Grenzzaun-Konzept soll bis Mittwoch fertig sein

Grenzzaun-Konzept soll bis Mittwoch fertig sein
In Spielfeld ist erstmals die Sammelstelle leer. Ein Anstieg der Zahlen wird aber wieder erwartet.

Das Innenministerium will bis spätestens Mittwoch eine Entscheidung über die Grenzsicherung in Spielfeld. Wie ein Sprecher von Ressortchefin Johanna Mikl-Leitner der APA erklärte, sei ihr Konzept am Freitag auf Büroebene Kanzleramtsminister Josef Ostermayer erläutert worden. Auch Verteidigungsminister Gerald Klug sei informiert. Nun gelte es, zügig die Verhandlungen zu führen und bis spätestens Mittwoch eine Entscheidung zu treffen, damit man dann schnell in die Umsetzung der baulichen Maßnahmen komme, erklärte der Sprecher der Innenministerin am Sonntagnachmittag.

Er betonte auch, dass es für Mikl-Leitner nur ein Modell gibt, das sinnvoll sei. Wie dieses aussieht, wollte er allerdings noch nicht verraten. Dass drei verschiedene Varianten im Gespräch seien, wie dies medial kolportiert wurde, stellte der Sprecher in Abrede.

In Spielfeld und in Bad Radkersburg waren am Sonntag erstmals seit Beginn der Flüchtlingskrise sind die beiden Erstversorgungsstellen leer. Die Migranten wurden in der Nacht mit Bussen zu ihren Notquartieren in Österreich verbracht, wie die Polizei Sonntagfrüh mitteilte. Die beiden Erstversorgungsstellen werden demnach nun einer Grundreinigung unterzogen. Für Sonntag wurde ein Sonderzug mit einer nicht bekannten Zahl an Migranten in Sentilj beim Grenzübergang Spielfeld erwartet.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat am Sonntag mit einer Aktion gegen Pläne für einen Grenzzaun in Spielfeld protestiert. 50 dunkel gekleidete Aktivisten formten mit ihren Körpern auf einer gelben Plane liegend die Botschaft "#KEINZAUN" bzw. auf Englisch "#NOFENCE". Zäune seien keine Lösung, sie würden vielmehr Entfremdung provozieren, sagte Kampagnenleiterin Daniela Pichler.

Wieder Anstieg erwartet

In den nächsten Tagen wird es wohl wieder zu einem Anstieg der Flüchtlingszahlen kommen, da der Streik der Fährarbeiter in Griechenland in der Zwischenzeit beendet wurde und wieder eine Anbindung zu den griechischen Inseln besteht. Das merkt man bereits in Serbien, wo die Zahlen am Wochenende wieder stiegen. Am Samstag wurden im südserbischen Presevo nach Angaben des staatlichen Senders RTS rund 4.900 Neuankömmlinge registriert. In den Tagen zuvor waren es im Schnitt nur etwa 1.000 gewesen. Zwischen Mitternacht und Sonntag früh seien in Presevo bereits 1.300 Flüchtlinge angekommen, berichtete der Sender. In der Kleinstadt an der Grenze zu Mazedonien wurden unterdessen die Unterkunftskapazitäten um weitere 1.000 Plätze erweitert. Zuvor hatte es nur ein paar hundert gegeben.

Die Zahl der Flüchtlinge auf der Balkanroute ist nach dem Streik in Griechenland allerdings insgesamt gesunken. Am Samstag kamen nur rund 1.700 neue Flüchtlinge nach Slowenien. Das ist die geringste Zahl von Ankünften, seit Slowenien Mitte Oktober Transitland auf der Balkanroute geworden ist. Auch aus Kroatien rückten neue Flüchtlinge nach. Allein zwischen Mitternacht und Sonntagfrüh seien 2.300 Menschen gezählt worden. Sie werden aus Serbien mit dem Zug abgeholt und nach Slavonski Brod in Kroatien in das neue Aufnahmelager gebracht. Von dort geht es weiter mit der Eisenbahn ins slowenische Dobova und dann ebenfalls mit der Bahn über Spielfeld oder Bad Radkersburg nach Österreich.

Österreichs Politik wird sich alsbald wieder mit dem Thema Flüchtlinge beschäftigen. Diese Woche ist es die SPÖ, die es angesichts des bevorstehenden nächsten EU-Asyl-Gipfels auf die Agenda des Parlaments hebt. Vehikel dafür ist die "Aktuelle Europastunde" Mittwochvormittag, in der über europäische Lösungen der Flüchtlingskrise gesprochen werden soll.

Die SPÖ legt zudem ein "Drei-Punkte-Programm zur geordneten, sicheren Grenzkontrolle an der österreichischen Südgrenze" vor. Der Plan sieht etwa die Errichtung einer Kommandozentrale für die Einsatzkräfte direkt in der Grenzregion vor. Von dort sollen Österreicher gemeinsam mit Slowenen bzw. Deutschen gemeinsam die Flüchtlingsaufnahme, die Verteilung auf Quartiere und auch den Weitertransport nach Bayern managen. Hinzu kommen ein Leitsystem und eine bessere Aufteilung der Menschen.

Im Parlament wird es auch mehrere Entschließungsanträge zum Thema Asyl geben. So wollen die NEOS, dass bereits im Zulassungsverfahren eine private Unterbringung von Flüchtlingen möglich ist, sowie dass über eine weitere Öffnung leer stehender Kasernen für Asylsuchende verhandelt wird. Das Team Stronach wünscht sich die Einführung eines 48-Stunden-Asylverfahrens sowie die Etablierung einer Obergrenze an Asylwerbern, die in Österreich aufgenommen werden.

Die deutsche Regierung war einem Medienbericht zufolge schon frühzeitig vor einem deutlichen Anstieg der Flüchtlingszahl gewarnt. Demnach rechnete der Chef der EU-Grenzschutzagentur Frontex, Fabrice Leggeri, schon im März mit einer neuen Rekordzahl von Flüchtlingen in Europa, wie die "Welt am Sonntag" berichtete. "Unsere Quellen berichten uns, dass zwischen 500.000 und einer Million Migranten bereit sind, Libyen zu verlassen", sagte Leggeri demnach im Frühjahr. Im Juni erklärt der Frontex-Chef laut dem Bericht in einer internen Sitzung des Bundestages, "dass die irregulären Grenzübertritte von der Türkei nach Griechenland im Vergleich zum Vorjahr um 550 Prozent gestiegen sind". Die Zahl wurde dem Innenministerium und dem Kanzleramt in Deutschland übermittelt.

Die deutsche Vertretung im Kosovo hatte dem Bericht zufolge bereits im Februar in einer Depesche ans Auswärtige Amt gewarnt, dass "täglich 800-1000 (plus Dunkelziffer) Kosovaren" über Serbien und Ungarn nach Deutschland unterwegs seien. Bis Ende des Jahres könnten es "300.000 Personen, d.h. ein Sechstel der Gesamtbevölkerung" sein, zitiert das Blatt aus dem Schreiben.

Wochenlang gewartet

Aus den deutschen Bundesländern habe es zudem schon seit dem Vorjahr regelmäßig die Forderung an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) gegeben, die Flüchtlingsprognosen zu erhöhen. Hessens Sozialministerium wies demnach die Nürnberger Behörde Mitte 2014 darauf hin, dass die Länder deutlich mehr Asylsuchende als das Bamf zählen. Im Februar 2015 rechnete das Innenministerium von Schleswig-Holstein in einem internen Schreiben an die Behörde vor, dass man von rund 590.000 Asylsuchenden im Bund in diesem Jahr ausgeht.

Interne E-Mails von Innenministerium und Bamf, die der Zeitung vorliegen, zeigten zudem, dass die Regierung den Ländern in diesem Sommer eine erhöhte Flüchtlingsprognose zunächst vorenthalten habe. Demnach hatte die Regierung bereits am 5. August ein Schreiben der Nürnberger Behörde vorliegen, in der sie von "geschätzten 600.000 in EASY registrierten Personen für das Jahr 2015" ausgeht. Das Innenministerium habe jedoch zwei Wochen gewartet, bis Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) am 19. August die Schätzung offiziell auf 800.000 erhöht habe.

Die 16 Länder-Innenminister hatten Anfang August wegen stark steigender Flüchtlingszahlen vom Bund eine schnelle Erhöhung der Prognose gefordert, um entsprechende Unterbringungskapazitäten vorzubereiten. Ein Sprecher des Innenministeriums erklärte dazu, zunächst hätte geklärt werden müssen, ob das Ministerium einer Umstellung bei der Prognosebasis durch das Bamf folgen sollte. Dafür sei eine "sorgfältige Prüfung und Abstimmung" notwendig gewesen.

Tusk will mehr Engagement

EU-Ratspräsident Donald Tusk hat nun von Deutschland mehr Engagement beim Schutz der EU-Außengrenzen gefordert. Berlin müsse noch mehr tun, um die gegenwärtige Lage zu bewältigen: "Führungsverantwortung heißt auch, zusammen mit den anderen Mitgliedstaaten die europäische Außengrenze zu sichern", sagte Tusk der "Welt am Sonntag". "Ich verstehe, wenn Deutschland aus historischen Gründen Schwierigkeiten damit hat, ein strenges Regime an seinen Grenzen zu errichten", sagte der frühere polnische Ministerpräsident. "Aber europäische Führungsverantwortung heißt für Deutschland auch, die Außengrenzen Europas notfalls energisch in einer paneuropäischen Einheit zu kontrollieren." Gleichzeitig lobte Tusk aber auch Deutschlands Führungsrolle, die er als "die liberalste und toleranteste in der europäischen Geschichte" bezeichnete.

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