Schulreform: Rücktrittsrufe und Durchhalteparolen

Minister Ostermayer wird immer gerufen, wenn es brennt. Nun versucht er der angeschlagenen Bildungsministerin Heinisch-Hosek zu helfen
Die Bildungsministerin will trotzdem mit ihrer Schulreform noch heuer fertig sein.

In der Bildungspolitik brennt der Hut. Die Nachricht des KURIER am Donnerstag, dass die Landeshauptleute Erwin Pröll und Hans Niessl die Bildungsreformgruppe der Regierung verlassen, hat für enorm viel Wirbel gesorgt.

Pröll und Niessl hatten erklärt, dass sich die Reformverhandlungen in eine falsche Richtung entwickeln, und sie das nicht mehr mittragen wollen. Pröll urteilte, es gebe einen Rückschritt "hin zu einer totalen Zentralverwaltung", Niessl sagte, die Reform bewege sich immer weiter weg vom Beschluss der Landeshauptleute, welche die Schulkompetenzen in den Händen der Länder vorsieht.

Arbeit wird fortgesetzt

Donnerstagvormittag wurde eilends eine Pressekonferenz im Bildungsministerium einberufen. Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek, die seit Monaten heftige Abwehrkämpfe führt, und Kanzleramtsminister Josef Ostermayer kalmierten: "Natürlich werden die Arbeit und die Arbeitsgruppen fortgesetzt", erklärte Ostermayer. Statt Niessl werde künftig einfach Wiens Landeshauptmann Michael Häupl der politischen Reformgruppe angehören.

Der "springende Punkt" für den "überraschenden Schritt" der beiden Landeshauptleute sei laut Heinisch-Hosek die Frage der künftigen Zuständigkeit für die Verwaltung der Lehrer gewesen. Mit Blick auf die gesamte Reform sei das zwar wichtig, aber nicht vorrangig, betonte Ostermayer. Er und Heinisch wollen am eigentlichen Ziel festhalten: Bis Anfang November soll die große Bildungsreform ausverhandelt sein, und zwar eine, die im Parlament auch eine Zweidrittelmehrheit bekommen kann. Denn für Reformen beim Großteil der Schulgesetze ist eine Verfassungsmehrheit erforderlich.

Retten, was zu retten ist

Während also die einen versuchen, bei der Bildungsreform zu retten, was zu retten ist, schießen besonders Vertreter aus den schwarzen Bundesländern scharf gegen die Bildungsministerin. Der oberösterreichische ÖVP-Landeshauptmann Josef Pühringer erklärte, er verstehe den Rücktritt von Pröll und Niessl. Sie seien nicht ausgeschieden, weil sie gegen eine Reform sind, sondern weil sie nicht daran glauben, dass eine solche unter der roten Bildungsministerin stattfinden werde.

Auch für den Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer laufe der Prozess derzeit in die falsche Richtung. Er habe die Hoffnung aber noch nicht aufgegeben, dass es zu einem Ergebnis komme. Haslauer, der derzeit einzige ÖVP-Ländervertreter in der Reformgruppe, werde sich auf jeden Fall um ein Vorankommen bemühen. Und der Tiroler VP-Chef Günther Platter warnt wie schon Pröll vor einem "zentralistischen Ansatz" in der Schulverwaltung, der "sicher nicht" zu Verbesserungen der Qualität im Bildungssystem führe.

Reformkurs bleibt

Die SPÖ zeigt sich trotz der massiven Vorwürfe unbeeindruckt, und will am Reformkurs festhalten. Doch worum es eigentlich bei dem Streit, der am Donnerstag eskaliert ist, geht, darüber gibt es unterschiedliche Lesarten: Für die SPÖ gehe es den Landeschefs nur um Machterhalt. Denn am Anfang der Reform ist in Aussicht gestellt worden, dass alle Lehrer "verländert" werden könnten, also alle 127.000 Lehrer den Ländern unterstellt werden.

Aus ÖVP-Kreisen ist zu erfahren, dass die SPÖ-Bildungsministerin offenbar ein Problem mit dem Begriff "Schulautonomie" habe, einer zentralen Forderung der Bildungsreform. Tatsächlich versteht unter diesem Begriff jeder etwas anderes: Sollen die Schulen wirklich totale Hoheit über ihr Personal, ihre Pädagogik, die Schulorganisation und ihre Finanzen bekommen? Der Bund soll nach dem ursprünglichen Plan zwar für die "Qualitätssicherung" zuständig sein, aber wie weit soll diese Kontrolle auch ein Durchgriffsrecht beinhalten?

Die Zeit drängt

Unterm Strich bleibt, dass die Reform auf der Kippe steht. Ein Scheitern können sich weder SPÖ noch ÖVP leisten. Ob in vier Monaten, bis zum 11. November, wirklich noch eine echte Reform vorgelegt werden kann, die von den Regierungsparteien, der Lehrergewerkschaft als auch zumindest von einer großen Oppositionspartei mittragen wird, das wird immer unwahrscheinlicher.

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