Wie Strache den Rechnungshof für die Opposition verspielte

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache
Statt den Besten zum Chef-Kontrollor zu küren, ließ sich Strache von der ÖVP hineinlegen.

Von einem "rot-schwarzen verkrusteten System", das von der FPÖ "aufgebrochen" werden müsse, schrieb FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache am Donnerstag auf Facebook und wetterte gegen die Kür der neuen Rechnungshof-Chefin Margit Kraker.

In Wahrheit hat der FPÖ-Chef höchstpersönlich den Rechnungshof verspielt.

Und das kam so:

Erstmals gab es im Parlament ein öffentliches Hearing der Kandidaten für die Rechnungshof-Spitze. Die Anhörung war ein Erfolg, weil die einstündige Selbst-Präsentation plus die anschließende Befragung durch die Abgeordneten ein deutliches Bild der Bewerber entstehen ließ. Es war zwar zu erwarten, dass der letzte Kandidat im Hearing, der langjährige Budgetsektionschef Gerhard Steger, jeden Winkel des österreichischen Finanzsystems kennt. Was für viele doch überraschend kam, war Stegers glaubhaft vorgetragenes Animo, sein Wissen für eine scharfe, reformorientierte Kontrolle einzubringen. Steger bestand das Hearing als mit Abstand bester Kandidat.

Grüne und Neos anerkannten dies, indem sie bereitwillig ihre eigenen Kandidaten nach hinten reihten und auf Steger schwenkten. Die SPÖ und das Team Stronach hatten Steger sowieso nominiert. Seitens der FPÖ waren die im Hearing anwesenden Abgeordneten durchaus angetan und lobten Steger als "sehr gut" und "beeindruckend". Doch sie sagten schon am Mittwochabend, dass die Entscheidung, wen die FPÖ wählen wird, von Strache getroffen würde.

Hier fängt es schon an: Strache ist Oppositionsführer. Wieso nimmt der Chef der größten Oppositionspartei am Hearing für den wichtigsten Kontrollposten der Republik nicht teil? Eva Glawischnig und Matthias Strolz saßen als Chefs der anderen Oppositionsparteien neun Stunden im Ausschuss und stellten Fragen. Strache widmete nicht einmal zehn Sekunden seiner kostbaren Zeit für einen Abstecher zum Hearing.

Dadurch machte er sich selbst kein Bild von den Kandidaten – wahrscheinlich wollte er das auch gar nicht, denn Strache glaubte ja, mithilfe der ÖVP seine Kandidatin Helga Berger, die ehemalige Sekretärin von Jörg Haider und Susanne Riess, durchzubringen.

Dann machte Strache einen zweiten Fehler. Er verließ sich auf die ÖVP, insbesondere auf Klubobmann Reinhold Lopatka. Die SPÖ hatte Strache auf mehreren Wegen kontaktiert und signalisiert, sie wäre bereit, gegen ihren Koalitionspartner ÖVP im Nationalrat abzustimmen, wenn Strache die Wahl Stegers zum Rechnungshof-Chef ermöglicht. Bei der ersten Abstimmung am Donnerstag im Hauptausschuss hätte nur einer der sechs FPÖ-Mandatare die Sitzung verlassen müssen, und die Mehrheit für Steger wäre gegeben gewesen, denn SPÖ, Grüne, Neos und TS stimmten für für Steger. Aber bei voller Anwesenheit von 28 Abgeordneten reichten diese 14 Stimmen für Stegers Wahl nicht.

Die sechs FPÖ-Mandatare machten im Hauptausschuss brav, was sie mit Lopatka offenkundig vereinbart hatten. Sie verhinderten im ersten Wahlgang Steger, und schlugen im zweiten Wahlgang Berger vor. Doch die ÖVP hielt sich nicht an die Hinterzimmer-Absprache mit Strache. Sie votierte nicht für Berger, sondern gemeinsam mit der SPÖ plötzlich für Kraker. (Hintergrund: Viele ÖVP-Abgeordneten wollen die schwarz-blauen Zündeleien Lopatkas nicht mehr mitmachen. Diese regierungstreuen VP-Abgeordneten fing die SPÖ ein, indem sie im zweiten Wahlgang auf die ÖVP-Kandidatin Kraker schwenkte und Steger fallen ließ).

Ergebnis dieser Ränkespiele: Der Rechnungshof ist geschwächt. Er bekommt nicht die Bestqualifizierte als Chefin. Er verliert Steger, der zuletzt als Chefprüfer der öffentlichen Finanzen im Rechnungshof gearbeitet hat. Steger macht sich selbstständig als internationaler Berater für öffentliches Finanzwesen.

Die Opposition hat den Rechnungshof verloren, dort sitzt jetzt eine Regierungs-Kandidatin aus einem Landeshauptmann-Büro.

Das gelungene Hearing ist für die Katz, weil die Personalentscheidung erneut Ergebnis von Intrigen ist.

Hätte Strache die Übersicht bewahrt, würde es einen starken Rechnungshof geben, der alle vier Oppositionsparteien hinter sich hätte.

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