Faymann an Merkel: "Auch Deutschland braucht einen Richtwert"

Kanzlerin soll klarstellen, dass Deutschland nicht alle Flüchtlinge aufnimmt.

Am Donnerstag kommen die Staats- und Regierungschefs der EU-28 in Brüssel zusammen, um über das weitere gemeinsame Vorgehen in der Flüchtlingskrise zu beraten. Bundeskanzler Werner Faymann richtet im Vorfeld einen deutlichen Appell an die deutsche Kanzlerin Angela Merkel: „Es braucht Klarheit“, fordert Faymann im Gespräch mit dem KURIER.

Die Klarstellung, die Faymann von Merkel einfordert: Sie müsse sagen, dass Deutschland nicht gewillt ist, unbeschränkt Flüchtlinge aufzunehmen – und dass sich diese ihr Zielland nicht (mehr) aussuchen dürfen.

"Durchwinken ist falsche Hoffnung"

„Jeder muss wissen: Auf das Durchwinken nach Deutschland zu setzen, ist eine falsche Hoffnung. Ein Weiterkommen kann es nur von den Hotspots an den Außengrenzen oder mit Hilfe des UNHCR direkt aus den Krisenregionen geben. Das müssen die Menschen wissen und das müssen sie akzeptieren.“

Faymann appelliert an Merkel, dem österreichischen Vorbild der Tageskontingente an den Grenzen zu folgen: „Auch Deutschland braucht einen Richtwert.“ Des Kanzlers Argument: Nur wenn Deutschland klar mache, dass die Reise quer durch Europa nicht zum Ziel führe, könne der illegale Migrationsdruck gebremst werden.

Faymann an Merkel: "Auch Deutschland braucht einen Richtwert"
German Chancellor Angela Merkel and Austrian Chancellor Werner Faymann (L) address a news conference at the chancellery in Berlin, Germany September 15, 2015. REUTERS/Hannibal Hanschke

Europäische Lösung

„Ich appelliere an Bundeskanzlerin Angela Merkel, das klar und deutlich zu sagen. Wir brauchen diese gemeinsame europäische Vorgangsweise. Deutschland darf nicht isoliert sein. Deswegen mache ich diese Vorschläge.“ Neben klaren Worten Merkels seien auch „ausreichend ordentliche Quartiere an den Außengrenzen und eine gut organisierte Verteilung auf Europa“ vonnöten: „Mit dieser europäischen Lösung würde es gelingen, viel von dem verlorenen Vertrauen in die Europäische Union wieder zurückzugewinnen.“

"Zielländer nicht aussuchen"

Faymann verweist darauf, dass viel guter Wille derzeit verpuffen würde, weil man die Flüchtlinge ihr Zielland wählen lässt: Portugal etwa würde 7000 Flüchtlinge aufnehmen – doch nur 200 Flüchtlinge wollten bislang dorthin. Frankreich würde 30.000 Asylwerber aufnehmen – hat bis dato aber nur 1000 zugeteilt bekommen. Es könne, sagt Faymann, nicht mehr derart weitergehen, dass alle Hoffnungen auf Asyl in Deutschland oder den (vorübergehenden) Aufenthalt im „Warteraum Österreich“ liegen: „Das Recht auf Asyl ist unbestritten, aber niemand kann sich aussuchen, wo er dieses Recht erhält.“

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