Experte: Fekter hat vor der Wahl bei Budget getrickst

APA12488474 - 26042013 - WIEN - ÖSTERREICH: BM Maria Fekter am Freitag, 26. April 2013, im Rahmen einer Sitzung des Nationalrates im Parlament in Wien. APA-FOTO: GEORG HOCHMUTH
Schlechtere Wirtschaftsprognosen wurden ignoriert – nach der Wahl steht ein Sparbedarf in Milliardenhöhe an.

Es wurde recht gut versteckt, aber Insider wussten Bescheid. Auf den Seiten 18 und 88 des nach Brüssel gemeldeten Budgetfahrplans aus dem April, steht schwarz auf weiß: Bis 2016 werden die Einnahmen und Staatsausgaben unverändert fortgeschrieben. Anpassungen an die schlechteren Wirtschaftsprognosen wurden nur in „wenigen Teilbereichen“ vorgenommen.

Sprengkraft

Was wie ein Formalismus klingt, hat ein paar Wochen nach der Wahl und mitten in den Koalitionsverhandlungen natürlich Sprengkraft.

Die dürre Anmerkung im Bericht nach Brüssel bedeutet nichts anderes, als dass die Regierung schon im April zugab, vor der Wahl lieber nicht die ganze Budgetwahrheit sagen zu wollen. Und Wirtschaftsforscher bestätigen das heute – wie wohl sie im April geschwiegen haben.

Experte: Fekter hat vor der Wahl bei Budget getrickst
Ulrich Schuh von EcoAustria sagt zum KURIER: „Man wollte im Wahlkampf nicht mit schlechteren Zahlen rauskommen. Dieses Risiko wollte die Regierung nicht eingehen.“

Budget-Trickserei

Budget-Trickserei in Reinkultur? Schuh: „Das war im Rahmen dessen, was in der Vergangenheit auch immer wieder passiert ist. Für mich keine große Sünde, eher ein kleines Vergehen. Man konnte ja hoffen, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wieder drehen.“

Das „kleine Vergehen“ rächt sich bitterlich, denn die Prognosen wurden noch schlechter. Anstatt eine baldige Steuerentlastung präsentieren zu können, muss jetzt ein Sparpaket geschnürt werden. Schuh bestätigt einen KURIER-Bericht von Dienstag, in dem ein Sparbedarf von bis zu zehn Milliarden Euro errechnet wurde. Hauptgrund: Aufgrund der schwächeren Konjunktur sprudeln die Steuereinnahmen nicht mehr so kräftig und die Ausgaben steigen, etwa für Arbeitslosigkeit, aber auch für die Pensionen. Das alles soll der „Kassasturz“ zeigen, also ein realistischer Budgetpfad bis 2018.

30 Milliarden Euro

In dieser Vorschau fehlen bei den Steuereinnahmen rund zwölf Milliarden Euro, beim Pensionszuschuss bis zu acht Milliarden und ein noch offener hoher Milliardenbetrag für die Bankenhilfe – also die Kärntner Hypo. Alles in allem also bis zu 30 Milliarden Euro, durchaus vergleichbar mit dem letzten großen Sparpaket.

Das Finanzministerium will den Vorwurf der geschönten Zahlen nicht kommentieren, verweist aber auf ein Experten-Hearing im April, wo kein Experte Beschwerde eingelegt habe. Hinter vorgehaltener Hand wird das „in der Branche“ mit der wirtschaftlichen Abhängigkeit der Institute von Aufträgen der öffentlichen Hand begründet.WIFO-Chef Karl Aiginger, gewohnt diplomatisch: „Eine Verschlechterung der Budgetzahlen bekannt zu geben, die noch unsicher sind, ist vor der Wahl politisch unklug. Jetzt ist es ökonomisch unbedingt sinnvoll, die richtigen Zahlen auf den Tisch zu legen.“

Runde ohne Zahlen

Doch auch am Freitag bei der dritten Finanzverhandlungsrunde gibt es wieder keine endgültigen Zahlen, maximal eine knappe Tischvorlage, sagt ein Insider. Die Öffentlichkeit wird – was die tatsächliche Größe des Budgetlochs anbelangt – auf Dienstag vertröstet. Wenig Wunder, dass die Opposition schäumt. FP-Chef Strache: „Dass die ÖVP nach 12 Jahren an der Spitze des Finanzministeriums draufkommt, dass ihr 30 Milliarden fehlen, müsste eigentlich den sofortigen Rücktritt Fekters zur Folge haben.“

Auch Brüssel glaubt die im Frühjahr gemeldete Budget-Vorschau nicht. Die Differenz macht angeblich fünf Milliarden Euro aus. Dahinter stehen unterschiedliche Annahmen über die Konjunktur. Unbestritten ist, dass sich damit auch die Defizitprognosen um mehrere Milliarden verschlechtert haben.

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