Wie gefährlich ist Norbert Hofer für Strache?

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Die freiheitlichen Wähler mögen Norbert Hofer. Vielleicht derzeit sogar mehr als ihren "Haze".

Liest man so manchen Medienbericht, könnte man meinen, die FPÖ stünde vor einer Krise, denn Norbert Hofer könne Strache als Parteichef äußerst gefährlich werden. Mit Hofer sei Strache erstmals einem echten Konkurrenten ausgesetzt. Von offizieller Seite der FPÖ gibt es dazu allerdings keine Aussagen, die als derartiger Anhaltspunkt dienen würden, ganz im Gegenteil: Man befürchte keinen Machtkampf. Im ersten gemeinsamen Auftritt nach der Wahl betont der Parteichef, dass die beiden eine Freundschaft verbindet und er, wenn er einmal Bundeskanzler ist, die Last, die er jetzt 11 Jahre lang alleine auf seinen Schultern getragen hat, aufteilen müsse. Er sei froh, dass er dafür die richtigen Leute im Team hat.

Was jedenfalls wahr ist: Die freiheitlichen Wähler mögen Norbert Hofer. Vielleicht derzeit sogar mehr als ihren "Haze". Er ist ein Held geworden, steht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Ein Hoffnungsträger mit milderem Ton. Breitenwirksam. Der "gute Strache", der "gemäßigte Blaue". Burschenschaft ja, aggressiver Partylöwe nein. Nie zuvor hat ein Freiheitlicher so große Zustimmung erhalten, die Chance, dass ein Blauer eine bundespolitische Spitzenposition besetzt, war erstmals zum Greifen nahe. So offen haben sich die Österreicher noch nie zur FPÖ bekannt. Und was anschließend im Land passiert, ist Teil einer Dynamik, die schon fast vorhersagbar war: Strache gefalle der neue blaue Held gar nicht, der höfliche Hofer wird sofort als Gefahr gehandelt.

„Sie werden ein toller Bundeskanzler“

Als Strache am Tag der Briefwahl-Auszählung auf seiner Facebook-Site das endgültige Aus für Hofers Chancen auf das Präsidentenamt verkündete, fühlten sich tausende FPÖ-Anhänger dazu berufen, ihrem „Haze“ mitzuteilen, wie sehr sie hinter Norbert Hofer stehen:

"Er ist der Präsident der Herzen, das wird Herr Hofer auch weiterhin bleiben. Vielleicht steckt Sinn dahinter, dass es nicht sollen hat sein, vielleicht wird er Bundeskanzler."

"Das macht Hofer nicht schwächer sondern nur stärker! Jetzt wird einmal verdaut und dann wird zusammengesetzt, in der eigenen Partei!"

"Bitte Norbert Hofer, bleibe der Politik erhalten und werde bei der nächsten Wahl ein Minister oder Bundeskanzler."

"Herr Hofer, Ihr Tag kommt noch. Wir hoffen alle auf Neuwahlen und ich bin sicher, Sie werden ein toller Minister oder sogar Bundeskanzler."

Hofer wird bei vielen seiner Wähler vor allem als jung und vital gesehen, der unerfüllte Wunsch und Ruf nach Veränderung im Land und in der Regierung ist auch nach der Wahl noch laut zu hören.

Hat Strache ausgedient?

Heinz-Christian Strache steht kurz vor seinem 47. Geburtstag. Er steht mitten im Leben, aber er ist der dienstlängste Bundesparteiobmann verglichen mit seiner Konkurrenz. Politisch ist er ein alter Hase, er hat zig Wahlkämpfe durchgemacht. Böse Zungen sagen, er wirkt verbraucht. Man sehe es ihm an. Die elfjährige One-Man-Show hinterlässt ihre Spuren. "Wenn es nun für die FPÖ darum geht, auf Platz eins zu kommen, ist Hofer sehr wohl als Konkurrent zu sehen, da könnte sich vielleicht eine innerparteiliche Debatte auftun. Mit der Aggressivität unter Strache ist die Partei sehr weit gekommen, ab hier könnte Hofer übernehmen", sagt die Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmerle. Zudem nütze Strache sich ab. Seine Wahlkampfgegner sind vergleichsweise Frischlinge. "Norbert Hofer wäre ebenfalls ein frischer Wind".

In erster Linie habe die FPÖ aber jetzt gezeigt, dass sie noch weitere starke Persönlichkeiten in ihren Reihen besitzt, eine Tatsache, die man der Partei immer abgesprochen hat. "Haider, Strache – die FPÖ lebt von einer Galionsfigur, die den Weg und den Ton vorgibt, das ist auch kampagnenfähig", sagt Stainer-Hämmerle. "Die FPÖ funktioniert nur so." Im Wahlkampf sei Norbert Hofer der einzige Kandidat gewesen, der eine geeinte Partei hinter sich hatte. "Durch den Präsidentenwahlkampf und Hofer haben die Freiheitlichen nun mehr Breite."

Für Politikwissenschaftler Peter Hajek wäre ein Streit um die Chefposition das denkbar Schlechteste, das der FPÖ jetzt passieren könnte. Hofer wurde intensiv und gut aufgebaut, er könne neben Strache gut funktionieren.

Guter Cop, Böser Cop

Für den Politikwissenschaftler Hubert Sickinger wirkt diese Hofer-Strache-Konkurrenz-Debatte eher nach einem Bauchgefühl der heimischen Medienblase, auf atmosphärische Eindrücke beschränkt, aber argumentativ absolut nicht haltbar. "Hofer kam überraschenderweise in den zweiten Wahlgang. Optisch fuhr man eine klare Parteienkampagne, in diesem Rahmen hat man sehr viel herausgeholt." Der FPÖ-Wiedererkennungswert in Norbert Hofers Wahlkampf wäre enorm gewesen. Die FPÖ-Themen wurden gesetzt und man habe damit die Bundespräsidentenwahl wider Erwarten sehr erfolgreich absolviert. "Was Strache und Hofer gemacht haben, war eine 'Good Cop-Bad Cop'-Strategie, wobei auch Hofer im Bierzelt manchmal dem 'Bad Cop' verfallen ist. Aber prinzipiell konnte er sich auf der 'Good Cop'-Position zurücklehnen, Strache hat ihm die Basis dafür gegeben.“

Keine Chance in der Nationalratswahl

Die Wahl zum Bundespräsidenten und jene zum Nationalrat sind für Sickinger in keinster Weise zu vergleichen. "Ganz ernsthaft, im Nationalrats-Wahlkampf, wo man es mit Kandidaten zu tun hat, die enorm tough ihre Zielgruppen bedienen und auf harten Angriff ausgerichtet sind, da hat Norbert Hofer mit seinem präsidialen Stil keine Chance." Da brauche die FPÖ ihren Strache. Hofer sei nun gut verankert, "aber der enge Kreis der Partei würde Strache nicht fallen lassen. Da spricht wirklich wenig dafür." Sickinger könnte sich vorstellen, dass die beiden als Team weitermachen. Strache und seine starke Nummer zwei. "Danach sieht es eher aus. Und solange keine einflussreichen Parteifunktionäre etwas anderes sagen, kann ich mir das nicht vorstellen."

Wären die Gegner bei den Nationalratswahlen noch Faymann und der "altbekannte" Mitterlehner, dann könnte sich auch Sickinger für Norbert Hofer eventuell Chancen ausrechnen. Doch die Konstellationen haben sich geändert. Seit zwei Wochen ist alles anders. Im Nationalratswahlkampf wird Christian Kern mitmischen. "Für die ÖVP dann entweder ein Mitterlehner im zweiten Frühling oder Sebastian Kurz." Für derlei Debatten sei Norbert Hofer nicht der bessere Mann. Da brauche es ein schärferes Profil. "Auch wenn das anders wirkt, Strache ist eine starke Marke, nicht verbraucht."

"Das einzige, das fehlt, sind Frauen"

Dieter Böhmdorfer, Haider-Anwalt und ehemaliger Justizminister, bestätigt Sickingers Annahmen. "Das wird sicher nicht passieren, dass Hofer zum Parteichef wird und er Strache den Rang abläuft. Das Gerücht ist von den Medien produziert." Die FPÖ habe einen Reifungsprozess hinter sich, sei nun personell perfekt aufgestellt - mit Manfred Haimbuchner in Oberösterreich und Andreas Rabl in Wels. "Das einzige, das fehlt, sind Frauen." Böhmdorfer betont, dass dieser Fokus auf eventuelle Schwierigkeiten und Dynamiken innerhalb der FPÖ das komplett falsche Thema sei. Vielmehr müsste man sich auf die ÖVP konzentrieren. "Die wird nämlich explodieren."

Hofers Möglichkeiten

Norbert Hofer selbst sagte nach dem Wahlausgang am Sonntagabend, dass es nun zwei Möglichkeiten für ihn gäbe. Entweder er wird Bundespräsident oder er unterstützt Heinz-Christian Strache auf dem Weg zur Kanzlerschaft.

Option eins besteht ja nun nicht mehr.

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