Hofburg-Geflüster in der ÖVP

Charmeoffensive von Niederösterreichs Erwin Pröll in Tirol (im BIld mit Günther Platter): In der ÖVP wird von einer Vorbereitung für eine Hofburg-Kandidatur gemunkelt
Bundespräsidentenwahl: Wer kandidiert, muss die Wahlkampffinanzierung mitbringen.

Allen koalitionären Differenzen um die Steuerreform zum Trotz geht man in der ÖVP nicht von vorzeitigen Nationalratswahlen aus. Demnach wird der nächste bundesweite Urnengang programmgemäß die Bundespräsidentenwahl im Frühjahr 2016 sein.

In der ÖVP werden mehrere Politiker als potenzielle Kandidaten gehandelt. Als Top-Favorit gilt Landeshauptmann Erwin Pröll.

Das letzte Mal, 2010, hatte sich der Westen gegen Prölls Hofburg-Kandidatur gestemmt. Dort gibt es immer noch Vorbehalte. Ein westlicher Polit-Stratege: "Es geht nicht um persönliche Vorlieben oder Abneigungen, sondern schlicht um die Frage von Prölls Wahlchancen. Im Westen reagieren die Leute sensibel auf demonstratives Machtbewusstsein. Aber wer weiß, wenn er charmant auftritt, kann sich das noch ändern..."

So wurde Prölls jüngster Auftritt in Tirol denn auch als "Charmeoffensive" im Hinblick auf eine etwaige Hofburg-Kandidatur gedeutet. Vor dem Goldenen Dachl in Innsbruck fand eine "kulinarische Begegnung" im Beisein der Landeshauptleute statt. Lokale Reporter notierten: "Dass Tiroler Schmankerln und Niederösterreichischer Wein ebenso miteinander harmonieren wie die beiden Landeshauptleute Günther Platter und Erwin Pröll – das wurde beim Genussfestival Tirol trifft Niederösterreich in der Innsbrucker Altstadt deutlich. Dass auch das Konzert der Bundesländer funktioniert, zeigte sich, als LH Pröll zum Taktstock und LH Platter zum Blasinstrument griff."

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Abgesehen von Pröll werden auch Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl und EU-Delegationsleiter Othmar Karas als mögliche Hofburg-Kandidaten gehandelt.

Die ÖVP geht aus heutiger Sicht davon aus, dass der Gegenkandidat der SPÖ Rudolf Hundstorfer sein wird. ÖVP-Strategen schätzen den Sozialminister keineswegs als leichten Gegner ein, weil sie davon ausgehen, dass Hundstorfer die Wiener SPÖ und die Gewerkschaft im Rücken hätte.

Letztlich, so meint ein ÖVP-Stratege, müsse und werde Pröll selbst entscheiden, "welche Chancen er sich ausrechnet, und ob er kandidieren will." Und wenn Pröll wolle, geht man davon aus, dass er diesmal auch der Kandidat sein werde.

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Unter dem Aspekt der Finanzierung gibt es in der ÖVP eine klare Reihung bei den potenziellen Kandidaten. Aus der Bundespartei wurde angeblich die Parole ausgegeben: "Jeder Kandidat ist willkommen, der sich den Wahlkampf selbst finanziert."

Kein Wunder. Die ÖVP wird das heurige Jahr mit sieben Millionen Euro Schulden abschließen. Laut Tilgungsplan ist die ÖVP erst 2017 wieder schuldenfrei – rechtzeitig vor der nächsten Nationalratswahl.

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