Top-Jobs: Wer beste Chancen hat

Rot-schwarzer Faymann-Flügel, rot-grüner Flügel um Renate Brauner und Sonja Wehsely: Wer hält nach einem Abgang Michael Häupls die Wiener SPÖ zusammen?
Hundstorfer statt Häupl, Mikl-Leitner statt Pröll, Foglar neuer Sozialminister?

Vor der Gemeinderatswahl am 11. Oktober muss sich Michael Häupl einem Votum seiner Funktionäre stellen. Am kommenden Samstag kandidiert Häupl auf dem Parteitag erneut als Wiener SPÖ-Chef. Außerdem wird über die Kandidatenliste für die Gemeinderatswahl abgestimmt. Da muss jener grüne Abgeordnete, der kürzlich zur SPÖ überlief, um sich selbst einen Gemeinderatsposten und der SPÖ das günstige Wahlrecht zu sichern, zittern. Wenn die Kandidatenliste nicht en bloc abgestimmt wird, muss Senol Akkilic mit Streichungen rechnen. SPÖler murren, nach Stefan Schennach gehe schon das zweite Amterl an einen Grünen statt an einen "eigenen".

Politische Beobachter in und außerhalb der SPÖ glauben, dies werde Häupls letzter Parteitag sein. Aus heutiger Sicht wird das Wiener Wahlergebnis nicht so ausfallen, dass sich Häupls Wunsch nach zwei weiteren Amtsjahren erfüllt. "Fällt er unter 40 Prozent, muss er gehen", heißt es in der SPÖ-Wien.

Somit stellen die Wiener heuer die Weichen für einen der wichtigsten Posten der Republik. Wien ist nicht nur Bundeshauptstadt, sondern auch geistig-kulturelles und ökonomisches Zentrum. Wien trägt mit 47.200 € pro Kopf am meisten zum Bruttoinlandsprodukt bei, weit mehr als etwa das Industrieland Oberösterreich mit 38.500 €. Umso schwerer wiegt das Versäumnis der SPÖ-Wien, deren Führungsrolle trotz Wahlverlusts unbestritten bleibt, geeignetes Personal für die Spitze einer Weltstadt hervorzubringen.

Stattdessen prägen engstirnige Mittelmäßigkeit und Flügelkämpfe das Bild. Die Wiener SPÖ zerfällt in den rot-grünen Flügel um Renate Brauner und Sonja Wehsely sowie in die Faymann-affine "Südost-Tangente" (die Bezirke entlang der Stadtautobahn), die Rot-Schwarz bevorzugt. Einer der wenigen Politiker mit der Integrationskraft für beide Flügel plus der politischen Erfahrung für eine Krisensituation nach einer Wahlniederlage ist Rudolf Hundstorfer. Gut möglich, dass der Sozialminister, anstatt für die Hofburg zu kandidieren, im Herbst in Wien gebraucht wird.

SPÖ-Klubchef Andreas Schieder wird als Häupl-Nachfolger "gestreut", was laut Insidern jedoch das Gegenteil bedeute: "Wer jetzt genannt wird, wird nichts."

Für den aus heutiger Sicht unwahrscheinlichen Fall einer Schönwetter-Amtsübergabe wird Wohnbaustadtrat Michael Ludwig gehandelt.

Top-Jobs: Wer beste Chancen hat
APA19735132-2_09082014 - WIEN - ÖSTERREICH: Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (li) und Sozialminister Rudolf Hundstorfer am Samstag, 09. August 2014, vor Beginn der offiziellen Trauerfeier für die verstorbene Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) vor dem Parlament in Wien. FOTO: APA/HERBERT P. OCZERET
Ob Wien oder Hofburg-Kandidatur, Hundstorfer wird höchstwahrscheinlich aus der Regierung ausscheiden. Für die Nachfolge im Sozialministerium scheint Kanzler Faymann die Weichen bereits gestellt zu haben. ÖGB-PräsidentErich Foglargilt als heißester Kandidat. Mit einer Regierungsumbildung, bei der der Kanzler den ÖGB-Boss ins Regierungsteam holt, könnte Faymann eine Obmann-Debatte nach den zu erwartenden SPÖ-Schlappen in Oberösterreich und Wien vereiteln.

In der ÖVP gilt die Kandidatur von Erwin Pröll bei der Bundespräsidentenwahl als so gut wie fix. Die ÖVP rechnet sich gute Chancen aus, mit dem niederösterreichischen Landeshauptmann das Rennen zu gewinnen. Sie glaubt, Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen werde nicht antreten, weil dieser weder die Kondition für einen Wahlkampf habe, noch strebe er die vom Protokoll eingeschränkte Lebensqualität eines Staatsoberhaupts an. Die ÖVP-Sorgen gelten im Fall von Prölls Abgang als Landeshauptmann (ähnlich wie bei der SPÖ-Wien) der Nachfolge: Wer garantiert der ÖVP im wählerstarken Niederösterreich die Stimmen bei Bundeswahlen? Als aussichtsreichste Kandidatin gilt Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. Sie wäre die erste Frau an Niederösterreichs Spitze.

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