"Falls Steuerreform misslingt, was gelingt Koalition dann noch?"

Mit Druck und gutem Zureden wollen ÖGB und SP-Pensionisten der Regierung eine Steuerreform abringen: Erich Foglar, Karl Blecha
ÖGB-Chef Foglar sieht 2015 eine Fallfrist für die Regierung. Auch die Pensionisten sammeln Unterschriften für Steuersenkung.

Der ÖGB-Präsident versteht die Koalition nicht mehr. "Ich begreife nicht, warum die Regierung die Riesenchance nicht erkennt, die sich ihr in einer Steuerreform bietet", sagt Erich Foglar im Interview mit dem KURIER.

Der Regierung werde immer vorgeworfen, sie mache nur kleine Schritte, ihr fehle ein großes Projekt. Foglar: "Die Steuerreform wäre ein solches Projekt. Sie ist wirtschaftspolitisch dringend nötig, weil die Konjunkturprognose auf 1,4 Prozent zurückgeht, und die Ursache dafür nicht einbrechende Exporte, sondern schwächelnder Inlandskonsum und nachlassende Investitionen sind."

Verknüpfen ließe sich die Steuersenkung mit einer Effizienzsteigerung bei den Staatsausgaben und einer Korrektur der Schieflage zwischen der Besteuerung von Arbeitseinkommen und Vermögen. Foglar: "Kein Mensch verlangt, dass die Gegenfinanzierung für niedrigere Lohnsteuern ausschließlich über höhere Vermögenssteuern erfolgen soll. Der ÖGB ist nicht gegen mehr Effizienz im Staatshaushalt, er ist nur gegen Kaputtsparen."

Warnung für Koalition

Statt jedoch aus der Steuerreform ein positives Projekt zu machen, "erreicht die Regierung mit ihrem Hickhack das Gegenteil", warnt Folgar.

Der Chef der Privatangestellten-Gewerkschaft, Wolfgang Katzian, hat den Sinn der Koalition hinterfragt, wenn sie keine Steuerreform zusammenbringt. Foglar weist Katzians Aussage nicht zurück, er formuliert auf seine Art eine Fallfrist: "Wenn der Nationalrat im Jahr 2015 keinen Beschluss einer Steuerreform zusammenbringt, wird sich die Frage stellen: Wie soll dann überhaupt noch etwas gelingen?" Die Regierung selbst werde sich diese Frage stellen müssen. "Und sie wird sie den Wählern beantworten müssen", prophezeit Foglar.

Der ÖGB hoffe jedoch auf eine Versachlichung der Debatte. Foglar: "Wir sammeln Unterschriften nicht gegen jemanden, sondern für etwas, nämlich für die Entlastung der Leute."

Am Mittwochnachmittag hatten bereits 160.851 Personen die ÖGB-Forderung nach Steuersenkung unterschrieben. Unterstützung bekommt der ÖGB vom SPÖ-nahen Pensionistenverband. Dessen Präsident Karl Blecha gab gestern den Startschuss zum Unterschriftensammeln unter seinen 390.000 Mitgliedern. Dort sei der Ärger über magere Pensionserhöhungen groß. Blecha rechnet ein Durchschnittsbeispiel vor: Eine an die Inflation angepasste Pensionserhöhung könnte heuer um die 1,7 Prozent oder zwanzig Euro betragen. Brutto. Davon seien fast zehn Euro an die Finanz und als erhöhte Krankenversicherung abzuliefern. Blecha: "Von zwanzig Euro Pensionserhöhung bleiben dem Pensionisten nur etwas über zehn Euro zur Verfügung." Sollte die Regierung die Steuern nicht senken, kann sich Blecha vorstellen, Pensionserhöhungen künftig netto statt brutto zu verhandeln.

Kommentare