Politik 2014: Jetzt reden wir Bürger

Die Bürger sind von der Politik enttäuscht.
Das Leben wird immer teurer, aber Reformen stecken fest. Der KURIER hat Bürger nach ihrer Wunschliste gefragt.

Die Politik hat schon bessere Tage erlebt. Mehr als die Hälfte aller Österreicher ist mit dem Koalitionspakt unzufrieden, ergab eine OGM-Umfrage für den KURIER. Würde heute gewählt, kämen SPÖ und ÖVP gemeinsam nicht einmal mehr über die 50-Prozent-Hürde. Die einstigen Großparteien sind enorm geschrumpft. Das Image der Politiker ist – auch wegen diverser Korruptionsfälle – insgesamt miserabel.

Was müsste getan werden, damit sich daran etwas ändern? Was sind die drängendsten Probleme des Landes? Also, worum sollten sich Faymann & Spindelegger & Co kümmern? Der KURIER hat sich unter das Volk gemischt, um zu erfragen, was sich die Bürger von der Politik wünschen – und interessante Antworten bekommen.

Studentin über Polit-Personal: „Minister sollen sich einem Hearing stellen“

Politik 2014: Jetzt reden wir Bürger
Studentin, Miriam Kienesberger
Dass die Wissenschaftsagenden ins Wirtschaftsressort übersiedeln, ist für Miriam Kienesberger unverständlich. „Wirtschaft und Wissenschaft funktionieren nach unterschiedlichen Logiken. Bei der Wissenschaft sollte es nicht um Profit gehen“, sagt die Politologie-Studentin. Überdies sei das Aus für ein eigenes Wissenschaftsressort „schlecht für den Ruf Österreichs als Forschungsstandort“.

Wie die Ministerien „verteilt“ wurden, missfällt der Oberösterreicherin generell. „Es erscheint mir fraglich, ob die Kompetenz im Vordergrund steht oder ob es nicht primär um Partei-Interessen geht.“ Kienesberger möchte, dass nachvollziehbar ist, was einen angehenden Minister oder eine künftige Ministerin qualifiziert und plädiert dafür, vor der Angelobung „ein Hearing im Parlament abzuhalten“. Was hält die 21-Jährige vom 27-jährigen Außenminister Sebastian Kurz? „Man sollte ihm eine Chance geben. Er ist ja schon länger im politischen Geschäft. Es wird sich zeigen, ob er der Aufgabe gewachsen ist.“

Was Kienesberger ärgert ist, „dass die EU oft negativ dargestellt wird und als Sündenbock herhalten muss. Zum Teil werden Unwahrheiten verbreitet“. Das sollte sich ändern, denn „die EU bringt uns auch viel“.

Außerdem erwartet sich die Oberösterreicherin von der Politik, „dass sie Rahmenbedingungen schafft, damit Frauen Beruf und Karriere vereinbaren können“.

Und: Sie wünscht sich, „dass nicht die Mieter die Makler-Gebühr zahlen müssen, sondern die Vermieter. Ich war gerade in Brüssel. Dort ist das selbstverständlich. Das sollte auch bei uns kommen.“ Zumindest dieser Wunsch könnte bald in Erfüllung gehen. Das Regierungsübereinkommen sieht genau das vor: Eine Befreiung von der Maklergebühr für Mieter unter 35 Jahren.

Gustav Tromayer interessiert sich sehr für die Politik. Der 70-jährige Pensionist aus Mödling liest täglich mehrere Zeitungen. Was er da entdeckt, frustriert ihn aber immer mehr. „Bruno Kreisky war eine echte Gallionsfigur. Seither hat niemand mehr sein Niveau gehabt. Die heutigen Politiker sind völlig unglaubwürdig.“

Die Debatte um das Budgetloch fand er „unter jeder Kritik“. Für den „größten Blödsinn“ hält er die Auflösung des eigenständigen Wissenschaftsministeriums. „Die ganze Welt setzt auf Wissenschaft und Forschung, bei uns wird nur eingespart. Wir schneiden uns die Zukunft ab.“Der frühere Bauarbeiter und Bau-Holz-Gewerkschafter, der wegen seines Rückens in Frühpension gegangen ist, erwartet sich von der Politik, dass sie die Alltagssorgen der Menschen ernster nimmt. Dazu gehören vor allem die hohen Preise, das teure Leben. Tromayer: „Früher hatte ich 17.000 Schilling Pension, da hab ich mir wirklich was leisten können. Heute habe ich 1500 Euro. Damit wird’s immer schwerer, obwohl das ja viel mehr sein müsste. Es würde schon genügen, wenn uns Pensionisten wenigstens die Inflation abgegolten wird.“

Ein zweiter Wunsch an die Politik betrifft das Personal. Gute, wirklich erfahrene Leute müssten her. Tromayer stellt sich Fragen wie: „Was hat Frau Karmasin geleistet? Warum hat Frau Fekter gehen müssen?“. Oder sagt: „Der junge Herr Kurz mag gut sein. Aber im Vergleich mit den anderen Außenministern von Amerika bis Deutschland wird das peinlich für Österreich.“

Generell erwartet sich Tromayer mehr Inhalte von der Politik. Das Regierungsprogramm war „eine Enttäuschung“. Egal, „ob Rot oder Schwarz, die haben keinen Biss“. Derzeit erkenne man nur bei Strache eine „klare Richtung“.

Eva Mosovsky wird im März 50. Ihre Sorgen und Wünsche an die Politik drehen sich um die Sicherheit des Jobs und die Pension. „Heutzutage soll man ja bis 100 arbeiten, aber ab 40 bist du schon zu alt für jede Arbeit.“ Frau Mosovsky denkt dabei auch an ihren 26-jährigen Sohn. „Von der Politik wünsche ich mir vor allem Sicherheit und Stabilität. Ich meine eine Pension, von der ich leben kann. Auch für meinen Sohn, später einmal.“

Eva Mosovsky ist seit 34 Jahren berufstätig, die längste Zeit im Gastgewerbe. Heute arbeitet sie als Kassierin in einer Betriebskantine. Mit ihrem Geld komme sie aus, weil ihr Mann, ein Installateur, gut verdiene. Sie sagt: „Die Regierung muss sparen, die gol­denen Zeiten sind sicher vorbei. Aber zu viel sparen ruiniert auch die Wirtschaft.“

Schwer enttäuscht hätte sie, dass viele Wahlversprechen gebrochen wurden. „Das alles hilft dem Strache. Stellen Sie sich vor, jetzt wären Neuwahlen!“

Sie als „Arbeiterkind“ – der Vater in einer Bäckerei, die Mutter Hausmeisterin – hätte immer rot gewählt. Nur einmal die rechte Kleinpartei „Rettet Österreich“. „Das war eine Protestaktion und eigentlich nur wegen dem Namen.“

Jetzt wäre ihr wieder nach Protest zu Mute, weil nichts aus der Reichensteuer geworden ist: „Da bin ich maßlos enttäuscht, weil wieder nur bei den kleinen Leuten gespart wird. Bei den Großkopferten passiert nichts.“

Ein „sehr heikler Punkt“ ist für Eva Mosovsky der Streit um die Lehrer und das neue Dienstrecht. Ihre Schwester ist in Wien Favoriten Volksschullehrerin – und: „Die hat es wirklich nicht leicht.“ Mosovsky: „Ich hoffe für 2014, dass die Politik endlich mit dem Schimpfen auf die Lehrer aufhört. Es gibt sicher ein paar schwarze Schafe, aber viele Lehrer sind toll und auf Zack. Die setzen sich für die Kinder ein.“

Wenn man Ralf Burchert fragt, was ihn an der Politik stört – und was sich ändern sollte, weiß er gar nicht, wo er anfangen soll. So viel fällt ihm dazu ein. Ganz besonders brennt ihm das Pensionsthema unter den Nägeln: „Ich habe keinerlei Hoffnung, dass ich noch eine Pension bekomme, von der ich leben kann“, sagt der 41-jährige Angestellte aus Pressbaum. Er wünsche sich eine „nachhaltige Pensionsreform“. Für den Vater zweier Söhne ist klar, „dass jeder länger arbeiten muss“. Wenn die Lebenserwartung steige, müssten die Menschen länger im Berufsleben stehen.

Als „leistungsfeindlich und unfair“ empfindet er das Steuersystem. Viele Menschen würden viel arbeiten – vom Bruttolohn bleibe aber nur wenig übrig. „Die Lohnsteuer muss gesenkt werden“, fordert Burchert. Davon würden Arbeitgeber und Arbeitnehmer profitieren.

„Ein großes Anliegen ist mir auch der Schuldenabbau. Die Zinsen werden nicht immer so niedrig bleiben wie sie es derzeit sind.“ Bei einem Anstieg würde Österreich große finanzielle Probleme bekommen, warnt Burchert.

Der Niederösterreicher wäre außerdem dafür, dass „Politiker genauso wie Unternehmer Haftungen übernehmen müssen“. Dann würden sie sorgsamer mit dem Steuergeld umgehen.

Was Burchert stört, ist die ausufernde, komplexe Verwaltung. Der Mitarbeiter eines Wasser-Technologieunternehmens kann nicht verstehen, „warum wir neun verschiedene Bauordnungen haben (Länderkompetenz), eine für ganz Österreich würde reichen.“ Zudem sollte man Gemeinden fusionieren.

Und wie zufrieden ist Burchert mit den Politikern? „Ich bin überzeugt, dass man 50 Prozent vom Polit-Personal einsparen könnte. Der Bundesrat gehört zum Beispiel weg. Den braucht wirklich niemand.“

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