Warten auf den Bundespräsidenten: Briefwähler entscheiden die Wahl

Kopf-an-Kopf-Rennen am Sonntag
Das endgültige Ergebnis inklusive Briefwahl soll Montagabend vorliegen.

Jede Stimme zählt - selten hat sich diese Binsenweisheit mehr bewiesen als bei der Hofburg-Wahl 2016. Erst mit Auszählung der Briefwahl-Stimmen Montag am späten Nachmittag wird klar sein, wer neues Staatsoberhaupt wird. Laut aktuellen Prognosen vom Wahlabend liegen Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen gleichauf.

Die Wahlkarten mussten bis spätestens Sonntag um 17 Uhr bei den Wahlkommissionen eintreffen, damit sie auch gezählt werden. Die Auszählung aller Wahlkarten startet erst am Montag.

Zwar hat der Freiheitliche laut vorläufigem Endergebnis Vorsprung, doch dürfte Van der Bellen bei den Briefwählern noch deutlich aufholen. Sowohl ARGE Wahlen als auch SORA sehen die beiden damit innerhalb der Schwankungsbreite. Wer am 8. Juli Heinz Fischer nachfolgt, ist somit komplett offen.

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885.437 Wahlkarten

Allzu aussagekräftig ist das vorläufige Endergebnis nicht, denn es wurden so viele Wahlkarten wie noch nie ausgegeben - exakt 885.437, das sind fast 14 Prozent der 6,382.507 Wahlberechtigten. Ein guter Teil davon wird erst morgen ausgezählt. Die Hochrechner der ARGE Wahlen gehen davon aus, dass fast 700.000 der Wahlkarten auf postalischem Weg abgeben wurden und nicht im Wahllokal - und diese werden erst am Montag ausgezählt.

Weiß-Wähler

Es ist allerdings schwer abzuschätzen, wie viele Briefwähler auch gültig wählen. Denn es ist gut möglich, dass deutlich mehr Stimmberechtigte weiß – also ungültig – wählen. Die Wahlkarten durften erst am 3. Mai ausgefüllt und abgeschickt werden, sonst sind sie ungültig.

Das endgültige Ergebnis inklusive Briefwahl sollte Montag am früheren Abend vorliegen – beim ersten Wahlgang kam es knapp vor 18 Uhr. Für den freilich höchst unwahrscheinlichen Fall, dass beide Kandidaten genau gleich viele Stimmen bekommen, ist im Bundespräsidentenwahlgesetz Vorsorge getroffen: Die Stichwahl muss so lange wiederholt werden, bis einer der beiden zumindest eine Stimme mehr hat.

Das bisher knappste Ergebnis bei einer bundesweiten Wahl in Österreich verzeichneten die Wahlforscher im Jahr 1999. Damals überholten die Freiheitlichen unter ihrem damaligen Chef Jörg Haider ( 2008) die Volkspartei unter Wolfgang Schüssel mit gerade einmal 415 Stimmen und landeten auf Platz 2.

Warten auf den Bundespräsidenten: Briefwähler entscheiden die Wahl

Stichwahl holte noch mehr Wähler an die Urnen

Das Hofburg-Duell Hofer gegen Van der Bellen hat die Österreicher zum Wählen motiviert. Schon an der Urnenwahl am Sonntag beteiligten sich etwas mehr Wahlberechtigte als beim ersten Wahlgang. Mit einem Wahlkarten-und damit zu erwartenden Briefwahl-Rekord dürfte die Beteiligung auf mehr als 72 Prozent steigen. Im ersten Wahlgang waren es gesamt 68,50 Prozent.

Damit ist der Einbruch des Jahres 2010 - die Wiederwahl Heinz Fischers motivierte nur 53,57 Prozent zur Stimmabgabe - mehr als wettgemacht. Mit 72 Prozent läge die Beteiligung sogar noch höher als 2004, wo es 71,60 Prozent waren.

Im ersten Wahlgang hatte schon die Tatsache das Interesse gehoben, dass heuer sechs Kandidaten angetreten sind und die Wählenden den Eindruck hatten, dass es tatsächlich etwas zu entscheiden gab. Die Stichwahl zwischen dem FPÖ- und dem Grünen Kandidaten wurde dann vielen Wählern als "Richtungswahl" erachtet, viele motivierte das Bestreben, den Gegenkandidaten zu verhindern.

Die höchste Urnenwahl-Beteiligung verzeichnete am heutigen Sonntag einmal mehr das Burgenland mit nur knapp unter 70 Prozent und wenig dahinter Niederösterreich mit fast 69. Um unteren Ende lag vorerst Wien mit 53,6 Prozent. Dort wurden allerdings die meisten Wahlkarten angefordert, es ist damit zu rechnen, dass viele Wiener an diesem Ausflugswochenende die Briefwahl genützt haben.

"Werde nicht so gut schlafen wie sonst"

Dem engen Rennen entsprechend zurückhaltend fielen die ersten Reaktionen aus. Er sei immer ein Optimist und bleibe dies auch. Allerdings werde er heute "nicht so gut schlafen, wie sonst", meinte Hofer. Kontrahent Van der Bellen, der einen Rückstand von rund 14 Prozentpunkten kompensieren konnte, gab sich "vorsichtig zuversichtlich".

Für den Grünen entschieden sich vor allem die Städter. Alle Landeshauptstädte außer Eisenstadt wählten Van der Bellen. Im ländlichen Raum reüssierte Hofer, der auch alle Bundesländer außer Vorarlberg und Wien hinter sich brachte, wobei sich der Ausgang in Oberösterreich und Tirol durch die Briefwähler noch drehen könnte. Der Freiheitliche dürfte laut Wählerstrom-Analysen auch deutlich mehr Männer überzeugt haben, Van der Bellen dafür die Mehrheit der weiblichen Wähler.

Begleitet wurde die Wahl von großem, auch internationalem Medien-Interesse. Mehr als 70 Kamera-Teams warteten letztlich vergeblich auf eine Entscheidung am Wahlabend.

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