ÖVP, Neos und Grüne: Kann diese Koalition klappen?

Grünen-Chef Werner Kogler, Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger, ÖVP-Chef Sebastian Kurz
Eine türkis-grün-pinke Regierung gilt als schwierig, aber spannend. Montagabend trat man zum Duell an.

Es wäre ein Experiment, ein riskantes noch dazu. Doch unter den kursierenden Koalitionsvarianten gilt das türkis-grün-pinke Bündnis als wohl spannendstes, weil in vielerlei Hinsicht neues (drei Partner, Grüne und Neos in der Regierung).

Insofern war das Aufeinandertreffen von Sebastian Kurz (ÖVP), Beate Meinl-Reisinger (Neos) und Werner Kogler (Grüne) Montagabend auf Puls 4 bemerkenswert. Wie würden die Parteichefs miteinander umgehen? Gemeinsam mit Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer (OGM) und Ex-ORF-Moderator Gerald Groß analysiert der KURIER die Duelle.

„Beim Aufeinandertreffen von Kogler und Kurz gab es von Anfang an klare Fronten“, sagt Groß. Was eine mögliche Zusammenarbeit angeht, wirbt Kogler zwar um Kurz – allerdings um den aus dem Jahr 2013 und nicht, wie er tadelnd festhält, um den „Kurz des Jahres 2019, der redet wie Herbert Kickl“.

Migration und Integration sind nicht nur die Themen, mit denen der Abend beginnt; es sind offenkundig auch jene Themen, bei denen sich Kurz und Kogler am wenigsten schuldig bleiben wollen: Kurz rückt die Chefin der Wiener Grünen wohlwollend in die Nähe von Schleppern, um dem gegenüberzustellen, dass „wir“, also die ÖVP, Schlepper „als Verbrecher sehen, die gejagt gehören“. Irgendwann fällt von Kurz der Satz „Ich sehe keine Annäherung“ – und das gilt für fast alle Themen. Denn egal ob Klimawandel oder Parteispenden: die Mehrzahl der Diskussionsminuten verwenden Kurz und Kogler darauf, die Verfehlungen des Gegenübers herauszuarbeiten.

Regierung? Schwierig

Für Kogler ist die ÖVP beim Klimaschutz die Partei, die den „öffentlichen Verkehr ausgehungert und in Niederösterreich sogar die Schienen herausgerissen hat“. Für Kurz ist Kogler auch bei Schlüsselthemen wie der Mindestsicherung oder den Parteispenden einer, der Zahlen, Daten und Fakten vermissen lässt und für ihn teils „grenzwertig“, also fast ehrenrührig, argumentiert.

TV-Kenner Groß bilanziert nüchtern: „Man kann sich die beiden als Regierungspartner nach der Wahl eher schwer vorstellen“.

Wie ging’s Kurz mit Meinl-Reisinger?

Nicht wesentlich besser, denn: Die Konfrontation blieb. Exemplarisches Beispiel: Sebastian Kurz bringt den höchst umstrittenen Wahlkampf-„Söldner“ Tal Silberstein ins Spiel – und zwar dergestalt, dass dieser womöglich gratis für die Neos gearbeitet habe. Meinl-Reisinger weist das mit einer Spitze zurück („Wir haben gut verhandelt“), doch der Grundton bleibt distanziert.

Konflikte

Bildung, Kopftuchverbot, EU: Bei jedem Thema gibt es Konfliktpotenzial, Meinl-Reisinger sagt zu Kurz: „Sie halten das Problem hoch, anstatt ehrliche Lösungen zu suchen.“

Fazit Groß: „Das sind keine logischen Partner. In einer Koalition würden wohl die Funken sprühen.“

Bleibt die Frage: Wie taten sich Grün und Pink miteinander? „Die Neos sind vom Erscheinungsbild fast in Nähe der ÖVP gerückt, aber auch die Grünen geben sich bürgerlicher“, sagt OGM-Boss Bachmayer. „Kogler öffnet seine Partei in Richtung ältere und ländliche Wähler.“

Was den Konflikt angeht, hat Groß einen klaren Befund: „Die beiden wollten einander keine offenen Wunden zufügen – aber subkutane Kratzer schon!“ Trotz gesellschafts- und wirtschaftspolitischer Unterschiede hätten beide bei fast jedem Thema Gemeinsamkeiten gefunden. Auch Bachmayer sieht das so: „Man hatte das Gefühl, die mögen einander.“ Groß’ Fazit: „Man kann sich Kogler und Meinl-Reisinger gut in einer Regierung vorstellen – oder gemeinsam in Opposition gegen Türkis-blau 2.“

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