Altkanzler Schüssel hörte Warnsignale nicht

Altkanzler Wolfgang Schüssel beantwortete alle Fragen, konnte sich aber gewisse Belehrungen der Abgeordneten nicht verkneifen.
Wolfgang Schüssel ortete bis 2006 keine Schieflage bei Haiders Haus-Bank Hypo.

Auf honorige Anreden, exakte Fragestellung, präzise Zitierungen legt Altkanzler Wolfgang Schüssel großen Wert – das wurde im Hypo-U-Ausschuss im Hohen Haus am Mitwoch offenkundig. Für Team Stronach-Mandatar Robert Lugar hagelte es eine Zurechtweisung, weil er in seiner ersten Frage an den Ex-Kanzler dessen Titel unterschlug: "Für Sie, Doktor Schüssel." Eine Maßregelung heimste sich auch Verfahrensrichter Walter Pilgermair ein. Schüssel forderte mehr Tiefgang bei der Fragestellung des Spitzenjuristen ein. "Sie müssen die Frage so formulieren, dass man sie beantworten kann."

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Nach den ersten Anlaufschwierigkeiten ließ sich der manchmal enerviert wirkende Ex-Kanzler von den Abgeordneten doch einige Informationen entlocken. Im Fokus der Befragung stand ein Spaziergang im Jahr 2006 mit den früheren Finanzmarkt-Vorständen, bei dem er über die prekäre Lage der Hypo informiert worden sein soll. Davon, dass ihm Ex-FMA-Vorstand Heinrich Traumüller gesagt habe, die Hypo sei "wie ein Sportflugzeug im Nebel unterwegs", wusste Schüssel nichts. Traumüller habe ihm nur gesagt, die FMA hätte "alles unter Kontrolle", es gebe "Probleme mit einzelnen Banken und ein Amtsenthebungsverfahren gegen Hypo-Vorstände". "Mehr war nicht", so Schüssel.

Eine Schieflage war trotz der Swap-Verluste, die Schüssel aus der Zeitung kannte, nicht erkennbar. "Die Bank wurde zwischen 2000 und 2006 erstklassig bewertet. Heute wissen wir, vieles war auf Sand gebaut." Ausgezeichnete Prüfer Bei den Prüforganen ortete Schüssel kein Versagen, auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Bankenaufsicht waren in Ordnung. "Die FMA-Vorstände und auch das OeNB-Direktorium mit Klaus Liebscher und Josef Christl haben es ausgezeichnet gemacht." Eine Aussage, die Grünen-Frontmann Werner Kogler auf die Palme brachte. "Entschuldigung, Liebscher hat nicht einmal die Prüfberichte über die Hypo gelesen. Das war vielmehr eine Orgie der Verantwortungslosigkeit." Nach fast vier Stunden Befragung ruderte der Kanzler der schwarz-blauen Koalition Anfang der 2000er-Jahre dann zurück: "Ich will das nicht heiligsprechen. Es sind auch absolute Fehler passiert. Erstverantwortlich sind aber Wirtschaftsprüfer und Aufsichtsrat." Eine neue Sichtweise präsentierte Schüssel zur Frage der Kärntner Landeshaftungen. Aus seiner Sicht sei die Notverstaatlichung "juristisch nicht notwendig gewesen. Denn der Bund haftet nicht für die Bundesländer, und ist nicht verpflichtet, ihnen aus der Patsche zu helfen. Politisch will ich die Notverstaatlichung nicht kommentieren, weil ich zu wenig Informationsfluss dazu habe."

Berlin in der Opferrolle

Der zweite Zeuge des Tages war nicht minder spannend. Der Ex-Hypo-Investor Tilo Berlin, der sich mit einer elitären Investorengruppe 2006 eine Sperrminorität kaufte und innerhalb weniger Monate durch den Verkauf an die BayernLB 177 Millionen Euro verdiente. Unversteuert, wie die Mandatare Berlin vorwarfen. „Stimmt nicht, das Geld wurde in Luxemburg versteuert.“

Der Ex-Hypo-Vorstand nutzte die Gelegenheit, einen Rundumschlag zu starten. Gegen die Staatsanwaltschaft, die seine Anzeigen in den „Müll wirft“; oder gegen den Ex-Miteigentümer Grazer Wechselseitige. „Beim Verkauf der Anteile hat die Grazer Wechselseitige schließlich steuerfrei 350 Millionen Euro abgeschöpft, in dem sie es in die Bank Burgenland geschoben hätte.“ Und: Auch er sei ein Opfer, da er mit seiner Investorengruppe wegen einer falschen Hypo-Bilanz 2006 selbst betrogen worden sei.

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