ÖVP will Grasl statt Wrabetz an ORF-Spitze

ORF-General Alexander Wrabetz, Finanzdirektor Grasl
Der ORF wird zur Kampfarena der "Freundeskreise".

Die Neuwahl der ORF-Spitze erfolgt erst am 9. August 2016, und bis dahin kann noch viel passieren. Daher ist es verfrüht, eine Prognose abzugeben, wie diese Wahl tatsächlich ausgehen wird. Gerade in der Geschichte der ORF-Wahlen gab es schon viele Überraschungen.

Was sich aber recherchieren und berichten lässt, sind die Positionierungen von wichtigen Spielern in diesem Machtpoker.

Demnach zeichnet sich zurzeit keine gemeinsame Vorgangsweise von SPÖ und ÖVP ab. Die SPÖ-Spitze hätte das zwar gern, aber die ÖVP will nicht mitspielen. In der SPÖ-Version soll SPÖ-Kandidat Alexander Wrabetz Geschäftsführer des ORF bleiben, er soll allerdings einige Kompetenzen an seinen Finanzchef Richard Grasl abgeben. Damit wäre das rot-schwarze Duo komplett.

Wrabetz hat allerdings derzeit keine absolute Mehrheit im Stiftungsrat, auch von der relativen Mehrheit ist er deutlich entfernt. Die SPÖ kann 13 Stiftungsräte zu ihrem "Freundeskreis" zählen, die ÖVP 14 zu ihrem. 18 Stiftungsräte sind für die Mehrheit nötig.

In ÖVP-Kreisen heißt es, Wrabetz werde nicht zugetraut, den ORF auf "Zukunftskurs" nach dem Vorbild der BBC zu bringen. Außerdem verlange die SPÖ von Wrabetz als Gegenleistung für dessen Verlängerung als ORF-Boss mehr Zugriff auf die ORF-Information. "Da wird die ÖVP nicht mitspielen", sagt ein Spitzen-Schwarzer.

"In der ÖVP-Führung tendiert die Stimmung dahin, die relative Mehrheit im Stiftungsrat – trotz Koalitionspartner – zum Wohle des ORF zu nutzen", formuliert ein Kenner. Auch die Person steht bereits fest: der derzeitige Finanzchef Richard Grasl sei ein "erfahrener Manager".

Übersetzt heißt das: Der ORF wird zur Kampfarena der rot-schwarzen "Freundeskreise". Die beiden Lager werden versuchen, in den nächsten Monaten genügend andere Stiftungsräte auf ihre Seite zu ziehen, um bis 9. August eine Mehrheit zu bekommen.

Grasl braucht nach heutigem Stand vier, Wrabetz fünf. Ein wichtiges Datum sind noch die Personalvertretungswahlen im Februar, nach denen sich der fünfköpfige Betriebsrat, der ebenfalls zu den 35 stimmberechtigten Stiftungsräten zählt, neu zusammensetzen wird. Derzeit steht es unter den Betriebsräten fünf Rote zu einem Unabhängigen.

Die anderen Parlamentsparteien – FPÖ, Grüne, TS und Neos – stellen je einen Stiftungsrat. In Summe gibt es drei Unabhängige.

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