Die Augenauswischerei mit der "Unabhängigkeit"

Van der Bellen: Nach elf Jahren Parteichef "unabhängig"
Seit 1998 sind vor dem Gesetz alle Kandidaten für die Hofburg-Wahl gleich, es gibt keine "Parteikandidaten" mehr

Die Grünen gaben gestern bekannt, dass Alexander Van der Bellen ein "unabhängiger Kandidat" für die Hofburg wird. Das klingt ziemlich nach Augenauswischerei. Van der Bellen war von 1997 bis 2008 Parteichef der Grünen. Jetzt soll er plötzlich "unabhängig" sein?

Mit der Unterscheidung zwischen "Parteikandidaten" und "unabhängigen Kandidaten" machte der Gesetzgeber bereits 1998 Schluss. Bis dahin konnte ein Hofburg-Aspirant mithilfe von fünf Abgeordneten-Unterschriften seine Kandidatur anmelden, wobei eine Abgeordneten-Unterschrift 25.000 Bürgerunterschriften wert war. Das war insofern relevant, als sich manche Kandidaten mithilfe von Abgeordneten die besten Plätze auf dem Stimmzettel sicherten. Die Reihung auf dem Stimmzettel erfolgte nämlich nach der Anzahl der Unterschriften.

Das sorgte bei der Wiederwahl von Thomas Klestil 1998 für Verdruss. Klestil wollte nicht mittels Politiker-Unterschriften wiederkandidieren und sammelte Bürgerunterstützungen. Er brachte an die 50.000 Unterschriften zusammen. Seine Konkurrentinnen Gertraud Knoll und Heide Schmidt holten sich Abgeordneten-Unterschriften, womit sie auf den Plätzen 1 und 2 des Stimmzettels standen und den amtierenden Bundespräsident auf den dritten Platz verwiesen.

Nach der Wahl veranlassten die damaligen Klubobleute der großen Koalition, Peter Kostelka und Andreas Khol, eine Änderung der Bundespräsidentenwahlordnung. Die Abgeordneten-Unterschriften wurden abgeschafft. "Es ist nicht mehr zeitgemäß, dass die Unterschrift eines Abgeordneten mehr zählt als die eines Bürgers", begründeten sie die Initiative.

Seither müssen alle Kandidaten mindestens 6000 beglaubigte Unterstützungserklärungen sammeln. Die Reihung der Kandidaten auf dem Stimmzettel erfolgt nicht mehr nach Anzahl der Unterschriften, sondern nach dem Alphabet, sagt der Leiter der Wahlbehörde, Robert Stein. Damit wird verhindert, dass die Beamten des Innenministeriums, die jede einzelne Unterschrift zu prüfen haben, in Hunderttausenden Unterstützungserklärungen untergehen.

Wenn es beim Wahltermin 24. April 2016 bleibt, haben die Kandidaten zwischen dem 23. Februar (Stichtag) und dem 19. März Zeit, Unterschriften zu sammeln. Am "Palmfreitag" müssen sie diese im Innenministerium einreichen.

Ab dem Stichtag zählt die Wahlkampfkostenbegrenzung. Laut Gesetz darf ein Kandidat nicht mehr als sieben Millionen ausgeben. Die Wahlkampfausgaben unterliegen Transparenzregeln. Kandidaten dürfen Geld von Parteien annehmen, nicht aber von Parlamentsklubs und Parteiakademien. Die großen Summen sind zu veröffentlichen.

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