"Mit mir gibt es eine Steuersenkung"

Michael Spindelegger und Christoph Leitl im Interview_H.B. und Paul Trummer am 8.5.2013 im BMA
Die ÖVP-Spitze verspricht niedrigere Steuern und Erleichterungen für Unternehmer. Leitl und Spindelegger im KURIER-Interview.

Die ÖVP will sich vor der kommenden Nationalratswahl als die Wirtschaftspartei positionieren. Gelingen soll das mit Erleichterungen für Unternehmen, einer Wohnbauoffensive, neuen Investitionen bei der Bahn und Plänen für eine Steuerreform.

KURIER: Herr Präsident Leitl, würden Sie derzeit in Österreich investieren?
Christoph Leitl:
Das tu’ ich ja. Ich bin in Österreich tätig und vertraue dem Staat. Er ist ein guter Standort – trotz mancher Probleme. Aber wir könnten noch besser sein.

Wir leben in einem Land, wo die Finanzministerin sagt, wir haben ein ungerechtes und unsoziales Steuersystem. Herr Vizekanzler, warum sollen Unternehmen hier investieren?
Michael Spindelegger: Wir haben gute Grundlagen im Land. Wir haben ein gutes Bildungssystem, wir haben ein duales Ausbildungssystem, das sich sehen lassen kann. Zudem haben wir kreative Personen. Deren Ideen gehören entfesselt. Wir brauchen ein paar Wachstumsimpulse, und dazu haben wir uns einiges überlegt.

Was könnten diese Wachstumsimpulse sein?
Spindelegger: Wir wollen etwa bei der Bauindustrie ansetzen. Wenn wir das Angebot an Wohnungen erhöhen, erhält man entsprechende Arbeitsplätze. Zweitens brauchen wir auch eine bessere Mittelstandsfinanzierung: Wir wollen branchenbezogene Finanzierungsgesellschaften für den Mittelstand. Diese Gesellschaften sollen börsenotiert sein, damit sich jeder dort beteiligen kann. Und diese Beteiligung soll steuerlich attraktiv sein, etwa durch einen dreijährigen Verzicht auf die Körperschaftssteuer.

Leitl: Arbeit kann man plakatieren oder Arbeit kann man schaffen. Wir gehören in die zweite Kategorie. Durch gute Rahmenbedingungen wollen wir ein optimistisches Klima schaffen. Es nützt nix, wenn wir raunzen. Was wir brauchen, ist ein Wachstums- und damit ein Arbeitsplatz-Impulsprogramm. Zwischen einem Wirtschaftswachstum von plus 0,5 Prozent und minus 0,5 Prozent liegen 25.000 Jobs. Um die kämpfen wir.

Ist diese Wohnbau-Offensive, die Sie angesprochen haben, auch ein Jobmotor?
Leitl: Eine Milliarde Euro, auch wenn nicht aus dem Budget, schafft 20.000 neue Jobs.

Diese Jobs sind dringend notwendig, schließlich gab es im März und April negative Zahlen vom Arbeitsmarkt. Der Sozialminister fordert nun eine Beschäftigungsgarantie für Ältere und ein Bonus-Malus-System für die Betriebe.
Leitl: Den Bonus hat er uns schon genommen. Wir hatten für ältere Menschen einen dreiprozentigen Lohnnebenkosten-Bonus. Den hat Minister Hundstorfer kassiert. Wenn er uns den wieder zurückgibt, bin ich sofort gesprächsbereit.

Müssen wir beim Thema Jobs für Ältere nicht auch über eine Reform bei den Kollektivverträgen sprechen?
Leitl:
Wir müssen in den Kollektivverträgen völlig umdenken und künftig in einer Lebenseinkommenskurve denken. Es kann nicht sein, dass ein 60-Jähriger mit gleicher Qualifikation doppelt so viel kostet wie ein 30-Jähriger.

Aber wenn wir dem 30-Jährigen mehr zahlen und dem 60-Jährigen nichts wegnehmen, wird es wesentlich teurer, oder?
Leitl: Wenn jemand jung ist, will er sich etwas schaffen. Das kostet Geld. Das Problem für die Unternehmer sind aber etwa die automatischen Vorrückungen. Davon könnten wir abgehen. Ebenso könnten wir schon bei der nächsten Kollektivvertragsrunde über die Prozent-Zuschläge diskutieren.

Herr Minister, ÖVP und SPÖ setzen offenbar auf dieselben Themen im Wahlkampf: Arbeitsplätze, Wohnen und Familie. Wo bleibt die Abgrenzung der ÖVP?
Spindelegger: Sie brauchen nur auf die Plakate zu schauen. Das rote SPÖ-Plakat mit dem Slogan Arbeit ist eine Botschaft, nämlich die, dass es immer so war. Auf unseren Plakaten finden Sie ein kleines Kind. Und darunter steht: „Bauherr 2039“. Wir denken ein bisschen weiter. Und wir denken daran, wie wir der nächsten Generation wieder eine Perspektive geben können. Wenn Christoph Leitl sagt, ‚schauen wir, dass junge Menschen Unternehmer werden wollen‘, dann ist das eine atmosphärische Frage. Wenn Sie heute die Studenten der Wirtschaftsuniversität nach den Zukunftsplänen fragen, und die Antwort ist ‚Beamter‘, kann nichts Neues entstehen.

Welche Maßnahmen wollen Sie in der nächsten Legislaturperiode umsetzen?
Spindelegger: Es geht uns um die Entfesselung der Wirtschaft in Österreich. Wie bekommen wir mehr Wachstum und Arbeitsplätze? Wie schaffen wir dadurch mehr Einnahmen für den Staat und damit auch die Möglichkeit einer Steuersenkung? Das ist ein Programm, das wir vorsehen.

Also unter einem Bundeskanzler Spindelegger gibt es in der nächsten Periode ganz sicher eine Steuersenkung?
Spindelegger: Mit mir gibt es ganz sicher eine Steuersenkung, je nachdem, wann wir das Ziel erreichen, den Haushalt in Ordnung zu bringen.

Wer wird von dieser Steuersenkung profitieren?
Spindelegger: Der Mittelstand. Mit anderen Worten, diejenigen, die jeden Tag fleißig arbeiten, aber am Ende des Monats was davon haben wollen.

"Mit mir gibt es eine Steuersenkung"
Michael Spindelegger und Christoph Leitl im Interview_H.B. und Paul Trummer am 8.5.2013 im BMA
Umgekehrt heißt das, wenn Sie als Nummer zwei in eine Regierung gehen, werden Sie eine Steuererhöhung verhindern?
Spindelegger:Ich beschäftige mich derzeit mit der Variante, dass ich als Nummer eins durchs Ziel gehe.

Herr Präsident, das Thema Vermögenssteuern ist nicht vom Tisch. Sie haben wiederholt dagegen mobil gemacht ...
Leitl:
Beim Thema Steuern unterscheiden sich SPÖ und ÖVP. Ich bin zuversichtlich, dass nach dem Nationalratswahlkampf, wo das Thema Vermögenssteuer eine Rolle spielen wird, vonseiten der Sozialdemokraten keine Eigentumssteuern kommen werden. Aus einem einfachen Grund: Das killt Arbeitsplätze. Man kann nicht Arbeit plakatieren und zugleich Maßnahmen machen, wo man Investoren vertreibt. Zwei Drittel der ehemaligen Vermögenssteuer sind aus den Betrieben gekommen. Ich bin sehr dankbar, dass jetzt nicht mehr von der sogenannten Millionärssteuer die Rede ist, sondern von 150.000 Euro. Jetzt hab ich am Stammtisch wieder Oberwasser. Wer glaubt, man könne Arbeit schaffen, indem er mit einer neuen Steuerkeule droht? Wer mit den Spitzensteuern, die in Österreich im internationalen Vergleich gezahlt werden, nicht auskommt, der wird Schwierigkeiten haben, Investoren zu motivieren.

Das heißt, Sie wollen keine neuen Steuern, sondern Vergünstigungen für Investitionen?
Leitl: Ja, wir wollen eine Investitions-Zuwachsprämie. Die Prämie soll es nur geben für das, was zusätzlich zum Durchschnitt investiert wird, und auch da nur in bestimmten Bereichen. Das wäre wachstumsstimulierend und budgetverträglich. Die Kosten dafür liegen im zweistelligen Millionen-Bereich.

Eine Spezialfrage zu Investitionen in die Logistik: Da gibt es seit Langem die Diskussion um die Verlängerung des russischen Gleis-Systems nach Wien. Wäre das für uns nicht vorteilhaft?
Spindelegger: Wir haben das im Ministerrat besprochen. Voraussetzung dafür ist, dass dieses Schienensystem durch die Slowakei hindurch gebaut wird. Wir können das aber nicht für die Slowakei zahlen. Der jetzige Regierungschef ist dafür offener als seine Vorgänger. Das ist nicht entschieden. Wir sind offen, mit den Russen darüber zu reden.

Leitl: Ich bin auf Wunsch von Michael Spindelegger noch im Mai zu diesem Thema in Moskau. Wir werden über dieses Thema reden. Und ich will die Wien-Variante ins Spiel bringen. Ich bin auch mit Horst Pöchhacker von den ÖBB in Kontakt. Vom Logistischen her macht die Verlängerung viel Sinn.

Noch eine Frage zur Hypo-Bank: Wird uns nicht das Geld für Investitionen und Steuersenkungen fehlen, wenn wir Milliarden in die angeschlagene Hypo pumpen müssen?
Spindelegger:
Der Bundeskanzler und ich haben am Mittwoch eine Steuerungsgruppe eingesetzt, um in der ganzen Problematik eine Guideline festzulegen. Entscheidend ist, dass wir eine gewisse Zeit haben, um das wieder in Ordnung zu bringen.

Aber wenn man von fünf Mil­liarden Euro Mindestkosten ausgeht, ist das Nulldefizit im Jahr 2016 sicher nicht zu erreichen, oder?
Spindelegger: Jetzt warten wir einmal, was die Verhandlungen mit der Kommission ergeben. Bis Ende des Monats wissen wir mehr aus Brüssel.

Abschließend: Mit welchem Partner will die ÖVP ihr Wirtschaftsprogramm nach der Wahl umsetzen?
Spindelegger:
Der Wähler muss als Grundvoraussetzung festlegen, wer der bestimmende Teil in der Regierung sein soll. Der gibt sein Programm vor. Wenn wir Erster werden, sind unsere Themen auch vorne auf der Tagesordnung.

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