"Hoppla, du spielst jetzt in der Serie A"

Führungsfigur: Robert Gucher hat sich bei Frosinone zum Kapitän hochgedient
Robert Gucher führte Frosinone Calcio als Kapitän in die höchste italienische Liga. Der 24-jährige Steirer spricht über das Leben in Italien, seine Karrierepläne und den Traum vom Team.

In Italien sprechen sie immer noch vom „Märchen von Frosinone“. Der Durchmarsch von Frosinone Calcio von der dritten Liga in die Serie A war eine der größten Sensationen im italienischen Fußball. Einer der Hauptfiguren ist Robert Gucher: Der 24-jährige Steirer ist Kapitän und Führungsfigur beim Aufsteiger aus dem Provinzstädtchen (46.000 Einwohner) in der Region Latium. In der vergangenen Saison wurde Gucher zum besten Mittelfeldspieler der Serie B gewählt, am 23. August startet er mit dem Heimspiel gegen den FC Turin das Abenteuer Serie A.

KURIER: Wie groß ist die Euphorie in der Stadt?
Robert Gucher:Hier herrscht seit Monaten der Ausnahmezustand. Wir hatten eben ein Testspiel in San Donato, so einem kleinen Ort im Hinterland: Da waren 5000 Fans. Wie der Verein jetzt die Abos für die Serie A aufgelegt hat, waren die in einer halben Stunde weg. Man kann für keines unserer Heimspiele mehr eine Karte bekommen.

Hat Sie denn diese Aufbruchstimmung angesteckt?
Ich muss zugeben, dass sich bei mir die Aufregung lange Zeit in Grenzen gehalten hat. Erst als der Spielplan bekannt wurde, ist mir klar geworden: ,Hoppla, du spielst jetzt Serie A.‘ Gegen die Teams und in den Stadien, in denen ich immer schon einmal spielen wollte.

Welche Rolle kann Ihr Verein in der Serie A spielen?
Ich erinnere mich gut an die letzte Saison. Da haben die Journalisten gesagt, wir wären in der Serie B der Abstiegskandidat Nummer eins. Das ist diesmal auch so. Aber wir werden kein Jausengegner sein. Wir sind darauf vorbereitet, dass wir auch einmal fünf Spiele hintereinander verlieren, aber mit 18 Niederlagen, zehn Siegen und zehn Unentschieden sollte es sich für den Klassenerhalt ausgehen. Und vor allem daheim im Matusa-Stadion muss uns erst einmal wer schlagen. Da haben wir seit Jahren nicht mehr verloren.

"Die Leute hier sehen in mir einen Einheimischen"

Apropos daheim: Wie wird ein Österreicher bei einem italienischen Verein Kapitän?
Ich fühle mich hier in Frosinone zu Hause, bin auch schon einige Jahre da und habe mit dem Verein und der Stadt viel erlebt. Die Leute sehen in mir einen Einheimischen, für sie bin ich einer von ihnen. Das ist mir persönlich auch extrem wichtig, dass ich so wahrgenommen werde. Die Leute hier sollen sich irgendwann einmal an den Menschen Robert Gucher erinnern, und erst in zweiter Linie an den Fußballer.

Das heißt, Sie beschäftigen sich mit einem Abschied?
Nein, überhaupt nicht. Der Verein hat im Sommer auch alle Anfragen und Manager abgeblockt. Ich will mithelfen, dass Frosinone noch einmal so ein Wunder gelingt. Das ist für mich eine Herzensangelegenheit. Und außerdem ...

... außerdem?
Außerdem kenne ich viele Spieler, die nur aufs Geld geschaut haben, wie sie jung waren. Egal, was ein anderer Verein bietet: Was bringt es mir, wenn ich mehr Geld verdiene, dafür aber nur auf der Bank oder auf der Tribüne sitze? Ich schaue auf meine Karriere, und hier in Frosinone kann ich im Moment meinen Traum leben.

Worauf freuen Sie sich in der Serie A denn am meisten?
Darauf, dass ich Woche für Woche etwas Neues erleben darf. Jedes Heimspiel wird ein Highlight, dazu noch die großen Namen und die berühmten Stadien. Einmal gegen Juve zu spielen oder im Stadio Olimpico in Rom einlaufen zu dürfen, wo ich bisher immer nur als Fan war – das wird aufregend. Und ich freu’ mich auch, dass meine Freude aus der Steiermark immer dabei sind. Gegen Udinese haben sich schon zwei Busse angekündigt, zum ersten Spiel kommt die Familie.

Glauben und hoffen Sie denn, dass es auch Teamchef Marcel Koller einmal nach Frosinone verschlägt?
Darüber mache ich mir im Moment keine Gedanken. Ich muss mich in der Serie A beweisen und Aufmerksamkeit erregen. Wenn ich meine Leistungen bringe, wird alles andere vielleicht von selbst kommen. Aber eines gebe ich auch zu: Ein Mal im Team zu spielen, wäre ein Traum.

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