Koalition macht Asyl zur Chefsache

Faymann und Mitterlehner
Kanzler will Asylwerber in kleinen Einheiten auf alle Bezirke verteilen / Aufregung wegen Verordnung

Lange hat es gedauert, zwei Landtagswahlen mussten verloren gehen. Doch jetzt haben Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) offenbar das ewige Gerangel um die dringend benötigten Flüchtlingsunterkünfte satt. Beim Ministerrat erklärten Kanzler und Vizekanzler die heikle Flüchtlingsfrage am Dienstag zur Chefsache.

„Die Zelte müssen weg. Da die Bundesländer nicht in der Lage sind, ausreichend Quartiere zur Verfügung zu stellen, müssen wir gemeinsam vorgehen“, kündigte Faymann an. Der erste Schritt in der Koordinierungsfunktion von Faymann und Mitterlehner werden zwei Treffen sein: Die Regierungsspitzen wollen Vertreter von Nicht-Regierungs-Organisationen wie der Caritas und der Diakonie treffen und sich auch mit allen Landeshauptleuten zusammensetzen. „Kasernen zu öffnen, kann nur eine Notmaßnahme sein. Wir wollen auch keine großen Lager haben. Die Lösung muss sein, dass in ganz Österreich auf alle Bezirke verteilt und in kleineren, überschaubaren Einheiten die Flüchtlinge untergebracht werden,“ so Faymann. Verteidigungsminister Gerald Klug sagte gestern, dass bereits am Montag mit den nötigen Umbauarbeiten in den Kasernen begonnen werden kann (Tamsweg, Bleiburg, Vomp).

Starkes Signal

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), die gestern in Luxemburg beim EU-Innenministertreffen ebenfalls über eine Flüchtlingslösung verhandelte, begrüßt das angekündigte Engagement der Regierungsspitze als starkes Signal.

Von Mikls Ultimatum an die Bundesländer wollte Faymann nichts mehr wissen. „Ich würde es nicht Ultimatum nennen, sondern Stichtag, um den Status quo zu ermitteln“, sagte der Kanzler.

Verordnung

Wie verzweifelt Mikl-Leitner in der Flüchtlingsfrage ist, zeigt ein Expertenpapier aus dem Innenministerium, das dem KURIER vorliegt. Die Innenministerin ließ prüfen, wie man das Angebot des Verteidigungsministeriums – nämlich Container auf Kasernengelände aufzustellen – umsetzen kann. „Da wir immer wieder den Vorwurf bekamen, warum denn die Flüchtlinge in Zelten und nicht in Wohncontainern untergebracht sind, wollten wir diese Option rechtlich prüfen“, heißt es im Innenministerium. Gegen Wohn-Container für Flüchtlinge hatten sich ja die Bürgermeister quer gelegt.

Das Ergebnis der Experten war: Wohncontainer kann die Innenministerin nur durch eine Gesetzesänderung erlangen. Juristen arbeiteten eine solche auch gleich aus. Mit der vorgeschlagenen Verordnung könnte das Innenministerium für die Dauer von „Krisen- und Notsituationen“ bestehende Gebäude unabhängig von ihrer sonstigen Widmung vorübergehend als Quartier für bedürftige Menschen verwenden. Das bedeutet, die Innenministerin hätte dadurch Zugriff auf jedes öffentliche Gebäude. „Es war aber nie angedacht, dass wir diese Gesetzesänderung angehen“, meinte der Sprecher der Innenministerin. Vielmehr sei Mikl-Leitner über das Engagement von Faymann und Mitterlehner glücklich.

Kommentare