ÖVP gegen "Wildwuchs" bei Steuer-Ausnahmen

Spindelegger: Bescheidene Werte wie Fekter.
Der Finanzminister will mit der Streichung Spielraum für eine Steuersenkung ab 2016 schaffen.

Nach seinem ersten Budget möchte Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) zügig, das bedeutet Anfang Mai, das Thema Steuerentlastung angehen. Er hat dazu seine schwarzen Ministerkollegen, aber auch Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer, um inhaltliche Vorschläge gebeten. Hintergrund: Bevor die Beratungen in der Steuerreformkommission mit der SPÖ beginnen, soll bereits parteiintern Vorarbeit geleistet werden.

Spindelegger nennt im KURIER-Gespräch seine Eckpfeiler einer Steuerreform, die aufgrund der Konjunktur aber nicht vor 2016 kommen könne. Anders die SPÖ, sie fordert immer öfter schon eine Entlastung im Jahr 2015, allerdings über eine Gegenfinanzierung mit anderen Steuern. Eine Gemeinsamkeit gibt es: Der Eingangssteuersatz muss runter, sagt auch Spindelegger. Außerdem will er:

Einfachere Lohnverrechnung Die Steuerstruktur "wesentlich vereinfachen". Das Beispiel einer einfacheren Lohnverrechnung für die Betriebe über die Harmonisierung der Bemessungsgrundlagen aus dem Steuer- und Sozialversicherungsrecht machte bereits die Runde.

Weniger Ausnahmen Spindelegger sind auch die vielen, aus Budgetsicht teuren Ausnahmen und Absetzmöglichkeiten ein Dorn im Auge. Er will diesen Dschungel durchforsten, "nicht gleich alles abschaffen, aber doch das eine oder andere überdenken und so Spielraum schaffen." Als Beispiele nennt er die Steuerbefreiung für die Schmutz- und Erschwerniszulage. Sie allein kostet 650 Millionen Euro pro Jahr. Oder Dinge wie: steuerfreie Überstundenzuschläge, die Absetzbarkeit von Sonderausgaben (private Versicherungen, Wohnraumschaffung), was 430 Millionen kostet. Spindelegger: "Da ist enormer Wildwuchs entstanden."

Hoffen auf Konjunktur Mitspielen muss aber auch die Wirtschaftsentwicklung. Derzeit ist nur ein Wachstum von jeweils 1,7 Prozent für 2014 und 2015 prognostiziert. Spindelegger: "Wenn es nicht signifikant besser wird, geht sich frühestens 2016 eine Entlastung aus, aber eine relativ kleine. Wird das Wachstum 2015 signifikant besser, können wir uns 2016 mehr leisten. Allein die Senkung des Eingangssteuersatzes auf 25 Prozent kostet ja vier Milliarden Euro."

Nein zu Pflege-Steuer Der Eingangssteuersatz, gehöre gesenkt, so der VP-Chef, weil ansonsten die "Hürde arbeiten zu gehen, zu hoch ist. Ohne eine Absenkung bleiben zu viele Menschen freiwillig in der Mindestsicherung."Den jüngsten Vorstoß seines steirischen Parteikollegen und Gesundheitslandesrates Christopher Drexler, eine höhere Mehrwertsteuer zur Pflegefinanzierung einzuführen, lehnt Spindelegger in dieser Form ab. "Eine Entlastung auf der einen Seite, eine Belastung auf der anderen Seite, das würden die Menschen zu Recht als Hohn empfinden."

Die Budgetdebatte nahm am Mittwoch im Parlament den üblichen Verlauf. Spannender als das erwartbare Selbstlob der Regierungsparteien und die ebenso erwartbare Oppositionskritik waren Wortmeldungen von außerhalb des Hohen Hauses.

Massive Kritik übten bei einer Pressekonferenz am Mittwoch die Hilfsorganisationen Caritas, Diakonie, Rotes Kreuz und SOS Kinderdorf. Tenor: Es werde bei den Ärmsten gespart – von der Entwicklungshilfe über die Bildung bis zur Pflege.

Caritas-Präsident Michael Landau hielt der Regierung vor, die Hypo-Rettung wichtiger als die Menschen zu nehmen. Wenn die Bürger „für eine Pleite-Bank und für eine Krise haften müssen, die sie selbst nicht verursacht haben, dann ist das ein Skandal.“ Man habe sich „zu einer Gesellschaft ohne Haftung für die Schwächsten entschlossen“. Eine „Schande“ und ein „echtes Armutszeugnis“ sei dabei die neuerliche Kürzung der Entwicklungshilfe, sagen die Hilfsorganisationen.

Überraschend scharfe Worte findet aber auch der Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Christoph Neumayer, zum Budget. Freilich mit ganz anderem Inhalt. Bezugnehmend auf den Tag der Arbeit, sagte Neumayer in einem APA-Interview, dass es bei Jobs und Wachstum in erster Line um die Senkung der Arbeitskosten und eine Steuerentlastung gehe. „Durch das neue Budget ist aber das Gegenteil der Fall“, so der IV-General.

Im Doppelbudget für heuer und 2015 – für Neumayer „bestenfalls ein Zwischenschritt“ – fehle es an den Voraussetzungen für mehr Investitionen, Innovation, Forschung und Bildung. „Das wurde ausgeblendet in diesen Budgets.“

Vor allem die Steuerbelastung des Faktors Arbeit und die Arbeitszusatzkosten seien weiter zu senken, fordert der Industrie-Vertreter. Die beschlossene Senkung der Lohnnebenkosten um 0,2 Prozentpunkte könne nur der Anfang sein. Mittelfristig – bis 2020 – müssten 0,5 Prozentpunkte das Ziel sein.

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