Die Sorgenfalten im Fußball-Alltag

Wie in Hamburg wurden alle deutschen Stadien genau durchsucht.
Europas Ligen reagieren auf den Terror von Paris. In Belgien wurden zwei Spiele abgesagt.

Es hat schon paradoxe Züge: Die Mehrheit der Stadion-Besucher, die sich in den kommenden Wochen auf eine Massenversammlung einlässt, wird eine latente Bedrohung verspüren. Andererseits: Fußballspiele dienen auch zur Zerstreuung, zur Ablenkung von Scheußlichkeiten, die momentan das öffentliche Leben dominieren.

Die Sorgenfalten im Fußball-Alltag
TOPSHOTS Nice's supporters observe a minute of silence in tribute to the Paris attacks victims, holding candles and French national flags and behind a banner reading "Let the heat of our candles warm your hearts", before the French L1 football match Nice (OGC Nice) vs Lyon (OL) on November 20, 2015 at the "Allianz Riviera" stadium in Nice, southeastern France. AFP PHOTO / VALERY HACHE
"Die Kraft der Ablenkung liegt auch darin, sich auf ein Spiel zu konzentrieren, unser Hobby, unseren Beruf ernst zu nehmen", sagte Dortmunds Trainer Thomas Tuchel. Dass seine Mannschaft am Freitagbeim HSV 1:3 unterlag, wird die Ernsthaftigkeit des Jobs trotzdem nur bedingt stören. Es ist nichts passiert in Hamburg. Die Sicherheitsmaßnahmen wurden verstärkt. So wie in den anderen deutschen Stadien auch. Am Samstag fandenalle Spiele(eine Versammlung von insgesamt mehr als 300.000 Menschen) programmgemäß statt. Nur die Partie Stuttgart gegen Augsburg wurde wegen der Kontrollen verspätet angepfiffen.

Köln-Trainer Peter Stöger erzählte vor dem Spiel gegen Mainz, er gehe "mit dem gleichen Gefühl in das Spiel wie sonst auch. Die Jungs brennen darauf, ein Bundesligaspiel zu spielen." Bayern-Kapitän Philipp Lahm aber hinterfragte die Jetzt-erst-recht-Einstellung im Interview mit dem Münchner Merkur: "Ich gehe nicht durchs Leben und sage: Mir wird schon nichts passieren. Ich lebe mit Ängsten. Die Angst vor Terror gehört dazu."

In der Tat. Europas Ligen wollten oder mussten unterschiedlich damit umgehen.

Alarm in Belgien

Die Sorgenfalten im Fußball-Alltag
A policeman gets into a sewer in front of Santiago Bernabeu stadium before the Spanish league "Clasico" football match Real Madrid CF vs FC Barcelona at the Santiago Bernabeu stadium in Madrid on November 21, 2015. Spanish police will tighten a massive security cordon of 1,200 police around the Real Madrid-Barcelona Clasico football match today because of the Paris terror attacks. AFP PHOTO / JAVIER SORIANO
Fußballspiele der belgischen Jupiler Pro League sollten wie geplant stattfinden. Vor dem Anpfiff werden Spieler und Fans allerdings mit einer Schweigeminute der Opfer der Anschläge von Paris gedenken, teilte die Liga mit. Aber wegen der höchsten Terrorwarnstufe (siehe Seite 10) wurden zwei Partien in der abgesagt: Lokeren, das 60 Kilometer von der Hauptstadt Brüssel entfernt liegt, gegen Anderlecht in der höchsten Spielklasse. Und RWS Brüssel gegen Coxyde in der zweiten Liga.

Am Wochenende – zehn Tage nach den Anschlägen von Paris – rollt der Fußball in Frankreich weiter. Nach einer Sitzung im Pariser Innenministerium gab die französische Profiliga LFP allerdings besondere Sicherheitsmaßnahmen bekannt. Die Begegnungen der ersten und zweiten Liga fanden statt. Mit einer Einschränkung: Fans der Auswärtsteams durften nicht in die jeweiligen Stadien. Ein entsprechendes Reiseverbot wurde vom Innenministerium erlassen.

Warnung in England

Die 20 englischen Premier-League-Klubs waren laut Times von der Polizei und dem Innenministerium über ihre Pflichten aufgeklärt worden. Laut der Behörde ist die Wahrscheinlichkeit eines Angriffs "sehr hoch".

Neben einer Schweigeminute wird vor dem Anpfiff in allen Stadien die Marseillaise gespielt. In der Premier League stehen 72 französische Profis unter Vertrag.

In einer Umfrage der italienischen Zeitung La Stampa sagten 66 Prozent der Befragten, dass sie wie vor den Terroranschlägen von Paris ins Stadion oder zu Sportereignissen gehen werden. 23 Prozent meinten, sie würden die Besuche einschränken, und nur sieben Prozent wollen jetzt gar nicht mehr ins Stadion gehen. Auch in Italien versuchte man ein Zeichen gegen die Angst zu setzen:

Die Spiele der Serie A finden am Wochenende wie geplant statt.

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