind.

Sie hatten als österreichischer U-21-Teamchef Ihrem Ex-Klub Werder Bremen zur Verpflichtung von Marko Arnautovic geraten, ihn hochgelobt und dafür Kopfschütteln geerntet. Fühlen Sie sich mittlerweile bestätigt?

Ich meinte: So einen wie Marko hat’s in seinem Alter davor bei uns noch nicht gegeben. Von der Bild-Zeitung haben’ s mich damals angerufen und sich bedankt, dass ich ihnen zu so einem bunten Vogel verholfen hab’. In Stoke ist das Medientheater geringer. Dass Arnautovic jetzt Familienvater ist, hat seiner Karriere sicher auch gut getan. Und beim Team hat ihn Marcel Koller in die richtige Spur gebracht. Arnautovic ist ein Typ, der, wenn er merkt, dass der Trainer zu ihm steht, diesem was zurückgeben will. Er ist eigentlich ein guter Kerl.