"Wer Regeln verletzt, ist abzuschieben"

Steirischer Landeschef in Spielfeld.
Auch in Spielfeld sollen "Wirtschaftsflüchtlinge ausgesiebt werden"; EU soll Schiffe an die Türkei-Küste schicken; "Null Toleranz" für alle, "die Ordnung nicht respektieren".

KURIER: Herr Landeshauptmann, Mazedonien und Slowenien wollen auf der Balkanroute nur noch Flüchtlinge aus Syrien, Irak und Afghanistan passieren lassen. Soll auch Österreich Flüchtlinge aussieben?

Hermann Schützenhöfer: Europa hat bereits verloren, weil jeder Staat tut, was er will. Deutschland, Schweden und auch Österreich sollen nun alles Leid dieser Welt lindern. Das können wir nicht, daher müssen wir uns anschauen, welche Leute zu uns wollen. Ich bin oft an der Grenze in Spielfeld und Radkersburg. Wenn Sie ins Flüchtlingszelt gehen, sehen Sie nicht nur Kriegsflüchtlinge, sondern immer mehr Wirtschaftsflüchtlinge.

Sollen diese auch in Spielfeld nicht ins Land gelassen werden?

Ich rate der Bundesregierung, das ernsthaft zu überlegen. Das sollte mit den Staaten, wo die Flüchtlinge vor uns angekommen sind und zu uns weiterwandern, dringend vereinbart werden. Wir sind bereits an der Grenze und sollten keine endgültige Spaltung der Gesellschaft riskieren. Das sollte die Bundesregierung auch begreifen.

Fürchten Sie diese Spaltung oder gar einen Bürgeraufstand in der Steiermark?

Ich möchte nicht Öl ins Feuer gießen, aber wir haben uns in den letzten Wochen sehr vernachlässigt gefühlt. Die freiwilligen Helfer sind am Limit. Was glauben Sie, wie oft ich telefoniere, damit Busse kommen. Da gibt es zwischen Verteidigungs- und Innenministerium Abstimmungsprobleme am laufenden Band. Wir sind in einer Notsituation, und in Wien wurde bis vor Kurzem immer noch mehr gestritten als getan.

Wen meinen Sie konkret?

Johanna Mikl-Leitner und Sebastian Kurz, die schon sehr früh Maßnahmen verlangt haben, wurden monatelang sträflich hängen gelassen. Mit dem Vizekanzler haben wir ÖVP-intern vor zehn Tagen eine lange Aussprache gehabt. Er hat seither sein Vokabular geändert und deutlich mehr Unterstützung für die beiden Minister signalisiert. Das sollte auch beim Kanzler mehr spürbar werden. Denn im ganzen Land ist eine Stimmung von Gefahr. Die Leute suchen Halt und Gemeinschaft. In einer solchen existenziellen Notlage sollte die Regierung mit einer Stimme sprechen. Denn nicht nur Österreich, sondern ganz Europa ist im Begriff, die Kontrolle über seine Grenzen und damit seine Souveränität zu verlieren.

Wie sollen die Außengrenzen konkret besser gesichert werden? Was kann die EU, was Österreich beispielsweise in Griechenland zur besseren Sicherung der Grenze tun?

Die EU-Grenzsicherungsagentur Frontex sollte auch Schiffe an die Küste der Türkei schicken. Und dort Flüchtlinge, die von Schleppern auf Schlauchboote gezerrt werden, vor dem Tod retten und in die Türkei zurück bringen. Gleichzeitig sollten wir als EU in der Türkei, im Libanon und in Jordanien massiv mithelfen, dass die Menschen dort Lebensbedingungen vorfinden, unter denen sie bleiben können und wollen.

Die Regierung ist unter Kritik, weil sie im Vergleich zu unseren Nachbarländern viel weniger Geld für Hilfe vor Ort gibt. Sollte die Regierung die Budgets dafür massiv aufstocken?

In dem Fall bin ich dafür, dass wir trotz aller Budgetprobleme temporär die Hilfe massiv aufstocken. Das ist im Interesse aller am Wirksamsten.

Soll es eine Obergrenze für Flüchtlinge geben?

Die Menschen fragen zu Recht, wie geht es weiter, was heißt das für unsere Kinder. Daher halte ich eine Diskussion darüber, was wir noch schaffen können, für richtig. Im Moment ist die Steiermark das Notfallquartier für ganz Österreich. Es wird kalt, es fehlen Notquartiere. Von den 21.000, die es gibt, sind über 7000 in der Steiermark. Wir können nicht mehr. Wir bringen keinen einzigen Flüchtling mehr unter. Die Bundesregierung muss schauen, dass auch in anderen Bundesländern Notquartiere aufgestockt werden. Im Gesetz haben wir mit den 1,5 Prozent maximale Quote pro Gemeinde ja bereits eine Obergrenze.

Umgelegt auf ganz Österreich sind für Sie also 120.000 Flüchtlinge die Obergrenze der Aufnahmefähigkeit?

Ich gehe davon aus, dass wir uns an das halten, was wir mit der Quote gemeinsam ausgemacht haben. Ob das am Ende vielleicht 135.000 Flüchtlinge sind, darin sehe ich nicht das Problem. Ich sehe es darin, dass ein Ende des Flüchtlingsstromes nicht absehbar ist. Und wir dann an unsere Grenzen stoßen, wenn die EU keine Maßnahmen setzt.

Ist Österreich für die Integration von für heuer rund 50.000 geschätzten Asylberechtigten ausreichend vorbereitet?

Die Integration gelingt noch nicht so, wie wir wollen. Die Initiative von Sebastian Kurz, hier strengere Regeln und mehr Anreize einzuführen, ist daher zu begrüßen. Das, woran wir uns alle halten müssen, muss auch für jeden gelten, der zu uns kommt. Wer Asyl bekommt, muss Deutsch lernen; er muss die Demokratie, unsere Kultur und Frauen respektieren; er darf unsere Religion nicht bekämpfen. Wenn jemand gegen einen dieser Punkte verstößt, dann ist er abzuschieben.

Damit gehen Sie über die vom Integrationsminister vorgeschlagene Kürzung von Sozialhilfe aber deutlich hinaus.

Ich habe in den vergangenen Wochen einiges erlebt, was mich veranlasst, hier noch klarer zu sagen: Hierher und nicht weiter. Ich bin für null Toleranz gegenüber allen, die unsere Ordnung nicht respektieren, sondern bekämpfen.

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