Schwarze Steuerideen sind rotes Tuch für die SPÖ

Schwarze Steuerideen sind rotes Tuch für die SPÖ
Für den Sozialminister geht Finanzminister auf "Konfrontationskurs". Die ÖVP legt aber derweil munter nach.

Just am 1. Mai hat Finanzminister Michael Spindelegger im KURIER mit seinem Vorschlag aufhorchen lassen, den "Wildwuchs" an Steuer-Ausnahmen und -Privilegien radikal durchforsten zu wollen. So will der ÖVP-Chef Spielraum für eine Steuerentlastung schaffen.

Was Koalitionspartner SPÖ heftig erzürnt, ist, dass Spindelegger als Beispiele auch Steuerbefreiungen und Absetzbeträge nannte, die schlechter verdienenden Arbeitnehmern zugute kommen (z. B. Befreiung für die Schmutz- und Erschwerniszulage).

Die Liste der Steuerbefreiungen finden Sie hier.

SPÖ-Sozialminister Rudolf Hundstorfer sagte am Freitag zum KURIER: "Diese Ideen sind abzulehnen. Die Vorschläge sind aus der Kategorie Sparen und nicht aus der Kategorie Entlasten. Wenn man da so weitermacht, läuft das in Wahrheit auf einen Konfrontationskurs hinaus."

Während die SPÖ weiter für eine Millionärssteuer werbe, um die Arbeitnehmer entlasten zu können, gehe es der ÖVP doch nur um den Schutz der Millionäre, sagt Hundstorfer, der auf den Widerspruch zur christlichen Soziallehre verweist. Man müsse sich fragen, ob dieser Zugang "einer Volkspartei gerecht wird", so Hundstorfer.

Wahlkampf pur? Tags zuvor meldete sich bereits ÖGB-Präsident Erich Foglar zu Wort und konterte Spindelegger scharf. Die Streichung der steuerfreien Schmutz-, Erschwernis und Gefahrenzulagen für jene Kollegen, "die die härtesten Arbeitsbedingungen haben", sei abzulehnen. "Das ist nicht die Steuerreform, die wir uns vorstellen", wetterte Foglar. Jetzt will der ÖGB den Druck auf eine rasche Entlastung nochmals erhöhen.

In der ÖVP nimmt man die Kritik relativ gelassen. Man habe vom Durchforsten des Steuer-Dschungels gesprochen und nicht vom sofortigen Abschaffen aller Privilegien. Manche Ausnahmen seien aber absurd. Es müsse erlaubt sein, darüber zu diskutieren.

Haustrunk

So etwa der steuerbefreite "Haustrunk" für Arbeitnehmer in Brauereien und im Milchgewerbe oder der sogenannte "Grenzgängerabsetzbetrag" für Personen, die zur Arbeit ins Ausland pendeln. Oder im Unternehmensbereich die steuerliche Absetzbarkeit von Bewirtungskosten.

Die Liste sei schier endlos. In Summe gehe es um 10 bis 15 Milliarden Euro (mit oder ohne Begünstigung für 13./14.) an historisch gewachsenen Steuer-Privilegien und Schlupflöchern, die es in Zeiten von Sparbudgets zu hinterfragen gelte.

Das Einkommenssteuergesetz aus 1988 sei "extrem in die Jahre gekommen", sagt dazu ÖVP-Finanzstaatssekretär Jochen Danninger. "Keiner hat mehr den Durchblick." Bei der Vereinfachung des Steuersystems müsse daher ein großer Wurf gelingen.

Danninger erinnert in diesem Zusammenhang auch an den ÖVP-Vorschlag aus dem Wahlkampf 2013 – ein Kinderfreibetrag in Höhe von 7000 Euro. "Uns ist wichtig, dass die Familien bei einer allfälligen Steuerreform nicht zu kurz kommen. Da müssen wir einen Schwerpunkt setzen." Ob dafür die bestehenden Absetzbeträge für Kinder- und Alleinverdiener abgeschafft werden sollen, lässt er offen. Nur soviel: "Wir müssen ein neues System aufstellen, wo man die Entlastung spürt."

Experten begrüßen den Ansatz der ÖVP, die Sinnhaftigkeit von Steuerprivilegien und der vielen Absetzmöglichkeiten zu hinterfragen. Christian Keuschnigg, Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), sagte zum KURIER: "Ja, das Durchforsten macht Sinn. Auch die Begünstigung des 13. und 14. Gehaltes darf kein Tabu sein."

Schließlich gehe es um die Sichtbarkeit der Verteilungswirkungen. Man könne auch alle Begünstigungen streichen und dafür aufkommensneutral die Steuertarife senken. "Heute ist das System so kompliziert geworden, dass schon fast jeder einen Steuerberater braucht."

Die Schlupflöcher machten das System auch administrativ aufwendig. Keuschnigg schätzt, dass zehn Prozent des Steueraufkommens durch die Verwaltung des Systems in der Beamten-Bürokratie und in den Unternehmen "wieder draufgeht."

Auch Margit Schratzenstaller vom WIFO begrüßt den Vorstoß von Finanzminister Michael Spindelegger. "Eine radikale Durchforstung der Ausnahmen in der Einkommenssteuer ist dringend geboten. Das würde Manövriermasse für die Senkung der Steuersätze schaffen und das System vereinfachen." Freibeträge und Absetzbeträge (ohne Negativsteuer) seien vor allem für Bezieher von Mini-Einkommen unter 11.000 Euro im Jahr sinnlos, weil sie keine Lohnsteuer zahlen. Und das sind 30 Prozent der Lohnsteuerpflichtigen.

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