"Zäune haben keinen Platz in Europa"

Einig? Faymann, Juncker
Die Regierung ringt um Worte, was errichtet werden soll. Auch Juncker schaltet sich ein.

Ein Grenzzaun kann keine Lösung für das Flüchtlingsproblem sein", sagte ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner nicht nur bei seinem ORF-Sommergespräch im August. "Zu glauben, dass man etwas mit einem Zaun lösen kann, halte ich für falsch", sagte SPÖ-Kanzler Werner Faymann nicht nur bei seinem ORF-Sommergespräch.

Nun ist solch eine Absperrung in Österreich Thema. "Natürlich geht es auch um einen Zaun", sagte ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, gefragt, was sie mit "baulichen Maßnahmen" an der Grenze zu Slowenien meint. Das brachte Faymann in die Bredouille. Die ÖVP will die Flüchtlingspolitik neuerdings ja verschärfen, die SPÖ mag das nicht. Faymann hat Ungarns Orbán wegen des Zaunbaus gescholten. Ergo ließ der Kanzler nach der Regierungssitzung wissen: "Österreich wird nicht eingezäunt! Es geht nicht darum, die Grenzen dichtzumachen, sondern darum, die ankommenden Leute besser kontrollieren zu können." Und weil die Koalitionäre nicht schon wieder als Streithanseln dastehen wollen, sagte auch Mitterlehner: Es gehe um "technische Sicherungen im Grenzbereich". Faymann redete von Containern: "Wie viele Meter das sind, wie hoch, wie breit, sollen die Experten vorschlagen."

Semantik hin oder her – worum es den Regierenden auch geht, sprach der Vizekanzler aus: Nicht den Eindruck zu erwecken, "dass man ohnmächtig zuschaut, wie Menschen über die Grenze strömen"; Bilder zu vermeiden, die glauben machten, "jeder spaziert hier über die Grenze". Fachleute prüfen nun, mit welchen "technischen Maßnahmen" das zu verhindern ist; in zehn Tagen soll es das Ergebnis geben. Wobei Faymann wie Mitterlehner betonen, sich mit dem Nachbarland, in das das Gros der Flüchtlinge will, abzustimmen: "Wir werden bei uns nichts errichten, worüber wir uns bei den Deutschen ärgern würden."

Kapazitätsgrenze

Amnesty Österreich und Caritas missfallen die Barrikaden-Pläne ("Zäune und Mauern gegen Menschen in Not sind Ausdruck des Versagens der Politik"); Bundespräsident Heinz Fischer goutiert sie. Österreich sei "an die Grenzen der Kapazitäten gestoßen", befand er im Kosovo, wo er dienstlich bis Donnerstag ist. Die Tausenden Menschen, die nach Deutschland marschierten, "schaffen große organisatorische und logistische Probleme". Derer wollen die Regierenden auch mit mehr Personal Herr werden. Bis zu 2000 zusätzliche Polizisten könnte es geben.

Am Abend sprach EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker mit Faymann über die Angelegenheit. Beide waren sich einig, "dass Zäune keinen Platz in Europa haben".

Kommentare